Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

DOI Artikel:
Hasak, Max: Karl der Große ist doch auf einer Art goldenem Thron beerdigt worden, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0073

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
115

1908. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

116

daß die Gebeine einem marmornen Grabe
entnommen wurden, so ist es nicht nötig an
einen marmornen Sarkophag in unserem Sinne,
also etwa an den Proserpinasarg zu denken;
auch die vom Grafen von Lomello beschriebene
Gruft mit einer Decke aus Marmoren und
Kalk ist ein tumulus marmoreus oder ein
sarcophagum. Durch die Bezeichnung tumulus
marmoreus wird der Bericht des Grafen von
Lomello also höchstens bestätigt.

„Fridericus imperator natale Domini in
palacio suo celebravit Aquis, ad cuius curiam
omnes optimates tocius regni, sive eccle-
siastici seu seculares ab ipso submoniti con-
venerunt, et corpus domni Karoli Magni
imperatoris, qui in basilica beate Marie semper
virginis quiescebat, de tumulo marmoreo
levantes, in locello ligneo in medio eiusdem
basilice reposuerunt".

Ebenso berichten die Annales Colon, max.26)

„. . . extulit de sarcophago ossa Caroli
Magni imperatoris, ubi sepultus quieverat
annis 352".

Die Anuales Cameracenses sagen:27)

„. . . corpus de sarcophago sustulit".

Eine gemauerte Gruft hieß wie angeführt
ebenfalls sarcophagum oder sarcophagus. Daher
ist die Zuversicht Lindners ungerechtfertigt,
wenn er schreibt: „Alle Berichterstatter, die
Kölner und die Kammericher Chronik, sowie
der Mönch von Anchin stimmen darin über-
ein, daß die Gebeine in einem Sarkophage lagen.
Diese Tatsache ist unerschütterlich."28)
Es ist weder Tatsache noch unerschütterlich.
Ebensoich irrigen Voraussetzungen erlag Lind-
ner bei dem Thron und bei dem senkrechten
Sitzen des Kaisers. Dadurch wird sein ganzer
Angriff hinfällig.

Professor Buchkremer nennt die Ansicht,
daß Karl in dem Proserpina-Sarkophag bei-
gesetzt worden sei, eine uralte Überlieferung29)
und behauptet erst nach 1594 seien die
märchenhaften Erzählungen Ademars in Aachen
bekannt geworden. Belege bringt er nicht bei.
Aber diese „Märchen" sind sicher schon bald
nach 1300 in Aachen bekannt gewesen, wenn
nicht schon früher, da sie doch bei Vincenz

26) »Monumenta Germ, hist.« Script. XVII. S. 779.
2?) »Monumenta Germ, hist.« Script. XVI. S. 528.

28) »Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins.«
(1892) S. 165.

29) »Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins.«
(1907) S. 105 ff.

von Beauvais (f 1264), im Karlmeinet (um 1300),
bei Heinrich von Herford (gegen 1350), und
im Magnum chronicon belgicum (um 1478)
zu finden sind.

Lindner schreibt: „Soviel ist gewiß, die ge-
samten deutschen Zeitgenossen wußten nichts
von einer Bestattung wie sie der Novalesei
und Ademar schilderten; selbst hier in Aachen
war davon durchaus nichts bekannt". Das
sind sehr verstärkte Behauptungen, aber des-
wegen noch nicht richtig. Denn Thietmar
schreibt doch ebenfalls wie der verrufene
Ademar und der Novaleser in solio regio.
Nachrichten Aachener Zeitgenossen aber sind
darüber überhaupt nicht vorhanden.

„Daß vor van Beeck30) die „uralte Über-
lieferung" bestanden hat, Karls Leiche habe
in dem Proserpina - Sarkophag geruht, dafür
ist nur ein Ausländer de Beatis 1517 als
Zeuge beigebracht.31) Dieser glaubt gehört
zu haben, der Leichnam Karls läge noch 1517
darin! Das macht es wahrscheinlich, daß er
sich die ganze Ansicht selbst aus der Mit-
teilung des Führenden geschaffen hat, der
wohl sagte: Dies ist das Grabmal Karls des
Großen. Hoc est sepulchrum Caroli. Das
war richtig. Was sich aber de Beatis daraus
gemacht hat, war nicht richtig. Vor de Beatis
kann Professor Buchkremer keinen anderen
Schriftsteller beibringen und nach ihm auch nicht.

Diese „uralte Überlieferung" stammt aus
dem vorigen Jahrhundert! Die einzige uralte
Überlieferung ist Einharts Bericht. Danach
lag Karls Leiche „Unter diesem Grabmal"!
und zwar „beerdigt". Ebenso meldet Thegan.
Alles übrige ist diesen Augenzeugen wider-
sprechende Behauptung.

Dann folgen zum Jahre 1000 Ademar,
Graf Otto von Lomello und Thietmar, die
ebenfalls nichts davon berichten, daß Kaiser
Karl in dem Proserpina-Sarg und gar ober-
irdisch beigesetzt gewesen sei.

Schließlich erzählen zum Jahre 1165 wohl
zwei Berichterstatter, daß der Leichnam Karls
einem sarcophagum entnommen worden sei,
aber auch eine gemauerte Gruft hieß sarco-
phagum. Der dritte Chronist spricht von
einem tumulus marmoreus. Auch das besagt
nichts Besonderes für den Proserpina-Sarg, denn

3!)) Pe tri ä Beeck, »Aquisgranum« (Aachen 1620).

31) »Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins.«
(Aachen 1907). (Buchkremer, „Das Grab Karls
d. Gr.") S. 108.
 
Annotationen