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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Graus, Johann: Von Freisings deutscher Kolonisation in den Ostalpenländern: Kirchliche Denkmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0108

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181

1908. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

182

Deutschen Reiches gefunden werden können.
Trotzdem das Kirchenwesen dieser südlichen
Ecke des Reiches mit seiner vorwiegend slavi-
schen Bevölkerung vom italischen Aquileja,
der oberhirtlichen Metropole jenseits der
Alpenkette am Strande der Adria geleitet
wurde, zeigt sich im weiteren Umfange Krains,
wie Kärntens und Südsteiermarks bis ans Ufer
der Drau herauf (der Grenze des geistlichen
Salzburger Reiches!) alles, was Kunst und
Stil vorstellt, keineswegs vom italischen Süden,
sondern lediglich vom deutschen Westen her
beeinflußt und durchgebildet. Weder im
Romanischen der Bauwerke (das übrigens in-
folge harter Geschicke dieser Gegenden äußerst
spärlich anzutreffen ist), noch im Gotischen
derselben zeigt sich, was der italienischen
Eigenart jener Stile zuerkannt werden müßte.
Der starke, vom Westen Bayerns andringende
Strom der Kunstübung hat an den Kirchen
Krains bis in den Barockstil herauf sich geltend
gemacht. Der Verherungen ungeachtet, denen
Krain oftmals ausgesetzt war, gibt es dort gar
nicht wenig Kirchenbauten der Gotik, haupt-
sächlich der Spätzeit des Stiles, am Ausgauge
des fünfzehnten Jahrhunderts und tief hinein
in den Verlauf des sechzehnten entstanden,
ein Umstand, der sehr bezeichnend ist für
alle die weitest gegen Osten vorgeschobenen
Länder deutschen Reiches. Sogar süd-
wärtig der Julischen Alpen am Ufer des Isonzo
sind kirchliche Bauten vom nordisch-gotischen
Stile anzutreffen. In Tolmein des Canaletales,
ja tiefer hinab begegneten mir Beispiele davon,
und der jetzige Dom des Erzbistums Görz be-
sitzt an seinem Säulenschiffe italienischer
Stimmung noch einen Chorteil mit nordischem
Polygonschluß und Netzrippengewölbe. Zur
Besprechung dieser östlichen Vorposten deut-
scher Kunstart halte ich mich lediglich an das
Zentrum krainischen Besitzes vom Bezirk
Bischoflak, so umgeändert vom ursprüng-
lichen Namen Lak dem Bistum Freising zu-
gunsten.

Erstlich bestand es nur im heutigen Alt-
lak, einem Pfarrorte ältester Gründung, dem
Hauptfiusse Krains Save nicht zu fern an
seinem Nebenflüßchen Zeyer gelegen. Zum
Halt für seine Herrschaft in der Umgegend,
errichtete jedenfalls bald nach 973 Freisings
Verwaltung am steilen Hügel jenseits der
Zeyer das Schoß, etwas über einen Kilometer
vom Kirchorte ab, und unter dem Schirm

dieses festen Schlosses und Sitzes der Ver-
waltung erhob sich gleich das neue Lak,
sich fortwährend vergrößernd. Um 1248 durfte
es schon, den Titel „forum" führen, ward
1321 in Verbindung mit dem Hochschloß zum
Aufwand von ca. 156 Aquilejanischen Mark
ummauert und befestigt; endlich unter dem
Freisinger Bischöfe Berthold von Wechingen
(1381—1410) Stadt benannt. Der Vertreter
der bischöflichen Gutsverwaltung im Schlosse
erlangte 1274 und 1275 vom Metropoliten zu
Aquileja und vom deutschen Kaiser das Recht
der Gerichtsbarkeit über den Bezirk mit dem
Titel „Capitaneus", das aber später die Kaiser
Max I. 1497 und Ferdinand I. 1549 wesent-
lich einzuschränken begannen. Die bischöf-
liche Verwaltung über die österreichischen
Enklaven dauerte fort bis 1803; ein Gewaltakt
der kaiserlichen Regierung machte ihr ein Ende.

Für die Besorgung der Seelsorge blieben
die Bewohner des neuen Lak noch fort dem
alten Kirchorte angehörig. Doch fehlte schon
hier nicht ein eigenes Gotteshaus, 1271 als
„Kapelle" des h. Jakobus urkundlich ange-
führt; ein in Bischoflak wohnhafter,, Kaplan",
1313 erwähnt, später mit dem Titel „Vikar"
bezeichnet, amtierte daran. Erst 1804 ward
Bischoflak neben Altlak zur selbständigen
Pfarre erhoben und dem letzteren nur als
Dekanatspfarre unterstellt.

Das gottesdienstliche Gebäude der ersten
Jahrhunderte Freisingischer Herrschaft gibt
sich schon durch die Bezeichnung „capella"
nur als einen höchst bescheidenen Bau zu
verstehen, und dieser, gleichen Titels zu Ehren
des h. Jakobus stand wohl an derselben Stelle
der heutigen Stadtkirche. Das Aufblühen und
Großwerden des bürgerlichen städtischen Ge-
meinwesens forderte den völligen Umbau
der alten Kapelle, und dieser erfolgte im
zweiten Dezennium des sechzehnten Säkulums.
Zu diesem Bauunternehmen an der Kapelle
mußte einen dringenden Anlaß geben das
Erdbeben von 1511, dessen am leider nun
abgerissenen Bergfried des Schlosses eine In-
schrift Kunde brachte:

„Als in dem Jar man zalt von Cristi unsers
Herrn Geburdt MVXI am 26. Tag Marcii das
Schlos dis Orts durch den Erdpidem eingefalleti
ist dieser Pau des Geschlos durch den hoch-
ivirdigen hochgebornen Fvrsten und Herren
Herren Philipstn Bischove zu Freising Pfalz-
grafen bei Rein und Herczogen in Beiern zx
 
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