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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 8
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Beissel, Stephan: Die mittelalterlichen Mosaiken von S. Marco zu Venedig, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0140

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243

1893.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 8.

244

hundert Jahre jünger als Woltmann annimmt,
der sie (»Geschichte der Malerei« I, 336) in's
„XI.—XII. Jahrh." setzt, um fünf oder sechs
Jahrhunderte jünger als Rumohr («Italienische
Forschungen« 1,175) glaubt, der sie „dem höheren
Alterthume der Christenheit und wahrscheinlich
den Zeiten des Eparhates" zuschrieb. Schnaase
setzte sie zuerst in die zweite Hälfte des
XI. Jahrh. (1. Aufl. IV, 2, S. 536), später aber
(2. Aufl. VII, 254 Anm.) in's XIII. Jahrh., ohne
die einzelnen Theile zu unterscheiden, Förster
(»Geschichte der italienischen Kunst« I, 314)
dagegen „in's letzte Viertel des XII. Jahrh.",

Die besser erhaltenen Miniaturen- hat Garrucci
in seiner »Storia« Tafel 124 und 125 publizirt.
Er gibt 125 n. 4 aus den Papieren des Peiresc
eine Kopie aus der Cottonbibel, die er als Er-
scheinung Gottes vor Abraham erklärt. Tikkanen
hat aber gezeigt, dafs sie übereinstimmt mit
jenem Mosaik der Vorhalle von S. Marco, worauf
der dritte Schöpfungstag (die Hervorbringung
der Pflanzen) dargestellt ist. (Vergl. Figur 2.)
Keine der übrigen Bilder der beiden Cyklen
zeigen eine so starke Gleichheit, aber die Aehn-
lichkeit ist bei vielen doch recht grofs. Läfst
doch z. B. Joseph das Getreide in beiden Cyklen

Figur 4. ^Die Geschichte Nocs. Mosaik der Vorhalle von S. Marco.
Nach einer Photographie von Naya zu Venedig.

während Crowe und Cavalcassale (»Geschichte
der italienischen Malerei« I, 66) einer Datirung
ausweichen.

Neuestens hat Tikkanen die ebenso wichtige
als auffallende Entdeckung gemacht, dafs mehrere
Mosaiken der Vorhalle mit den Miniaturen der
berühmten Cottonbibel in der Zeichnung
stark übereinstimmen. Auffallend ist die Ent-
deckung, weil diese Bibel dem V. oder VI. Jahrh.
entstammt, und erst im XVI. Jahrh. von zwei
griechischen Bischöfen aus Philippi dem eng-
lischen Könige Heinrich VIII. überbracht ward.
Sie gelangte in den Besitz des Sir Cotton, und
wurde im Jahre 1721 durch eine Feuersbrunst
zerstört, die von ihren 250 Bildern nur wenige
Reste übrig liefs, die jetzt theils im brittischen
Museum theils in der Bibliothek zu Bristol ruhen.

in fünf Pyramiden tragen, welche also hier wie
dort als Vorrathskammern aufgefafst sind.

Nachdem Tikkanen durch Beschreibung und
Zeichnung dargethan hat, wie nahe manche
Mosaiken der Vorhalle von S. Marco jenen alten
Resten stehen, schliefst er S. 113: „Der Zu-
sammenhang zwischen den Mosaiken in Venedig
und den Miniaturen der Cotton-Genesis ist so-
mit nachgewiesen. Und zwar erstreckt sich der-
selbe von der ersten Schöpfungsszene ... bis
zu dem letzten überhaupt in Venedig behan-
delten Momente aus dem ersten Buche Moses,
d. h. bis zu der Begegnung Josephs und Ben-
jamins (dem Schlufsbilde der vorletzten Kuppel).
. . . Die Uebereinstimmung . . . zeigt sich haupt-
sächlich in der Komposition, der Anordnung
der Figuren und ihren Stellungen. Doch haben
 
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