Seite 138,
M, 18.
ſo ſteht man abermals an einer aus ſtarken Blöcken
aufgeführten 1,70 m breiten, 1 m hoch erhaltenen Tro-
ckenmauex h, welche von Südweſt nach Nordoſt ſchräg
gegen die Südwaͤner der unteren Terraſſe gerichtet,
gleichfalls eine Oeffnung für den gedachten Weg läßzt
Und ſich ſüdweſtlich von derſelben 19,2 m — bis gegen
den Abſturz der Texraſſe — nordöſtlich nur 2,50 m
weit, hier ohne Abſchluß an ein natürliches Hindernißz
oder an die andere Befeſtigung endend, erſtreckt. Mit
dieſer Trockenmauer nahezu parallel und 20 m von der-
ſelben nach Süden entferut, verläuft ein noch deutlich
erkennbarer, oben 3 m breiter und eiwa 3 m hoͤher Erd-
wall i mit Graben vor und hinter dem Walle! Eine
50 m lange Steinxeihe k auf einem nordöſtlich vom
Gipfel gelegenen Hange kann ebenfalls als künſtliche,
—— dienende Aufſchichtung angeſehen
werden.
Innerhalb der Gipfelummauerung und des ſüd-
weſtlichen Thurmbanes haben mehrfach Ausgrabungen
ſtattgefunden. Drei Vertiefungen 1, je eine, wie eS
ſcheint, gemauerte in der Südoſt⸗ und Nordoſtecke der
Gipfelumhegung und eine dritte oͤſtlich neben dem Durch-
gang durch die Südmauer der unteren Terraſſe könnten
älter ſein und möglicher Weiſe von Ciſternen und der-
gleichen herrühren. Quellwaſſer findet ſich in dieſer
Umhegung keines, in der Tiefe fließt der Sinichbach.
Mitunter findet man Spuren von Brand (Verfchlack-
ungen am Mauexwerk oder einzelnen Steinen, durch
Teuer hewirkte Röthung, Bröcklichkeit ı. f. w.).! —
Jedoch ſind ſichere Anzeichen darüber, ob eine beſondere
Befeſtigung der Trockenmauern (durch zwiſchengelegtes
Holzwerk, Baumſtämme, Faſchinen) beſtanden Hat, nicht
geſehen worden; ebenſo nicht Thatumſtaͤnde, aus welchen
auf eine Veryollſtändigung des Befeſtigungswerkes durch
Holzbauten (Palliſaden, ein Gebück) deſchloffen werden
könnte. — Von den verwendeten Steinen möchten viel-
leicht mur ſehr wenige eine künſtliche Bearbeitung bezüg-
lich der Form erfah-
ren haben. —
für einſtige befeſtigte Orte, vorgeſchichtliche Denkſtätten,
die Namen: Gradife, Tabor, Skraza. Manche in Kraͤin
vorkommende Straza, Warte, Wache, reichen bis in die
Urzeit zurück.
In Suͤddeutſchland und Oeſterreich ſind für vorge-
ichichtlidhe Befeſtigungen vor allem die Namen Burg und
Burgſtall oder Buroͤſtatt bekannt (Nanke’3 Anleitung
Seite 456 und 457). Es iſt bezeichnend für den cyklo-
piſchen Bau auf dem Sinichkopf, daß der Zugang zu
dieſem nur von dem 1/,—3/, Stunden unterhalb an der
Landſtraßze gelegenen Borfe Burgſtall ſtattfinden konute
¶ Lage⸗ Plan). Etwa 10 Minuten vom Gipfel nach
Buxgſtall zu findet man wieder einzelne Mauerreſte.
