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E E
Verbürgte
Auflage 3000.
— Z
2
Verſteigerungen und Alterthumskunde.
Stutſgart 1894.
Abonnement:
Deutſchland u. Defterreih A 2.50
vierteljahrlich, Ausland M 3.—.
Nr. 32.
Stuttgart, 7, Auguſt 1895,
Erſche int wöchentlich.)
Auzeigen:
Die Nonpareilezeile oder deren
3. Jahrgang.
Die Bronee⸗Luren im National-
Muſeum zu Kopenhagen.
Zu den größten Seltenheiten der berühmten da-
niſchen Sammlung nordiſcher Alterthümer gehört neben
den werthvollen Silber- und Goldfunden der Vorzeit
die aus 16 Exemplaren
beſtehende Sammlung
von Poſaunen aus der
Zeit des jüngeren
Broncealters, alſo aus
der Zeit von ca. 800
Jahren vor Chriſti
Geburt. Dieſe Poſau-
nen, von denen 10 un-
verſehrt ſind und einen
wahren Schatz des Mu-
ſeums bilden, wurden
alle in Dänemark ge-
funden. Dieſelben ge-
hören zu den älteſten
muſikaliſchen Inſtru-
menten, welche man
kennt. Verſchiedene Ar-
chäologen halten die-
ſelben ſogar noch für
älter als ſie angeben,
für Zeitgenoſſen König
David's und König
Salomon's und ſtellen
dieſelben den Poſaunen
gleich, welche ZJericho
zu Falle brachten.
Zedenfalls ſind die
däniſchen Poſaunen?
bis 3000 Jahre alt
und nur Funden zu
vergleichen, welche in
geringerer Anzahl in
Schweden und in Meck-
lenburg gemacht wor-
den ſind. Daß dieſel-
ben, unberührt vom
Zahne der Zeit, in
Jahrtaufenden haben
bewahrt werden können,
wäre ein Wunder,
wenn man nicht wüßte,
daß das Mooxwaſſer, _
in welchem dieſelben auf Seeland, in Jütland und auf
den Inſeln Fühnen und Langeland gefunden worden
ſind, konſervixende Kraft hat. Neber die Frage der da-
maligen Bevoͤlkerung Zänemarks ſtreiten die Gelehrten
ſich. Die Bölker des Broncealter3 waren vielleicht nicht
die Vorväter des jetzigen Dänenvolkes, ſondern gehörten
zu einem Stamme, der von germaniſch⸗gothiſchen Volls-
ſtämmen im ſog. eiſernen Zeitalter verdrängt wurde
Wie dem auch ſei, die Geſchichte der Muſik des Alter-
im Gebiete des damaligen däniſchen Reiches angefertigt
worden ſind. Foͤtis behauptet, daß die Kunſt der Ac-
corde und Harmonie, welche der Kultur des klaſſiſchen
Alterthums unbekannt war, bei den Skandinaben ent-
ſtanden ſei und ſich durch die Züge der Wiking nach
dem Süden entwickelt hahe. Wie unficher auch dieſe
Hypotheſe ſein mag, ſo wiſſen wir doch, daß die ſkan-
dinayiſchen Völker des Broncealters von mehrſtimmiger
(Terxt Seite 252.)
Muſik Kenntniß hatten. Von muſikaliſchen Inſtrumen-
ten des Alterthums bezeichnete man von jeher die ägyp-
tiſchen Flöten aus Schilf als die älteſten. Dieſelben
ſind aber zu ſpröde und zerbrechlich, um mit ihnen mu-
ſikaliſche Verſuche anſtellen zu können. Die Behaup-
tungen V. Loret's in der Revue aſiatique fußen auf
Unterſuchungen von Nachahmungen dieſer Flöten, wäh-
rend die Poſaunen des däniſchen Nationalmuſeums Ori-
ginale ſind, deren ſchadhafte Stellen von kunſtfertiger
Hand zugelöthet worden ſind. Eine andere Frage iſt
die der Beſchaffenheit dieſer Funde. Wurden dieſelben
in den Torfmooren niedergelegt, um ſie vor feindlichen
Eindringlingen zu bewahren oder ſtehen wir vor ſog.
