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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Hasak, Max: Karl der Große ist doch auf einer Art goldenem Thron beerdigt worden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0072

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113

1908. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 4.

114

intuetur et dolet, quia dum hü turgebant,
venter levius habebat."28)

[Und als ich eintrat, saß der Erzbischof
auf seinem Stuhl und nahm mich sehr freund-
lich auf. Er betrachtet seine damals von der
üblichen Geschwulst aufgetriebenen Füße und
klagt, daß, als sie anschwollen es der Leib
leichter gehabt hatte.]

Auch daran nahm man Anstoß, daß Otto III.
nach dem Berichte des Grafen von Lomello
die Leiche Karls mit weißen Gewändern ver-
sehen habe. Aber Thietmar sagt doch, daß
Otto einen Teil der Gewänder Karls fort-
genommen habe. Diese hat er wahrscheinlich
durch weiße Gewänder ersetzt. Keiner der
drei Berichte widerspricht dem anderen. Alle
drei schildern mit verschiedenen Worten den-
selben Vorgang. Selbst das Ergänzen der
Nasenspitze mit Gold hat garnichts Unwahr-
scheinliches
oder Unmög-
liches. Man

klammert
sich an das
Wort statim

„sogleich".
Ja, warum
soll der Kai-
ser nicht so-
gleich befoh-

Der antike Sarkophag der Gräfin Beatrice im Campo Santo zu Pisa.

len haben,
man hole

weiße Gewänder herbei, als er einen Teil
der Prunkgewänder entnehmen wollte, und
man hole sogleich einen Goldschmied her-
bei, welcher mit bildsamen Goldblech die
Nase ergänze. Ähnliche Anordnungen trifft
z. B. ein Baumeister jeden Tag statim. So
verbleiben die durch die Handschuhe gewach-
senen Nägel. Vielleicht trug Kaiser Karl lange
Nägel, und diese waren durch die verwitterten
Handschuhe sichtbar geworden. Selbst wenn
diese Angabe eine phantastische Ausschmückung
wäre, so beeinflußt sie doch kaum die Glaub-
würdigkeit des Grafen Otto oder seines Chro-
nisten. Kurz — man hat gegen das Gemälde
Rethels gefochten, und mit Recht. Deswegen
aber bleibt doch bestehen, daß Kaiser Karl
auf einer Art goldenem Thron, mit
d e m Oberk örper zurückgelehnt in all
seiner Pracht beigesetzt worden ist.
") »Monumenta Germ, hist.« Script. III. (Thiet-
mari Chronicon.) (Hannover 1839) S. 781, 824 u 826

Nun zu seiner Gruft.

Eine Krypta war es, wie gesagt, nicht, in
welcher Karl „beerdigt" wurde, auch kein
größeres Gewölbe überdeckte sein Grab. Nur
ein tuguriolum aus Kalk und Marmorsteinen
schloß den Grabesraum. Auch die Seiten-
wände werden diesem kleinen Gewölbe ent-
sprechend aus Kalk, wohl Mörtel, und Marmor
hergestellt worden sein, eine sehr schnell und
leicht auszuführende Arbeit, die auch zum
Teil — wie das Gewölbe :— noch nach der
Bestattung erst vollendet werden konnte.

Eine ähnliche Ausführung wird auch von den
Scheidewänden der Kaisergräber im Dom zu
Speyer berichtet. Daß eine solche Gruft ebenfalls
sarcophagum hieß, zeigt die Erzählung von der
Bestattung Wilhelms des Eroberers in Caen:24)
„Expleta missa, cum jam sarcophagum in
terra locatum esset, sed corpus adhuc in

feretro jace-

ret, magnus

Gislebertus

ebroicensis

episcopus in

pulpitum
ascendit . . .
Porro dum
corpus in sar-
cophagum
mitteretur
violenter
quia vas per
imprudentiam cementariorum breve structum
erat complicaretur".

[Nach der Messe als schon die Gruft in
der Erde hergestellt war (oder der Sarkophag
in die Erde gesetzt war) aber der Körper
noch auf der Bahre lag, stieg der große Bischof
Gislebert von York auf die Kanzel . . . Als
darauf der Körper in die Gruft (Sarkophag)
gelegt wurde, wurde er mit Gewalt gebogen,
weil durch die Unklugheit der Maurer das
Gefäß zu kurz hergestellt worden war.]

Auch Karls Gruft wird nicht allzugroß ge-
wesen sein, ein gemauerter Sarkophag aus
Marmor und Mörtel.

Wenn daher bei der Erhebung der Gebeine
Karls durch Friedrich Barbarossa 1065 die
Continuatio Sigeberti aquicinctina26) berichtet,

2i) »Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins.«
(1907) S. 155. (Buchkrem er, „Das Grab Karls d.Gr.").

lb) »Monumenta Germ, hist.« Script. VI. S. 411.
(Hannover 1844.)
 
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