Sehr wahrſcheinlich rührt der Name Burgſtall von dem
alten Eſſchloß und nicht von der Ritterburg unten, jetzt
Ruine Burgſtall, her. Auf welcher Seite man dann in
die höher gelegene Befeſtigung I am Gipfel gelaͤngte,
läßt ſich heute nicht mehr beſtimmen. Sicher verdanken
der in der unteren Terraſſe gelegene Geviertthurm £ mit
dem anſchließenden Mauerwerk, ſowie Wall und Gra-
hen i einer ſpäteren Zeit, wahrſcheinlich Mittelalter, feine
Entſtehung. Die Benennung prähiſtoriſcher Ringwall
Der Rundwall dürfte auf dieſe rätiſche Befeſtigung des
Sinichkopfes kaum anwendbar ſein, weil die Geſtalt des
Grundriſſes desſelben viereckig iſt, weßhalb wir die Be-
zeichnung vorgeſchichtlicher Sleinwall doͤer altes Schloß
vorziehen. ;
Bei den eigentlichen Ringwällen, die der Volksmund
als Heunenburgen, Burg, Birg u. ſ. w. benennt. wird
von dem verſchieden hohen und breiten Erdwall ein meiſt
ebener Keſſel umſchloſſen, der gewöhnlich über der Ebene
des angrenzenden Geländes liegt, hie und da aber auch
Vertiefungen und Erhöhungen erkennen läßt. Unter
den bekannteſten Ringwäilen nennen wir den Ringwall
auf dem Altkönig im Taunus, den Ringwall mit Vor-
wall im Hochwalde bei Otzenhauſen, den Ringwall auf
der weiten Bleiche bei Bautzen, die Ringwälle in Huns-
hörigkeit der Stein- und Erdwälle beſtritten und behaup-
tet worden, daß nur die Steinwälle germaniſchen Ur-
ſprungs wären, die Erdwälle dagegen erft Jahrhunderte
ſpäter durch die Slaven erbaut worden feien. Die Ueber-
einſtimmung in Form, Anlage und Bau iſt aber, wie
Schuſter zeigt, ſo klar, daß fie unzweifelhaft diefelben
Urheber beſitzen müſſen und nur duͤrch die Verfjchieden-
heit des Materials ſich unterſcheiden. Nach den in ihnen
gefundenen Alterthümern, Bronzegeräthen, Steinwerk-
zeugen, Thongeſchirren läßt ſich die Zeit der Erbaͤuung
jener alten Befeſtigungen mur annähernd bezeugen, näm:
lich etliche Jahrhunderte n. Chr. Auch Graͤber finden
ſich oft innerhalb der Schanzen, wie z. B. in den ger-
maniſchen Rundwällen der Oberlauſitz, wo ſie kegelför-
mige Erdhügel oft bis zu 20 m. Durchmeſſer bild u, die
eine mit Granitplatten oder Steingeſchieben eingefaßte
Kammer (Ciſte) bedeckten, in welcher Urnen mit Todlen-
aſche und allerlei Waffen und Zierrathen enthalten waren.
Bei allen uralten Befeſtigungswerken laſſen ſich ge-
meinſame Charaktere nachweiſen. Sie ſtehen gemeinhin
auf den ſteilen Abhängen der Thäler, auf hervorragenden
Felſen, die mit dem übrigen Lande nur durch einen
ſchmalen Streifen verbunden ſind. Ein breiter Graben
iſt zun Schutze gegen die Anſtürmenden angelegt, und
das Lager ſelbſt iſt mit einer mächtigen Steinmauer
umgeben. Endlich liegt hier ein Stein auf dem andern;
Moͤrtel oder Zement kannte man in jener Zeit noch
nicht. Machte der Feind einen Angriff auf eine ſoiche
von Wurfgeſchoſſen und Steinen, die e der Mauer cut-
nahmen, guf die Anſtürmenden, ſo daß alſo die Mauer
zugleich als Vertheidigungs⸗ und Angriffsmittel diente.*).
Allt Diere Wallanlagen meinte man früher als
militäriſche Befeſtigungen auffaſſen zu dürfen, alz Zu-
fluchtsorte, wohin die Bewohner der Umgebung bei
Herannahen des Feindes flüchten konnten. Da uns
die Anlage des Sinichkopfes für dieſe Zwecke allein zu
klein erſcheint (der Um-
fang des Hügels, auf
Bei der Beur-
theilung dieſer ohne
Zweifel alten Befe-
ſtigungen iſt vor
allem die Frage von
Wichtigkeit, ob ſie
aus Römerzeit ſtam-
men oder bor⸗ oder
nachrömiſch ſind. Die
Römer berichten uns
über die Alpenvölker,
daß ſie viele Burgen
und Städte innege-
habt haben, mehrere
wie z. B. Brigan-
tium (Bregenz), Cam-
bodunum Kempten)
und Damaſia in Vin-
delicien, Tridentum
in Rätien werden na-
mentlich genannt.*)
Man dürfte kaum
irre gehen mit der
Annahme, daß wir
e& in unſerem Falle
mit einem vorrömi-
ſchen (vorgeſchichtli-
chen) Steinwalle, einer
rätiſchen Befeſtigung
auf dem Sinichkopfe
zu thun haben.
