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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Graus, Johann: Von Freisings deutscher Kolonisation in den Ostalpenländern: Kirchliche Denkmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0111

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187

1908.

ZEITSCHRIF1 FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

188

nördlichen Ufer der Zeyer hinab, dann be-
finden wir uns bald im Baumschatten des
anheimelnden Dörfchens Altlak, des ältesten
Seelsorgpostens für die weite Umgebung. Völlig
neugebaut bietet seine Kirche nichts Alter-
tümliches zum Studium, zum unvorteilhaften
Unterschiede von Ehrengruben, ihrer
Nebenkirche, zu welcher noch vier Kilometer
Fußwegs durch heitere grünende Fluren
zurückzulegen sind. Die Kirche von Ehren-
gruben ist ein altes Wallfahrtsheiligtum Mariens
und bei den allermeisten dergleichen kennt
man von ihrem Ursprünge nur Legenden ohne
andere geschichtliche Gewährleistung, als etwa
altwürdige Bauformen sie darbieten könnten.
Aber letztere sind ungeachtet der umändernden
Eingriffe ins Baugefüge hier noch vorhanden.
Die Kirche von Ehrengruben besteht nämlich
aus zwei an Größen Verhältnissen sich die Wage
haltenden, zeitlich aber weit auseinanderliegen-
den Bauteilen; das Westende bildet eine
dreischiffige niedere Halle von 16,35 m
lichte Vollänge und 14,85 m Weite, deren drei
ziemlich gleich breit angelegte Schiffe fast
quadrate Pfeiler mit unprofilierten Spitzbogen
verbunden und Kreuzrippengewölbe besitzen.
Das ist die älteste Kirche, welche, nach ein
paar mit dem Motive des Knospenkapitäls
versehenen Pfeilergesimsen zu schließen, noch
in der ersten Hälfte des XIII. Jahrh. ent-
standen sein mag, und vor den Alterationen
der gotischen Stilperiode eine flachgedeckte
Pfeilerbasilika vorgestellt haben muß. Nach
Osten hatte diese spätromanische oder Über-
gangsstilbasilika den Ausgang dreier Altar-
räume (Chorquadrat oder Apsiden?), deren
Abtragung bei ihrer späteren Verlängerung
ausbedungen wurde. Dieser Verlängerung
der alten verehrten Marienkirche voraus ward
ein Bauvertrag vom 1. Oktober 1520 ab-
geschlossen; das Original desselben erliegt
(nach einer neuerlichen Mitteilung des Herrn
Tfarrers Fr. Pokorn) im Krainer Ländesarchiv
zu Laibach. Die maßgebenden Personen der
Kirchen- und bischöflichen Gutsverwaltung
schlössen ab mit einem Meister Jurko
(Martin Jorkho) Streit, für den noch 1573
eine gestiftete Messe gelesen wurde. Die Ab-
machung war fachmännisch genau stipuliert:
niederzureißen seien erstlich die alten Chöre,
dann an ihrer Stelle die neue Kirche an-
zubauen. Deren Mauer, für weiche Strebepfeiler
nicht beabsichtigt würden, soll dafür unterhalb 2,

oben 1 Klafter dick werden mit Einfügung
von 18 starken Pfeilern aus behauenen Steinen.
Der ganze Bau sei in 3 Jahren zu vollenden
samt dem Turm, der sowohl über der Sakristei
in seinem Erdgeschosse als auch unter den
Glocken gewölbt werden solle. Für alles
seiner Leistung wird dem Meister die Zahlung
von 700 Gulden verheißen. Die Zeit der Bau-
vollendung des neuen Hochchores wird für
1523 anzunehmen sein; des Turmes obere
Hälfte wurde erst 1666 fertiggestellt. Der
Vertrag ist in deutscher Sprache verfaßt und
dieser Bau vollzog sich unter einem Meister,
dessen deutscher Name auf Schulung in Bau-
hütten des Reiches schließen läßt, und unter
dem Walten desselben Oberhirten des deutschen
Freising, wie es in Bisch otlak anzugeben war.
Bestätigung dafür erbringt durch seine Stil-
weise das Objekt selbst. (Siehe Abb. 2.)

Dreischiffig gegliedert durch zwei Reihen
achteckiger Pfeiler schließt sich dieser Hoch-
chor unter Vermittlung eines weitgespannten
Spitzbogens dem älteren westlichen Bau an;
seine lichte Volllänge beträgt 18,40 m, uud
die Weite, hinter jener des älteren Westteiles
zurückstehend, nur 12,80 m. Nach Osten
endigt dieser Zusatz in der herkömmlichen
Weise der drei Schlußseiten aus dem Achteck;
seine strebenlosen Mauern messen, entsprechend
der Vertragsbedingung, ],45 m Stärke. Eine
Zusammenwirkung der beiden Hälften älteren
und jüngeren Datums zu annehmbaren Innen-
durchsichten ist freilich nicht erreicht worden;
die Unterschiede der Gliedergestaltung und
Raumhöhen sind viel zu groß. In einer
Scheitelhöhe von 10 m schließen die schlanken
achteckigen Pfeiler mit den Sternrippen wie
Bischoflaak sie erhielt, die luftige Halle des
Hochchores; plastisch ornamental gleich denen
des nahen Freisinger Städtchens sitzen Schluß-
steine an allen Durchdringungsstellen der
Rippen, mit mancherlei Darstellungen von
Wappen und heiligen Figuren. Der un-
verwüstliche Zug stets lebenskräftig sich
betätigender Marienverehrung und Liebe zu
ihrem Sanktuarium hat der Bauschöpfung des
XVI. Säkulum auch im XVII. einen Zuwachs
an Verschönerung gebracht in einer Bemalung
dieser gotischen Gewölbe, wie es ein Schildchen
daran hat, vom Jahre 1664. (Abb. 3). Um die
gleiche Zeit sind auch an sämtlichen Altären
neue Aufbauten im Barockstil geschaffen
worden, unter denen sich der Hochaltar und
 
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