So sind auch die großen Seitenflügel des Drei-
königsaltares aufgefaßt. Die scharfen Konturen
und das glatte Aneinanderlegen der Farbflächen
wie es z. B. aus seiner ersten Zeit der Gnadenstuhl
von Rottenburg und das Kasseler Epitaph zeigen
— also echte Elemente der Glasmalerei — halten
auch in Zieglers glänzendster Periode an. Der
Annenaltar, mehr aber noch die Königin der
Nothelfer verleugnen in
nichts den Glasmalern
schüler. ')
Diese beiden Elemente
sehen wir — im Verein
mit einer echt glasmale-
risdien Komposition —
auf einem aus der Meß-
kircher Schloßkapelle
stammenden Kreuzi-
gungsbilde (vgl.Abb)
der Fürstenbergischen
Sammlung, das wieder
mehr der ersten Periode
Zieglers zugeht: es ist
reif, klar und herb, wie
es nur ein Alterswerk
sein kann undwir werden
es mit der Jahreszahl
1550 nicht zu spät an-
setzen. Besonders die
Himmelbehandlungzeigt
des MeistersProvenienz.
Es hatten ihn am Anfang
der dreißiger Jahre des
sechszehnten Jahrhun-
derts seine Fresken in
Heiligkreuzthal und die
mit diesen verbundenen
Graf Eitel Friedrich von Hohenzollern. Jerg Ziegler. 1525.
Museum Sigmaringen
Ö Diese beiden Altäre galten bis auf den heutigen Tag
als aus der Schloßkapelle von Wildenstein stammend; allein
keiner von beiden ist für diese Zimmerische Burg gemalt. Alte
Inventare des Archivs von Donaueschingen gaben mir Auf-
schluß: «Inventaria Der Gräfflichen Helffenstainischen Heuszer
Mösskirch, Falkenstain, Wildenstain, Neuffren, Hayingen,
Bichishausen vnd Terrnegg. De anno 1623». Darin heißt es
von der Meßkircher Schloßkapelle : «Ein cleinesAltärlein, darob
ein täfel Ahn welcher unser lieben frawen bildtnus in der
Sonne gemahlt». Das kann nur die in der Tat «in eine Sonne
gemalte» Königin der Nothelfer sein. Und vom Schloß
Glaserarbeiten wieder mehr als je auf die flächige
Behandlung eines großen Formates hingewiesen.
Der Raum verbietet uns hier eine genaue Be-
Schreibung, die Abbildung muß für sich selber
sprechen. Was aber auf der Reproduktion nicht
zu sehen ist, das ist die Einfachheit und Un-
gebrochenheit der Farben, ihre großflächige Ver-
wertung und ihre geringe Anzahl. Nur die mit
breitem Pinsel hinge-
worfenen Heiligen der
Lichtenstein=Galerie des
Herzogs von Urach, die
einen anderen, modern
neren Zeitgeist atmen,
gehen aus dem Rahmen
des Glasmalerischen he-
raus.
Diese Andeutungen
mögen zur Einleitung
meiner Aufsätze erst
einmal genügen. Sie
wollten nur zeigen, daß
das Studium der alten
Glasmalerei ein wich-
tiges Auskunftsmittel
über die Zwecke und
Ziele der Ölmalerei ist,
und daß nicht nur jene
von dieser aus, son-
dern auch diese von
jener aus beurteilt wer-
den muß. Gerade in
Nördlingen betonen die
Archivalien und Lite-
ralien mehr als anderswo
die Verbindung «Maler
und Glaser». —
Falkenstein: «Ein gemahlte kunstreiche altartafel Sanct
Annae bildtnusz die neben fligel mit vil vnderschidlichen
Patronen gezierth». Somit haben wir den Annenaltar nun-
mehr zu nennen F a1kensteinerAltar, den bisher ge-
nannten Wildensteiner Altar aber Meßkircher Schloßt
altar. Ich komme an anderer Stelle auf diese Inventare zurück
und habe hier nur deshalb die Hauptstücke daraus gebracht,
weil Georg Tumbült in seinem neuen Katalog der Fürsten-
bergischen Sammlung, der übrigens mit großem Fleiße ge-
arbeitet ist, diese meine Entdeckung bezüglich des Annen-
altares — ohne Quellenangabe ~ bereits verwertet hat.
DER MÜNCHENER GLASMALER PAULUS LOTH
1605 - 1642.
