Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für alte und neue Glasmalerei und verwandte Gebiete: off. Organ d. Verbandes Deutscher Glasmalereien — 1913

DOI Heft:
Inhalts-Verzeichnis
DOI Artikel:
Nr. 1
DOI Artikel:
Pollmann, P. Ansgar: Beiträge zur Geschichte der schwäbischen Glasmalerei
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74067#0010

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
dem ich seit Jahren nadigehe, Jerg Ziegler, der
sogenannte Meister von Meßkirch, Wohl kannte
man dessen Abhängigkeit von Hans Leonhard
Schäufelein ~ ging doch Modern soweit, ihn mit
diesem seinem Lehrmeister zu identifizieren, dem
er ja auf Grund falsch gelesener und ebenso falsch
kopierter Hebraismen der Kleidersäume den Möm-
pelgarter Flügelaltar zusprach — allein man zog
keine Konsequenzen. In den
«Historisch apolitischen Blät-
tern» habe ich nun vor Jahren
Jerg Zieglers Zugehörigkeit
zur Nördlinger Schule stärker
betont und vor allem darauf
hingewiesen, daß er in erster
Linie von Bastian Daig beein-
flußt worden ist. Bastian Daig
aber war — wie wir im Laufe
dieser Aufsätze aus reichem
archivalischenMaterialersehen
werden — von Anfang an
Glaser/ die Familie Daig war
eine Glaserfamilie. Und wie
er selbst diese seine Tradition
niemals verleugnete, so steckte
sie vor allem seinem größeren
Schüler durch den vollen Um-
fang seines Kunstschaffens im
Blute, nicht nur weil er auch
selber Glas brannte oder doch
mindestens die Visierungen zu
bunten Scheiben lieferte — und
zwar, wie wir noch sehen
werden,mehr als der nicht über^
all einwandfreie Balet kennt
— sondern weil seine ganze
kompositionelle und koloris-
tische Auffassungsweise die
eines Glasmalers ist. Unsere
drei Abbildungen zeigen das


Georgssdieibe aus Heiligkreuzthal. Jerg Ziegler. 1532.

ohne weiteres: die erste zeigt die von der Ritter-
vereinigung des Georgenschildes der Abteikirche
von Heiligkreuzthal bei Riedlingen im Jahre 1532

, Man stelle einmal die Reproduktionen der beiden ver-
hältnismäßig rohen Porträts Eitel Friedrichs und seiner Gattin
Katharina von Börsel in der vatikanischen Pinakothek (Monats-
hefte f. Kunstwissensch. III/3.März 1910) neben uns. Abbildung
und man wird ohne lange Umschweife einsehen, daß Herm.Voß'
Zuschreibung an den Meister von Meßkirch völlig unhaltbar ist.
, Karl Koetschau hält «an der ersten Vermutung»
Haendekes, zwei von diesen Passionsaltären seien für
St. Gallen gemalt worden — Abendmahl und Christi Ver-
suchung — fest, da er in dem bekannten Briefwechsel zwischen
dem Bischof Greith und dem Baron Laßberg keine Anhalts-
punkte für einen Verkauf finden kann. Diesen Briefwechsel,
der Koetschau noch vorlag, vermochte ich nicht einzu-
sehen, da er aus seinem Fache im bischöflichen Archiv ver-
schwunden ist/ doch versichert mich der bekannte Stiftsbiblio-

gestiftete Chorfensterscheibe mit dem Patron und
dem Wappen dieser adligen Sozietät, die durch enge
Interessengemeinschaft mit dem von Veronika von
Rietheim geleiteten Konvente verknüpft war, -wir
bringen sie hier nur erst zum Vergleiche mit zwei
Tafelbildern Jerg Zieglers, die als Beispiele Anfang
und Ende seiner malerischen Tätigkeit bezeichnen.
Daseine stellt den hieb^undliebelustigen GrafenBitel
Friedrich von Hohenzollern
dar und ist im Jahre 1525 ent-
standen. Wohl sind der heilige
Benediktus (Stuttgart) und das
Bebenhauser Epitaph etwas
älter, aber gerade weil Eitel
Friedrich Höhe und Wende-
punkt der ersten Stilepoche
Zieglers darstellt, dient es noch
besser zum Vergleiche h>
Die ganze Anlage dieses
Porträts, in Farbe und Zeich-
nung trotz der inneren Model-
lierung auf eine förmlich durch-
scheinende Fläche gestellt,
weist auch ohne die architek-
tonische Gliederung auf die
Form der Schweizerscheibe
hin. Diese Form ist aus dem
Nischen= und Arkadensystem
hervorgegangen, das gerade
die ältesten Scheibenordnun-
gen bevorzugen, wobei sie sich
im Miniaturenstil bewegen.
Und in ihr sind alle jene zahl-
reichen AltarflügelmitHeiligen
gehalten,die wir in vielen Gale-
rien und im Privatbesitz be-
wundern, und die zu den acht
Passionsaltären gehören, mit
denen Jerg Ziegler in einem
Zeitraum von mehreren Jahr-

zehnten die Martinskirche von Meßkirch für seine
hochherzigen Gönner, den Grafen GottfriedWerner
von Zimmern, schmückte..

thekar Dr. Fäh, der den fraglichen Briefwechsel genau
kennt, daß in der Tat von einem Verkauf und selbst von
der Kaufsumme darin die Rede ist. Die beiden Altäre aus
der ehemaligen Gottesackerkirche jenseits der Ablach in
Meßkirch, mit denen die St. Gallener identisch sein sollten,
habe ich unter vielem Gerümpel auf dem Dachboden des Meß-
kircher Pfarrhauses aufgefunden: sie sind späte Schularbeiten,
wie ich in den «Hist. pol. Blättern» erwähnt habe. Unter-
dessen hat ein archivalischer Fund des Historikers Weiß
meine Hypothese glänzend bestätigt. Kurfürst Maximilian L
von Bayern wendet sich 1627 an den Grafen Rudolf von
Helfenstein,den Rechtsnachfolger derZimmern, und 1628 an den
FürstenJohann vonZollern wegen acht unterschiedlichen,kleinen
Nebenaltären, ungefähr zwei Schuh hoch, worauf die Passion
gemalt sei, die sich in der Stiftskirche von Meßkirch befänden.

2
 
Annotationen