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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Arntz, Ludwig: Über die Baugeschichte der einstigen Abtei Altenberg im Rheinland
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0172

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301

1908.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 10.

302

Der einschneidenste Zeitpunkt in der Bau-
geschichte Altenbergs ist unstreitig die Auf-
hebung der Abtei im Jahre 1802. Die nächste
Folge war die verhängnisvolle Teilung des
Besitzstandes, wodurch die Bauten, aus ihrem
kulturellem Zusammenhang gerissen, zum Teil
ihrer Bestimmung entzogen wurden und infolge
dessen der Verwahrlosung und dem Abbruch
anheimfielen. Die in dem östlichen Kreuzgangs-
flügel untergebrachte chemische Fabrik ging
1816 in Flammen auf, wobei der Brand auch
das Kirchendach und den Dachreiter zerstörte.
Das im folgenden Jahre aufgesetzte Notdach
vermochte nicht, das umfangreiche, auf sorg-
fältige Entwässerung und Beaufsichtigung an-
gewiesene Bauwerk vor Wetter und zunehmen-
dem Verfall zu schützen. Die Folgen zeigten
sich fünf Jahre später, als ein Teil des süd-
lichen Querschiffes und hohen Chores ein-
stürzte, nachdem ein Teil des anschießenden
Klosterflügels niedergelegt worden. Zu diesem
äußeren Verfalle trat eine gründliche Plünde-
rung des Innern, wobei die Fenster ausge-
brochen und dadurch auch der Innenraum
der Witterung vollends preisgegeben wurde.
Unterstützt durch ein überaus feuchtes Klima
und eine ungeregelte Wasserableitung, welche
eine tiefgreifende vegetabile Wucherung, (Moos-
und Schwammbildung) auf allen freiliegenden
Mauerteilen herbeiführte, ging der Verfall un-
aufhaltsam weiter. Im Jahre 1831 stürzte auch
ein Teil des südlichen Hochchores ein. Ein
Steindruck (von 1834) zeigt den Zustand
trostlosester Ruin enha ftigkeit, deren
schädliche Folgen und Nachwirkungen das
Bauwerk auch heute noch nicht ganz verwunden
hat. Nachdem die Kirche und anschließenden
Trümmer des Klosterflügels nahezu zwanzig
Jahre als malerische Ruine gestanden,
begann im Jahre 1835, unter staatlicher Leitung,
der Wiederaufbau der Hoch- und Seitenschiff-
mauern der Kirche. Hierbei wurde, abweichend j
von der überlieferten Anlage, der organische
Zusammenhang des Querhauses und des süd-
lichen Seitenschiffes mit dem Kloster außer
acht gelassen und auf die Sicherung der bis
dahin erhaltenen Bauten der Klausur ver-
zichtet. Neue Geldmittel dienten zur Aus-
führung von Fensterverglasungen im südlichen
Kreuzflügel; weitere Arbeiten, u. a. auch ein neuer
Plattenboden, kamen im Jahre 1845—47
zur Ausführung; sie beschränkten sich auf das
Kirchengebäude, welches allein in den Besitz

des Staates, als Bauherrn, übergegangen war.
Imjahre 1856 wurdejdurch Königliche Kabinetts-
order die Kirche dem simultanen Gottes-
dienst überwiesen und damit ihrer eigentlichen
Zweckbestimmung wieder zugeführt. Ein
wesentlicher Bauteil der einstigen Zisterzienser-
abtei, ein unvergleichliches Stück gotischer
Bauweise im Bergischen Lande, schien damals
dauernd gesichert. Die berechtigte Freude
an dem wieder erstandenen bergischen Münster
fand in den neunziger Jahren des vorigen Jahr-
hunderts lebhaften und entschiedenen Ausdruck
in dem begeisterten und hochsinnigen Wirken
von Frau Maria Zanders für die weitere Wieder-
herstellung und künstlerische Ausgestaltung,
sowie in der Begründung eines Altenberger
Domvereins. Diesen tatkräftigen Bestrebungen
ist die Wiederherstellung und Ergänzung der
wertvollen Kunstverglasungund Grabdenkmäler,
sowie die Ausführung des Hochschiffdaches
in der ursprünglichen, stolzeren Neigung, des
neuen Dachreiters mit vierstimmigen Geläute
zu verdanken.3)

Für einen neuen Orgeleinbau mit
Bühne im südlichen Kreuzarm liegt bereits
ein preisgekrönter Entwurf des Diözesanbau-
meisters H. Renard vor.

Es steht noch aus die — bereits im
Jahre 1904 angeregte und 1906 ausführlich be-
gründete — sachgemäße Instandsetzung
der gesamten Entwässerungsanlage,
im besonderen der unteren Dächer, mit
dem überlieferten Strebesystem und
eine würdige Wiederherstellung der
inneren farbigen Wand- und Ge-
wölbebehandlung. Um für diese Aufgabe
die notwendigen technischen Unterlagen zu
gewinnen, wurde der Verfasser vor zwei Jahren
mit der Ausarbeitung einer bezüglichen um-
fangreichen Vorlage betraut, welche sich auf
einschlägige bauliche Untersuchungen und Be-
standaufnahmen stützte. Die Wiederherstellung
der ursprünglichen Entwässerungsanlage und
die folgerichtige Durchführung des Strebe-
pfeilersystems auch am Langhause ist nun
grundsätzlich beschlossen, und mit der be-
sonderen örtlichen Leitung seitens der Staats-
bauverwaltung Landbauinspektor Schäfer in
Altenberg beauftragt worden.

Das gegenwärtige Ergebnis der bau-
geschichtlichen Entwicklung wird

') Vergl. Jahresbericht des Altenberger Dom-Vereins
für die Jahre 1901 — 1903 — Düsseldorf 1904.
 
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