Es gibt verschiedene Zweige, die von der Kunst-
geschickte recht stiefmütterlich behandelt werden. Ja,
oft stehen gerade in den kunstgewerblichen Gebieten
Forschungen Vorurteile entgegen, die in dem
Glauben des zu stark vorherrschenden «Gewerbe
liehen» die Kunst nicht suchen lassen. Und gerade
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königsaltares aufgefaßt. Die scharfen Konturen
und das glatte Aneinanderlegen der Farbflächen
wie es z. B. aus seiner ersten Zeit der Gnadenstuhl
von Rottenburg und das Kasseler Epitaph zeigen
— also echte Elemente der Glasmalerei — halten
auch in Zieglers glänzendster Periode an. Der
Annenaltar, mehr aber noch die Königin der
Nothelfer verleugnen in
nichts den Glasmalern
schüler. ')
Diese beiden Elemente
sehen wir — im Verein
mit einer echt glasmale-
risdien Komposition —
auf einem aus der Meß-
kircher Schloßkapelle
stammenden Kreuzi-
gungsbilde (vgl.Abb)
der Fürstenbergischen
Sammlung, das wieder
mehr der ersten Periode
Zieglers zugeht: es ist
reif, klar und herb, wie
es nur ein Alterswerk
sein kann undwir werden
es mit der Jahreszahl
1550 nicht zu spät an-
setzen. Besonders die
Himmelbehandlungzeigt
des MeistersProvenienz.
Es hatten ihn am Anfang
der dreißiger Jahre des
sechszehnten Jahrhun-
derts seine Fresken in
Heiligkreuzthal und die
mit diesen verbundenen
Graf Eitel Friedrich von Hohenzollern. Jerg Ziegler. 1525.
Museum Sigmaringen
Ö Diese beiden Altäre galten bis auf den heutigen Tag
als aus der Schloßkapelle von Wildenstein stammend; allein
keiner von beiden ist für diese Zimmerische Burg gemalt. Alte
Inventare des Archivs von Donaueschingen gaben mir Auf-
schluß: «Inventaria Der Gräfflichen Helffenstainischen Heuszer
Mösskirch, Falkenstain, Wildenstain, Neuffren, Hayingen,
Bichishausen vnd Terrnegg. De anno 1623». Darin heißt es
von der Meßkircher Schloßkapelle : «Ein cleinesAltärlein, darob
ein täfel Ahn welcher unser lieben frawen bildtnus in der
Sonne gemahlt». Das kann nur die in der Tat «in eine Sonne
gemalte» Königin der Nothelfer sein. Und vom Schloß
Glaserarbeiten wieder mehr als je auf die flächige
Behandlung eines großen Formates hingewiesen.
Der Raum verbietet uns hier eine genaue Be-
Schreibung, die Abbildung muß für sich selber
sprechen. Was aber auf der Reproduktion nicht
zu sehen ist, das ist die Einfachheit und Un-
gebrochenheit der Farben, ihre großflächige Ver-
wertung und ihre geringe Anzahl. Nur die mit
breitem Pinsel hinge-
worfenen Heiligen der
Lichtenstein=Galerie des
Herzogs von Urach, die
einen anderen, modern
neren Zeitgeist atmen,
gehen aus dem Rahmen
des Glasmalerischen he-
raus.
Diese Andeutungen
mögen zur Einleitung
meiner Aufsätze erst
einmal genügen. Sie
wollten nur zeigen, daß
das Studium der alten
Glasmalerei ein wich-
tiges Auskunftsmittel
über die Zwecke und
Ziele der Ölmalerei ist,
und daß nicht nur jene
von dieser aus, son-
dern auch diese von
jener aus beurteilt wer-
den muß. Gerade in
Nördlingen betonen die
Archivalien und Lite-
ralien mehr als anderswo
die Verbindung «Maler
und Glaser». —
Falkenstein: «Ein gemahlte kunstreiche altartafel Sanct
Annae bildtnusz die neben fligel mit vil vnderschidlichen
Patronen gezierth». Somit haben wir den Annenaltar nun-
mehr zu nennen F a1kensteinerAltar, den bisher ge-
nannten Wildensteiner Altar aber Meßkircher Schloßt
altar. Ich komme an anderer Stelle auf diese Inventare zurück
und habe hier nur deshalb die Hauptstücke daraus gebracht,
weil Georg Tumbült in seinem neuen Katalog der Fürsten-
bergischen Sammlung, der übrigens mit großem Fleiße ge-
arbeitet ist, diese meine Entdeckung bezüglich des Annen-
altares — ohne Quellenangabe ~ bereits verwertet hat.
DER MÜNCHENER GLASMALER PAULUS LOTH
1605 - 1642.
Es gibt verschiedene Zweige, die von der Kunst-
geschickte recht stiefmütterlich behandelt werden. Ja,
oft stehen gerade in den kunstgewerblichen Gebieten
Forschungen Vorurteile entgegen, die in dem
Glauben des zu stark vorherrschenden «Gewerbe
liehen» die Kunst nicht suchen lassen. Und gerade
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