Horaz verherrlicht
die Siege des Druſus
in den Alpenländern
durch den Vers: „Ar-
ces Alpibus tremen-
dis impositas dejecit
acer“, (Sieh die zer-
fallenen Veſten auf
dräuenden Gipfeln der
Alpen! Druſus der
feurige Held brach in
II
dem das Hauptwerk,
der Steinwall I, ſteht,
7 444 5
nur Schritte), {o-
NORD * 1 jit. 26 {Cholih. o
nicht außerdem und in
erſter Linie als Kul-
tusſtätte gedient ha-
ben mochte, als Sitz
der Götter und des
Geſammtvolkes Feſt-
ort, wo ſich die Be-
völkerung des Gaues
zu Opfer und Volks-
gemeinde verſammelte.
Aehnlich wie in den
Türkenkriegen die
Friedhöfe wegen ihrer
Mauern eine Zu-
fluchtsſtätte gebildet
haben, ſo könnte auch
hier eine uralte Kul-
tusſtätte erblickt wer-
OST
den, welche bei heran-
nahender Gefahr zu-
gleich als zeitweiliger
Zufluchtsort diente.
Jedenfalls iſt das alte
Giſchloß auf dem Si-
nichkopfe ſe der
allerintereſſanteſten
m tiefer als Punkt B. Denkmäler unfjeres
A/ / B Defrägt ca 35 m. Landes, das wohl ver-
dient, mehr beachtet zu
werden, als es bisher
der Fall war.
An dieſe denkwür-
dige Stätte knüpfen
ſich folgende Sagen:
1) Einem jungen
60 ſchmucken Hirten ei-
—7
Leter. nes im Freiberg ge-
Trümmer Sie All.)
Vielleicht bezwang
Druſus bei ſeinem ſtegreichen Vorrücken gegen das Land
der Venoſten 15 v. Chx. auch dieſe Wallburg. — Die
bisher ausgegrabenen Funde, ſo geringfügig und unbe-
deutend ſie ſind, müſſen doch als vorrömiſch gedeutet
werden. So fand Dr. Tappeiner (ſ. deſſen Studien
zur Anthropologie Tirols und der sette Comuni Seite
12 Innsbruck 1883) in einer ſchwarzen kohligen Erd-
ſchichte viele Topfſcherben, größtentheils roh aus freier
Hand gearbeitet, einen Scherben eines Broncegefäßzes,
eine fauſtgroße Porphyrkugel, einen Keibſtein, Thier-
knochen u. dgl. Herr Frankfurth aus Philadelphia fand
im Jahre 1890 Scherben, mit ſchönen Verzierungen lein-
geritzten Bändern und Punktirungen) verſehen. Eine
Scherbe war mit einem Buckel verſehen und mag einem
Buckelgefäß angehört haben, wie ſolche angeblich in den
Terramaren Oberitaliens gefunden werden.
Meine, freilih nur flüchtig untexnommenen Grab-
ungsverſuche 1890/91 förderten eine Menge von Thier-
knochen, Reſte von ſchwarzen Thongeſchirren mit Bei-
miſchung von Quarzſand und Graphit, einzelne verziert,
und rothe, ſchwach gebrannte, aus der Hand gearbeitete,
unzweifelhaft alte Thonſcherben zu Tage, deren Alter
ſich aber nach dem Ausſpruche des Herrn Oberſt von
Tohauſen in Wiesbaden nicht genau beſtimmen läßt.
Die oberen Schichten enthielten auch Gefäßſcherben mit
Drehſcheibenrundung und gleichmäßiger Technik.
Nicht unwichtig iſt auch der vom Volke beigelegte
Name: altes G'ſchloß, das in Uebereinſtimmung ſteht
mit den Bezeichnungen in der Schweiz. Stehen dort
Ruinen auf Anhöhen, iſt das Mauerwerk von aͤuffallen-
der Stärke und Ausdehnung, ſo heißen ſie Burg und
Schloß, oder vielmehr in Diminutivform Burgli,
Schlößli, zuweilen auch Caſtell. Die Slaven wählken
*) Vergl: die ſehr überſtchtliche Anleitung zu anthropologiſch-
vorgeſchichtlichen Beobachtungen von Zohannes Rankte! Leipzig.
Seite 366.
rück im Idarthale, die Quadenfeſtung Stillfried an der
March die Heidenmauer auf dem Odilienberge u. A.
Manche Aehnlichkeit mit unſerm Steinwalle auf dem
Sinichkopf zeigen auch die im kunſthiſtoriſchen Atlas der
f. k. ZentralKommiſſton abgebildeten Wallbauten, Wall-
hungen, in Ober- und Niederöſterreich, Krain, Böhmen,
ſo namentlich in letzterent Lande die Wallburg „Na
hradu“ bei Litoradlic nächſt Frauenberg. Der Burgſtall
Waldeck bei Taufkirchen in Oberöſterreich wird auch
„G'ſchloß in der Schnelzen“ genannt.
