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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 3
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Schnütgen, Alexander: Der neue Kreuzweg im Dom zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0059

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89

1893.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

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tüchtigen Künstlern ausgeführte Wandgemälde,
so mögen diese, zumal in älteren kostbaren
Kirchen, in denen Bedenken, die Wände aus-
zuhauen, gewifs nicht ungerechtfertigt sind, den
Vorzug verdienen. Sie verlangen allerdings eine
farbige Umgebung, d. h. die (wenn auch nur
allmähliche) Ausdehnung der Malerei über das
ganze Kircheninnere. — Da aber die letztere
der Kreuzwegsanlage nicht selten zuvorgekommen
ist, so wird in vielen Fällen für diese die Wand-
malerei nicht mehr ausführbar, mithin die Tafel-
mal erei zu wählen sein. Neben der künstle-
rischen Ausführung ist hier das Gröfsenverhält-
nifs von Bedeutung, welches natürlich ganz von
den örtlichen Umständen abhängt, sowie die
Umrahmung, welche weder zu schwer, noch zu
tief gehalten sein darf. Die den unteren Par-
tien der Kirchenmauern zumeist anhaftende
Feuchtigkeit wird als Material Kupfertafeln em-
pfehlen. Wem die Mittel erlauben, sie mit
Emaildarstellungen versehen zu lassen, kann
eine besonders glanzvolle Wirkung erreichen.
Mag aber Relief oder Malerei gewählt wer-
den, unter keinen Umständen darf fabrikmäfsig
oder schablonenhaft Hergestelltes Berücksichti-
gung finden. Also keine Farbendrucke, keine
Gips- oder Terrakottagebilde, keine Zinkgüsse!
Niemals und nirgendwo! Wer Originalbilder an-
zuschaffen nicht in der Lage ist, beschränke
sich auf die Anbringung der Stationskreuzehen,
die ja für die Gewinnung der Ablässe genügen.
Ein ordentlicher Holzschnitt oder Stahlstich,
kolorirt oder ungefärbt, möge zur Orientirung
dienen und allmählich, wenn auch Jahre dar-
über vergehen sollten, durch ein echtes Bild
ersetzt werden! Als ein solches möge aber
nicht jedes auf Leinwand gemalte oder in
Holz geschnitzte Machwerk betrachtet werden
wie es jetzt „in allen Preislagen und Stil-
arten" durch die sogen. „Kunstanstalten" mit
und ohne frommen Zusatz in marktschreierischer
Weise ausgeboten wird, in der Regel unter Be-
rufung auf grofse Meister und Muster, wie Klein,
Führich, Molitor, Steinle. Alle Achtung vor
diesen Schöpfungen! Strebsame Künstler mögen
sich an ihnen inspiriren, aber Schwächlinge sie
nicht entweihen durch plumpes Kopiren oder
fortgesetztes Ausschlachten! Einen bedenkliche-
ren Grundsatz kann es kaum geben, als den-
jenigen, nur den Anschlufs an gewisse moderne
Meister zu verlangen, zumal wenn es sich um
Uebertragung der gezeichneten Vorbilder in die

plastische Form handelt. Mustergültige Vorlagen
sind die alten Werke, als die Quellen, aus denen
auch die besten neueren Meister geschöpft haben,
und die neuen Ideen, durch welche diese jene
bereicherten, mögen von den jetzigen Nach-
bildnern selbstständig verwerthet werden. Wenn
es auch keinen mittelalterlichen Kreuzweg in
unserem jetzigen Sinne gibt, dann fehlt es doch
für jede einzelne Szene nicht an vortrefflichen
alten Vorbildern, plastischen wie gemalten. Die
neuen Züge, um welche die fromme Empfin-
dung moderner Künstler zumal aus der Beu-
roner Schule (vgl. Keppler a. a. O. S. 45—67),
sie bereichert hat, verdienen vollste Beachtung,
und wenn die neuesten Meister durch fromme
Betrachtung sie noch zu vertiefen vermögen,
dann wird auch ihren Schöpfungen die Weihe
des Individuellen nicht fehlen, deren jedes Kunst-
werk bedarf. Der Kirche, ihrer Eigenart in Ein-
richtung und Stil, mufs jedes in sie einzuführende
Kunstwerk entsprechen, daher aus einer Werk-
statt stammen, die allein darauf Rücksicht
nehmen kann, nicht aus einer Kunsthandlung,
die nur das eine oder andere Schema kennt.
Nirgendwo wirkt dieses ermüdender, als bei den
Stationsbildern, weil die Anzahl der Darstellungen
so grofs und die Verbreitung derselben so stark
ist, dafs nur wenige Kirchen sie noch entbehren.
Im Kölner Dom wurde der Kreuzweg
bisher vermifst, und es läfst sich nicht verkennen,
dafs die Einführung desselben gerade in die in
künstlerischer Hinsicht bedeutungsvollsten Kir-
chen keine leichte Aufgabe ist. Hier wurde sie
durch den eigenthümlichen Umstand erleichtert,
dafs sich in den Seitenschiffswänden seines
Langhauses unter den berühmten alten kölni-
schen bezw. neuen bayerischen Fenstern je vier
rechteckige, von kräftigen Profilen umrahmte,
nischenartige Vertiefungen befinden, die ur-
sprünglich, der spätmittelalterlichen Sitte gemäfs,
bestimmt, das gottesdienstliche Geräth aufzu-
nehmen für die an den gegenüberstehenden
Pfeilern zu errichtenden Altäre, mit Thüren ver-
sehen waren. Wegen der Unterbrechung des
Baues sind diese Altäre niemals ausgeführt wor-
den und für dieselben ist jetzt um so weniger
Bedürfnifs, als die Gläubigen in den Frühstun-
den der Wochentage am liebsten in den Chor-
kapellen sich versammeln, an Sonn- und Fest-
tagen aber in grofsen Schaaren bis in die Winkel
der Seitenschiffe dem Gottesdienste des Mittel-
altars beiwohnen. Es legte sich daher der Ge-
 
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