Dasselbe.
Detail aus den Chorfenstern des Münsters zu Ulm.
Mariä Verkündigung. Detail aus den zu Grunde gegangenen Fenstern der
Magdalenenkirdie in Straßburg.
Die beiden Glasgemälde sind auf Grund des nämlichen Kartons von Hans Wild im Jahre 1480/81 angefertigt worden.
Der Beschauer wird bei genauer Betrachtung finden, daß trotz der Übereinstimmung im Ganzen eine Reihe kleiner Verschiedene
beiten festgestellt werden muß. Das hängt damit zusammen, daß die Alten, entgegen der heutigen Gewohnheit eines genau
detaillierten Kartons, nur eine die Hauptsachen angebende, im Detail aber nur flüchtige Werkzeichnung anfertigten und es dem
Glasmaler überließen, das Detail stilgerecht auszuführen. Was nun das ältere ist, Straßburg oder Ulm? Man müßte sich für
Straßburg entscheiden, wenn man folgendes beachtet: Die Beschneidung auf dem Straßburger Glasgemälde ist in einem drei-
teiligen Basilikaausschnitt komponiert. Da Hans Wild in Ulm nur zwei Flügel hatte, so schnitt er einfach das linke Seitenschiff
weg. Wäre Ulm das erstere gewesen, so hätte Hans Wild natürlich kleinere Proportionen gewählt, eben die ganze Basilika
gezeichnet und für Straßburg entsprechend vergrößert. Übrigens stehen beide Arbeiten so nah aufeinander, daß eine Zeit-
differenz absolut keine Rolle spielt.
Es war ein glücklicher Gedanke, diesem viel-
versprechenden Mann die Fenster der neuen
Magdalenenkirch e anzuvertrauen. Ich weiß nicht
mehr wo ich las: schon seine Entwürfe zu den
Fenstern hätten dem verstorbenen Seidl, der sich
unter den Preisrichtern bei der Ausschreibung des
Kirchenentwurfes befand, so viel Freude gemacht.
Schade, daß er sie nicht mehr an Ort und Stelle sehen
und beobachten kann, wie sicher und kühn sie mit der
ganzen Architektur zusammengehen. Die
horizontale Linie nämlich, die im Chore das barocke
Element beherrscht, hat Ehrismann auch für die Ein^
teilung der rechteckigen Fensterflächen maßgebend
sein lassen. Diese sind nicht in ihrer ganzen Aus-
dehnung von Gemälden ausgefüllt, sondern jedes
Fenster enthält vielmehr drei Gemälde, zwei kleinere
liegende und ein größeres stehendes Rechteck, die
durch breite Streifen einfach getönten Antik=Glases
von einander getrennt sind. Diese Einteilung bietet
dem das Ganze überschauendem Auge einen eigen-
artigen Anblick: die bemalten und die nicht be-
malten Felder schließen sich optisch in horizontale
Streifen zusammen, die den ovalen Chor parallel
zum Fries in einem leuchtenden Bändernetz zu^
sammenhalten. Man sieht nicht oft Glasmalereien,
welche die Raumwirkung so organisch unterstützen.
Dieses feine Gefühl für die Komposition zeigt
Ehrismann auch innerhalb des einzelnen Bildes.
Das Wesentliche schafft er groß, frei, monumental
heraus. Dieser hl. Lukas, dieser Markus, dieser
86