Bei den meiſten der erwähnten iſt die Kreisform,
Ovalform, Halbmondform die haͤufigſte! Ein beſonderes
Verdienſt um die Unterſuchung der Erd- und Steinwälle
hat ſich Virchow erworben, der genau zwiſchen den Erd-
wällen und den Brand- oder Schlackenwällen oder Glas-
burgen (vitriſied forts) unterſcheidet, wie ſie in Schott-
land genannt werden. Dieſe letzteren liegen meiſtens
auf Bergkuppen und ſind auch als alte Kultusſtätten
aufgefaßt worden. Major Oskar Schuſter, der eine
ſehr gründliche Arbeit über die deutſchen Heidenſchanzen
verfaßte, „Die alten Heidenſchanzen Deutſchlands mit
Pezieller Beſchreibung des Oberlauſitzer Schanzenſy-
ſtems', Dresden 1869, unterſcheidet zwei Klaſfen dieſer
Wälle in Deutſchland die er poſitiv für alte Befeſti-
gungsweiſen hält. Die erſte iſt von runder, halbrunder
oder ovaler Form, und zwar kommen die geſchloſſenen
Rundwälle nur in ehenen, gewöhnlich ſumpfigen Gegenden
vor. Die zweite Klaſſe von Befeſtigungen, die Langwälle,
ziehen in geraden, krummen oder gebrochenen Linien oft
ſtundenweit, namentlich in den flachen Gegenden Deutſch-
lands hin. Wurden dieſe Reſte nur aus Erde aufge-
ſchüttet, ſo gibt es auch noch Steinwälle, wie ſie ſchon von
Tacitus als Burgen beſchrieben wurden und zu denen die
Teutoburg, Asciburg, Mundraburg und Dittelburg gehör-
ten. Die Form der Steinwaͤlle iſt völlig unregelmäßig und
richtet ſich lediglich nach dem Terxain, welches den zu
ſichernden Ort umgibt. Vielfach iſt die Zuſammenge-
legenen Bauernhofes,
der auf dem Sinich-
kopf das Vieh hütete, erſchien eine ſchöne Frau in ſchnee-
weißem Gewande und lud ihn mit freundlichen Worten
ein ihr zu folgen. Sie kamen zu einem mächtigen
Thore, das er früher niemals bemerkt hatte, die Thür-
flügel öffneten ſich und ſie traten in geräumige ge-
wölbte Keller, welche mit größeren und kleineren Fäſſern
köſtlichen Weines voll gefült waren. Ringsumher lagen
an den Wänden eine Menge Truhen voll blinkenden
Goldes Dieſen Schatz, ſagte die ſchöne Frau zu dem
erſtaunten Hirten, kann nur jener Glückliche beheben,
welcher im Stande wäre, ein Fäßchen Wein auszutrinken,
ohne berauſcht zu werden. Voll Eifer und Muth ging
der Hirte ſofort an's Werk, um den Schatz zu erringen.
Aber noch Neuling in der Bewältigung edlen Reben-
ſaftes, wurde er bald taumelig, verlor die Sinne und
in ſüßem Schlummer lag er neben dem verhängnißvollen
Faſſe. Am nächſten Morgen befand er ſich in feinem
Bette, ohne zu wiſſen, wie er dahin gelangte. Lebhaft
erfüllt von den Erlebniſſen des vorigen Tages, ſuchte
der Hirte, als er wieder ſeine Heerde auf dem Sinich-
kopf zur Weide getrieben, vergebens den Eingang in
den zauberhaften Kellex. Er blieb für immer verſchwunden
und auch die liebliche Frauengeſtalt in weißem Gewande
ſah er nie wieder.
2) Knechte und Hirten vom nahen Hochplatter-Hofe
begegneten auf den mit hohen Geſträuchen und Föhren
unifriedeten ſchattigen Fußſteigen auf der unteren Ter-
raſſe des Sinichkopfes oft einſam wandelnden Mönchen.
Von erſteren mit ſcheuer Ehrfurcht angeſprochen, ver-
folgten dieſe ſtumm und ernſt, mit den Händen auf die
Trümmer des alten Schloſſes, weiſend, ihren Weg
weiter und verſchwanden plötzlich bei einer Biegung
des ſchmalen Pfades in dem Gemäuer. Niemandem
*) Ausführlihes über vorgeſchichtliche Befeſtigungen enthält das
vortreffliche Werk Friedrich von Hellwald's: „Der vorgeſchichtliche
Menſch.“ Leipzig I880. Seite 611.
