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Antiquitäten-Zeitung — 3.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.61393#0425
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l




Auflage 3000.


4 M

Verbürgte

Auflage 3000.

Goldene Medaille


Stuttgart 1557
Münden 1895. —

Abonnement:
Deutſchland u. Oeſterreich A 2.50
vierteljährlich, Ausland M 3.—.

Nr. 46.

Stuttgart, 13. November 1895.

Erſcheint wöchentlich.)

Auzeigen:
Die Nonpareilezeile oder deren
Raum 20 Pfg., Auktionen 30 Pfs.

3, Jahrgang.

Die Papua-Inſulauer.
Ethnologiſche Skizze.
Ebbildung neben).
Nachdruck verboten.)
— —

Ein eigenartiges Völtchen, das ſich bis auf den
heutigen Tag in ſeiner natürlichen Urſprünglichkeit er-
halten hat und unzugänglich und ſtolz an den alten
Gebräuchen und über-
lieferten Anſchauun-
gen feſthält, ſind die
Papud. Sie bevöl-
kern von Neuguinea
bis herab zu den
neukaledoniſchen und
Fidſchi-Inſeln den
ganzen Archivel, der

der Dzea =



ſchenraſſ

und Gebrechliche, liegen Hinterliſt, Jähzorn und Ehr-
loſigkeit in der Sinnesart des Papua. Eine der
ſchlimmſten Eigenſchaften dieſer Inſelbewohner iſt ihr
Hang zur Menſchenfreſſerei, der, wenn auch in Abnahme
begriffen, doch noch da und dort, wie namentlich bei
den Bewohnern Neu-Irlands, der Salomoninſeln und
der Louiſiaden, ſeine Opſer fordert.

Die geiſtigen Fähigkeiten der Papua ſtehen durch-
aus nicht auf ſolch' niedriger Stufe, als man lange
glaubte, was beim näheren Bekanntwerden mit ihren
Sitten und Gebräuchen immer deutlicher ſich offenbart.

Piroge, Fahrzeug der Papua-SInſulaner. (Tert oben.)

Ihre angeborene Liebe zur Schmückung des Köxpers
hat ſie in der Anfertigung von Schmuckgegenſtänden
eine erſtaunliche Kunſtfertigkeit erreichen iaſſen. Sie
wiſſen mit ihren einfachen Stein- und Muſchelwerk-
zeugen aus Holz, Knochen und Muſcheln Dinge zu
Ichaffen, die dem Kunſthandwerker eines Kulturlandes
keine Unehre machen würden. Ja, dieſe Geſchicklichkeit,
die von unläugbarem Geſchmack geleitet wird, exſchöpft
ſich nicht an den Gegenſtänden des Tandes. Dieſelbe
iſt dem Papua ſo lieb geworden, daß er ſie ſogar allen
ſeinen Gebrauchsgegenſtänden zu gute kommen läßt.

Ueberall an den Geräthen, deren er im Haushalt, im
Krieg, bei der Jagd, beim Fiſchfang und bei der Schiff-
fahrt bedarf, zeigen ſich die Spuxen ſeiner kunſtfertigen
Hand in den mannigfachſten und zierlichſten Schnitze-
reien, in handlicher, hübſcher Formuͤng, in bunter Ma-
lerei. Letztere wird auch zur Verſchönerung des Körpers
verwendet, welcher bei der durch das tröpiſche Klima
gerechtfertigten äußerſt ſparſamen Bekleidung hinläng-
lichen Raum zur Entfaltung dieſer Kunſt bietet, und
gertritt die bei andexen wilden Völkern gebräuchliche
Tättowirung. So überflüſſig ſolche Kunſtleitung fein
mag, ſie bezeugt doch
das Vorhandenſein
von Kunſtſinn, der,
wenn er ſich auch in
einer mit unſeren
Schönheitsbegriffen
nicht gerade zu ver-
einbarenden Weiſe
entfaltet, doch immer-
hin eine thatkräftige
Regung geiſtiger Faͤ⸗
higkeiten verräih. Daß
im Kopfe dieſer Wil-
den zum Theil auch
ſinnreiche und prakti-
ſche Gedanken ent-
ſpringen, beweiſt
manches Werk ihrer
Hand.

Die Lage ſeines
Heimathlandes hat
den Papua darauf
hingewieſen, ſich das
Meer dienſtbar zu
machen. Die See iſt
es, welche der Inſel-
bewohner überwinden
muß, um mit den
Nachbarſtämmen zu
verkehren, die See iſt
ſeine ergiebigſte Vor-
rathskammer, ſeine
Nährmutter. Der
Papua verſteht ſich
darauf, ihren Werth
auszunützen.

Aus dem geſchickt
verarbeiteten Hanf
und aus den langen

Faſern dex Kokosnuß bereitet er Netze; Reuſen flicht
er aus elaſtiſchen Weidengerten und ftellt ſie im Meere
an geeignetem Orte. Größe und kleine Boote höhlt er
aus Baumſtämmen, ſeine ganze Meiſterſchaft aber ent-
faltet er im Bau und in der Ausſtattung des größeren
Schiffes, der Piroge. Dieſe Birogen , die 15—30 BPer-
ſonen faſſen, ſind eigenthümliche Fahrzeuge. Der Kiel
iſt aus einem einzigen Stück Holz von oft beträchtlicher
Länge gefertigt. Die Seitenwaͤnde beſtehen aus ſtarken
Brettern, die, meiſt aus dem Holze des Brodbaums
hergeſtellt, mit Kokosfaſern unter ſich verknüpft und
 
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