M, 18.
ſo ſteht man abermals an einer aus ſtarken Blöcken
aufgeführten 1,70 m breiten, 1 m hoch erhaltenen Tro-
ckenmauex h, welche von Südweſt nach Nordoſt ſchräg
gegen die Südwaͤner der unteren Terraſſe gerichtet,
gleichfalls eine Oeffnung für den gedachten Weg läßzt
Und ſich ſüdweſtlich von derſelben 19,2 m — bis gegen
den Abſturz der Texraſſe — nordöſtlich nur 2,50 m
weit, hier ohne Abſchluß an ein natürliches Hindernißz
oder an die andere Befeſtigung endend, erſtreckt. Mit
dieſer Trockenmauer nahezu parallel und 20 m von der-
ſelben nach Süden entferut, verläuft ein noch deutlich
erkennbarer, oben 3 m breiter und eiwa 3 m hoͤher Erd-
wall i mit Graben vor und hinter dem Walle! Eine
50 m lange Steinxeihe k auf einem nordöſtlich vom
Gipfel gelegenen Hange kann ebenfalls als künſtliche,
—— dienende Aufſchichtung angeſehen
werden.
Innerhalb der Gipfelummauerung und des ſüd-
weſtlichen Thurmbanes haben mehrfach Ausgrabungen
ſtattgefunden. Drei Vertiefungen 1, je eine, wie eS
ſcheint, gemauerte in der Südoſt⸗ und Nordoſtecke der
Gipfelumhegung und eine dritte oͤſtlich neben dem Durch-
gang durch die Südmauer der unteren Terraſſe könnten
älter ſein und möglicher Weiſe von Ciſternen und der-
gleichen herrühren. Quellwaſſer findet ſich in dieſer
Umhegung keines, in der Tiefe fließt der Sinichbach.
Mitunter findet man Spuren von Brand (Verfchlack-
ungen am Mauexwerk oder einzelnen Steinen, durch
Teuer hewirkte Röthung, Bröcklichkeit ı. f. w.).! —
Jedoch ſind ſichere Anzeichen darüber, ob eine beſondere
Befeſtigung der Trockenmauern (durch zwiſchengelegtes
Holzwerk, Baumſtämme, Faſchinen) beſtanden Hat, nicht
geſehen worden; ebenſo nicht Thatumſtaͤnde, aus welchen
auf eine Veryollſtändigung des Befeſtigungswerkes durch
Holzbauten (Palliſaden, ein Gebück) deſchloffen werden
könnte. — Von den verwendeten Steinen möchten viel-
leicht mur ſehr wenige eine künſtliche Bearbeitung bezüg-
lich der Form erfah-
ren haben. —
für einſtige befeſtigte Orte, vorgeſchichtliche Denkſtätten,
die Namen: Gradife, Tabor, Skraza. Manche in Kraͤin
vorkommende Straza, Warte, Wache, reichen bis in die
Urzeit zurück.
In Suͤddeutſchland und Oeſterreich ſind für vorge-
ichichtlidhe Befeſtigungen vor allem die Namen Burg und
Burgſtall oder Buroͤſtatt bekannt (Nanke’3 Anleitung
Seite 456 und 457). Es iſt bezeichnend für den cyklo-
piſchen Bau auf dem Sinichkopf, daß der Zugang zu
dieſem nur von dem 1/,—3/, Stunden unterhalb an der
Landſtraßze gelegenen Borfe Burgſtall ſtattfinden konute
¶ Lage⸗ Plan). Etwa 10 Minuten vom Gipfel nach
Buxgſtall zu findet man wieder einzelne Mauerreſte.
Sehr wahrſcheinlich rührt der Name Burgſtall von dem
alten Eſſchloß und nicht von der Ritterburg unten, jetzt
Ruine Burgſtall, her. Auf welcher Seite man dann in
die höher gelegene Befeſtigung I am Gipfel gelaͤngte,
läßt ſich heute nicht mehr beſtimmen. Sicher verdanken
der in der unteren Terraſſe gelegene Geviertthurm £ mit
dem anſchließenden Mauerwerk, ſowie Wall und Gra-
hen i einer ſpäteren Zeit, wahrſcheinlich Mittelalter, feine
Entſtehung. Die Benennung prähiſtoriſcher Ringwall
Der Rundwall dürfte auf dieſe rätiſche Befeſtigung des
Sinichkopfes kaum anwendbar ſein, weil die Geſtalt des
Grundriſſes desſelben viereckig iſt, weßhalb wir die Be-
zeichnung vorgeſchichtlicher Sleinwall doͤer altes Schloß
vorziehen. ;
Bei den eigentlichen Ringwällen, die der Volksmund
als Heunenburgen, Burg, Birg u. ſ. w. benennt. wird
von dem verſchieden hohen und breiten Erdwall ein meiſt
ebener Keſſel umſchloſſen, der gewöhnlich über der Ebene
des angrenzenden Geländes liegt, hie und da aber auch
Vertiefungen und Erhöhungen erkennen läßt. Unter
den bekannteſten Ringwäilen nennen wir den Ringwall
auf dem Altkönig im Taunus, den Ringwall mit Vor-
wall im Hochwalde bei Otzenhauſen, den Ringwall auf
der weiten Bleiche bei Bautzen, die Ringwälle in Huns-
hörigkeit der Stein- und Erdwälle beſtritten und behaup-
tet worden, daß nur die Steinwälle germaniſchen Ur-
ſprungs wären, die Erdwälle dagegen erft Jahrhunderte
ſpäter durch die Slaven erbaut worden feien. Die Ueber-
einſtimmung in Form, Anlage und Bau iſt aber, wie
Schuſter zeigt, ſo klar, daß fie unzweifelhaft diefelben
Urheber beſitzen müſſen und nur duͤrch die Verfjchieden-
heit des Materials ſich unterſcheiden. Nach den in ihnen
gefundenen Alterthümern, Bronzegeräthen, Steinwerk-
zeugen, Thongeſchirren läßt ſich die Zeit der Erbaͤuung
jener alten Befeſtigungen mur annähernd bezeugen, näm:
lich etliche Jahrhunderte n. Chr. Auch Graͤber finden
ſich oft innerhalb der Schanzen, wie z. B. in den ger-
maniſchen Rundwällen der Oberlauſitz, wo ſie kegelför-
mige Erdhügel oft bis zu 20 m. Durchmeſſer bild u, die
eine mit Granitplatten oder Steingeſchieben eingefaßte
Kammer (Ciſte) bedeckten, in welcher Urnen mit Todlen-
aſche und allerlei Waffen und Zierrathen enthalten waren.
Bei allen uralten Befeſtigungswerken laſſen ſich ge-
meinſame Charaktere nachweiſen. Sie ſtehen gemeinhin
auf den ſteilen Abhängen der Thäler, auf hervorragenden
Felſen, die mit dem übrigen Lande nur durch einen
ſchmalen Streifen verbunden ſind. Ein breiter Graben
iſt zun Schutze gegen die Anſtürmenden angelegt, und
das Lager ſelbſt iſt mit einer mächtigen Steinmauer
umgeben. Endlich liegt hier ein Stein auf dem andern;
Moͤrtel oder Zement kannte man in jener Zeit noch
nicht. Machte der Feind einen Angriff auf eine ſoiche
von Wurfgeſchoſſen und Steinen, die e der Mauer cut-
nahmen, guf die Anſtürmenden, ſo daß alſo die Mauer
zugleich als Vertheidigungs⸗ und Angriffsmittel diente.*).
Allt Diere Wallanlagen meinte man früher als
militäriſche Befeſtigungen auffaſſen zu dürfen, alz Zu-
fluchtsorte, wohin die Bewohner der Umgebung bei
Herannahen des Feindes flüchten konnten. Da uns
die Anlage des Sinichkopfes für dieſe Zwecke allein zu
klein erſcheint (der Um-
fang des Hügels, auf
Bei der Beur-
theilung dieſer ohne
Zweifel alten Befe-
ſtigungen iſt vor
allem die Frage von
Wichtigkeit, ob ſie
aus Römerzeit ſtam-
men oder bor⸗ oder
nachrömiſch ſind. Die
Römer berichten uns
über die Alpenvölker,
daß ſie viele Burgen
und Städte innege-
habt haben, mehrere
wie z. B. Brigan-
tium (Bregenz), Cam-
bodunum Kempten)
und Damaſia in Vin-
delicien, Tridentum
in Rätien werden na-
mentlich genannt.*)
Man dürfte kaum
irre gehen mit der
Annahme, daß wir
e& in unſerem Falle
mit einem vorrömi-
ſchen (vorgeſchichtli-
chen) Steinwalle, einer
rätiſchen Befeſtigung
auf dem Sinichkopfe
zu thun haben.
Horaz verherrlicht
die Siege des Druſus
in den Alpenländern
durch den Vers: „Ar-
ces Alpibus tremen-
dis impositas dejecit
acer“, (Sieh die zer-
fallenen Veſten auf
dräuenden Gipfeln der
Alpen! Druſus der
feurige Held brach in
II
dem das Hauptwerk,
der Steinwall I, ſteht,
7 444 5
nur Schritte), {o-
NORD * 1 jit. 26 {Cholih. o
nicht außerdem und in
erſter Linie als Kul-
tusſtätte gedient ha-
ben mochte, als Sitz
der Götter und des
Geſammtvolkes Feſt-
ort, wo ſich die Be-
völkerung des Gaues
zu Opfer und Volks-
gemeinde verſammelte.
Aehnlich wie in den
Türkenkriegen die
Friedhöfe wegen ihrer
Mauern eine Zu-
fluchtsſtätte gebildet
haben, ſo könnte auch
hier eine uralte Kul-
tusſtätte erblickt wer-
OST
den, welche bei heran-
nahender Gefahr zu-
gleich als zeitweiliger
Zufluchtsort diente.
Jedenfalls iſt das alte
Giſchloß auf dem Si-
nichkopfe ſe der
allerintereſſanteſten
m tiefer als Punkt B. Denkmäler unfjeres
A/ / B Defrägt ca 35 m. Landes, das wohl ver-
dient, mehr beachtet zu
werden, als es bisher
der Fall war.
An dieſe denkwür-
dige Stätte knüpfen
ſich folgende Sagen:
1) Einem jungen
60 ſchmucken Hirten ei-
—7
Leter. nes im Freiberg ge-
Trümmer Sie All.)
Vielleicht bezwang
Druſus bei ſeinem ſtegreichen Vorrücken gegen das Land
der Venoſten 15 v. Chx. auch dieſe Wallburg. — Die
bisher ausgegrabenen Funde, ſo geringfügig und unbe-
deutend ſie ſind, müſſen doch als vorrömiſch gedeutet
werden. So fand Dr. Tappeiner (ſ. deſſen Studien
zur Anthropologie Tirols und der sette Comuni Seite
12 Innsbruck 1883) in einer ſchwarzen kohligen Erd-
ſchichte viele Topfſcherben, größtentheils roh aus freier
Hand gearbeitet, einen Scherben eines Broncegefäßzes,
eine fauſtgroße Porphyrkugel, einen Keibſtein, Thier-
knochen u. dgl. Herr Frankfurth aus Philadelphia fand
im Jahre 1890 Scherben, mit ſchönen Verzierungen lein-
geritzten Bändern und Punktirungen) verſehen. Eine
Scherbe war mit einem Buckel verſehen und mag einem
Buckelgefäß angehört haben, wie ſolche angeblich in den
Terramaren Oberitaliens gefunden werden.
Meine, freilih nur flüchtig untexnommenen Grab-
ungsverſuche 1890/91 förderten eine Menge von Thier-
knochen, Reſte von ſchwarzen Thongeſchirren mit Bei-
miſchung von Quarzſand und Graphit, einzelne verziert,
und rothe, ſchwach gebrannte, aus der Hand gearbeitete,
unzweifelhaft alte Thonſcherben zu Tage, deren Alter
ſich aber nach dem Ausſpruche des Herrn Oberſt von
Tohauſen in Wiesbaden nicht genau beſtimmen läßt.
Die oberen Schichten enthielten auch Gefäßſcherben mit
Drehſcheibenrundung und gleichmäßiger Technik.
Nicht unwichtig iſt auch der vom Volke beigelegte
Name: altes G'ſchloß, das in Uebereinſtimmung ſteht
mit den Bezeichnungen in der Schweiz. Stehen dort
Ruinen auf Anhöhen, iſt das Mauerwerk von aͤuffallen-
der Stärke und Ausdehnung, ſo heißen ſie Burg und
Schloß, oder vielmehr in Diminutivform Burgli,
Schlößli, zuweilen auch Caſtell. Die Slaven wählken
*) Vergl: die ſehr überſtchtliche Anleitung zu anthropologiſch-
vorgeſchichtlichen Beobachtungen von Zohannes Rankte! Leipzig.
Seite 366.
rück im Idarthale, die Quadenfeſtung Stillfried an der
March die Heidenmauer auf dem Odilienberge u. A.
Manche Aehnlichkeit mit unſerm Steinwalle auf dem
Sinichkopf zeigen auch die im kunſthiſtoriſchen Atlas der
f. k. ZentralKommiſſton abgebildeten Wallbauten, Wall-
hungen, in Ober- und Niederöſterreich, Krain, Böhmen,
ſo namentlich in letzterent Lande die Wallburg „Na
hradu“ bei Litoradlic nächſt Frauenberg. Der Burgſtall
Waldeck bei Taufkirchen in Oberöſterreich wird auch
„G'ſchloß in der Schnelzen“ genannt.
Bei den meiſten der erwähnten iſt die Kreisform,
Ovalform, Halbmondform die haͤufigſte! Ein beſonderes
Verdienſt um die Unterſuchung der Erd- und Steinwälle
hat ſich Virchow erworben, der genau zwiſchen den Erd-
wällen und den Brand- oder Schlackenwällen oder Glas-
burgen (vitriſied forts) unterſcheidet, wie ſie in Schott-
land genannt werden. Dieſe letzteren liegen meiſtens
auf Bergkuppen und ſind auch als alte Kultusſtätten
aufgefaßt worden. Major Oskar Schuſter, der eine
ſehr gründliche Arbeit über die deutſchen Heidenſchanzen
verfaßte, „Die alten Heidenſchanzen Deutſchlands mit
Pezieller Beſchreibung des Oberlauſitzer Schanzenſy-
ſtems', Dresden 1869, unterſcheidet zwei Klaſfen dieſer
Wälle in Deutſchland die er poſitiv für alte Befeſti-
gungsweiſen hält. Die erſte iſt von runder, halbrunder
oder ovaler Form, und zwar kommen die geſchloſſenen
Rundwälle nur in ehenen, gewöhnlich ſumpfigen Gegenden
vor. Die zweite Klaſſe von Befeſtigungen, die Langwälle,
ziehen in geraden, krummen oder gebrochenen Linien oft
ſtundenweit, namentlich in den flachen Gegenden Deutſch-
lands hin. Wurden dieſe Reſte nur aus Erde aufge-
ſchüttet, ſo gibt es auch noch Steinwälle, wie ſie ſchon von
Tacitus als Burgen beſchrieben wurden und zu denen die
Teutoburg, Asciburg, Mundraburg und Dittelburg gehör-
ten. Die Form der Steinwaͤlle iſt völlig unregelmäßig und
richtet ſich lediglich nach dem Terxain, welches den zu
ſichernden Ort umgibt. Vielfach iſt die Zuſammenge-
legenen Bauernhofes,
der auf dem Sinich-
kopf das Vieh hütete, erſchien eine ſchöne Frau in ſchnee-
weißem Gewande und lud ihn mit freundlichen Worten
ein ihr zu folgen. Sie kamen zu einem mächtigen
Thore, das er früher niemals bemerkt hatte, die Thür-
flügel öffneten ſich und ſie traten in geräumige ge-
wölbte Keller, welche mit größeren und kleineren Fäſſern
köſtlichen Weines voll gefült waren. Ringsumher lagen
an den Wänden eine Menge Truhen voll blinkenden
Goldes Dieſen Schatz, ſagte die ſchöne Frau zu dem
erſtaunten Hirten, kann nur jener Glückliche beheben,
welcher im Stande wäre, ein Fäßchen Wein auszutrinken,
ohne berauſcht zu werden. Voll Eifer und Muth ging
der Hirte ſofort an's Werk, um den Schatz zu erringen.
Aber noch Neuling in der Bewältigung edlen Reben-
ſaftes, wurde er bald taumelig, verlor die Sinne und
in ſüßem Schlummer lag er neben dem verhängnißvollen
Faſſe. Am nächſten Morgen befand er ſich in feinem
Bette, ohne zu wiſſen, wie er dahin gelangte. Lebhaft
erfüllt von den Erlebniſſen des vorigen Tages, ſuchte
der Hirte, als er wieder ſeine Heerde auf dem Sinich-
kopf zur Weide getrieben, vergebens den Eingang in
den zauberhaften Kellex. Er blieb für immer verſchwunden
und auch die liebliche Frauengeſtalt in weißem Gewande
ſah er nie wieder.
2) Knechte und Hirten vom nahen Hochplatter-Hofe
begegneten auf den mit hohen Geſträuchen und Föhren
unifriedeten ſchattigen Fußſteigen auf der unteren Ter-
raſſe des Sinichkopfes oft einſam wandelnden Mönchen.
Von erſteren mit ſcheuer Ehrfurcht angeſprochen, ver-
folgten dieſe ſtumm und ernſt, mit den Händen auf die
Trümmer des alten Schloſſes, weiſend, ihren Weg
weiter und verſchwanden plötzlich bei einer Biegung
des ſchmalen Pfades in dem Gemäuer. Niemandem
*) Ausführlihes über vorgeſchichtliche Befeſtigungen enthält das
vortreffliche Werk Friedrich von Hellwald's: „Der vorgeſchichtliche
Menſch.“ Leipzig I880. Seite 611.