„Votipfunden,“ die als Opfergaben den erzürnten Göttern
geweiht wurden?
Ihrer äußeren Form nach ſind die altnordiſchen
Poſaunen eine Nachahmung von Stierhörnern, welche
man bekanntlich zu muſikaliſchen Zwecken verwendete,
ehe man zum Holz und
zu Metallen überging.
Die Länge dieſer Po-
ſaunen iſt verſchieden.
Die größten meſſen
2,38 Meter, die klein-
ſten 1,50 Meter. Sie
ſind in Bronce ſtück-
weiſe gegoſſen, und
dieſe Stücke mit gezack-
ten Rändern, welche in
einander greifen, ſind
darauf kunſtvoll zuſam-
mengehämmert. Die
Röhren haben eine
Dicke von nur 1—11%
Millimeter und ſind ſo
dünn, daß man in der
Jetztzeit ſich bedenken
würde, muſikaliſche In-
ſtrumente aus ſo dün-
nem Metall anzuferti-
gen. Wo die Röhre
endet, mündet dieſelbe
in eine runde Platte
mit verſchiedenen Ver-
zierungen Schild-
buckeln u. ſ. w.) aus.
Kleine loſe Metallplat-
ten verzieren die ſchmale
Mündung anſtatt der
ſpäteren Zeugquaſten,
von denenman übrigens
auch Reſte an einzel-
nen Poſaunen entdeckt
hat.
Die Form der Röhre
iſt eine koniſche, mit
einem Durchſchnitt von
5 mm am Mundſtück
bis 50—70mm am dicke-
ren Ende. Die innere
Fläche der Poſaune
iſt platt. Erſtaunlich iſt übrigens, wie dieſe, nicht die
langgeſtreckte gerade Röhre einer römiſchen Tuba, ſon-
dern die in eleganten Windungen hervortretende Form
der Röhre mit vollſtändig gleichmäßiger koniſcher Ge-
ſtalt im Alterthum hat gegoſſen werden konnen. Ihr
Bau zeugt von einer ſtarl entwickelten Technik und klarem
muſikaliſchen Verſtändniß des Werthes der koniſchen
Form und der Glätte der inneren Wand. Die Größe
und Genauigkeit der Dimenſionen dieſer Röhre bedingen
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Verbürgte
Auflage 3000.
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2
Verſteigerungen und Alterthumskunde.
Stutſgart 1894.
Abonnement:
Deutſchland u. Defterreih A 2.50
vierteljahrlich, Ausland M 3.—.
Nr. 32.
Stuttgart, 7, Auguſt 1895,
Erſche int wöchentlich.)
Auzeigen:
Die Nonpareilezeile oder deren
3. Jahrgang.
Die Bronee⸗Luren im National-
Muſeum zu Kopenhagen.
Zu den größten Seltenheiten der berühmten da-
niſchen Sammlung nordiſcher Alterthümer gehört neben
den werthvollen Silber- und Goldfunden der Vorzeit
die aus 16 Exemplaren
beſtehende Sammlung
von Poſaunen aus der
Zeit des jüngeren
Broncealters, alſo aus
der Zeit von ca. 800
Jahren vor Chriſti
Geburt. Dieſe Poſau-
nen, von denen 10 un-
verſehrt ſind und einen
wahren Schatz des Mu-
ſeums bilden, wurden
alle in Dänemark ge-
funden. Dieſelben ge-
hören zu den älteſten
muſikaliſchen Inſtru-
menten, welche man
kennt. Verſchiedene Ar-
chäologen halten die-
ſelben ſogar noch für
älter als ſie angeben,
für Zeitgenoſſen König
David's und König
Salomon's und ſtellen
dieſelben den Poſaunen
gleich, welche ZJericho
zu Falle brachten.
Zedenfalls ſind die
däniſchen Poſaunen?
bis 3000 Jahre alt
und nur Funden zu
vergleichen, welche in
geringerer Anzahl in
Schweden und in Meck-
lenburg gemacht wor-
den ſind. Daß dieſel-
ben, unberührt vom
Zahne der Zeit, in
Jahrtaufenden haben
bewahrt werden können,
wäre ein Wunder,
wenn man nicht wüßte,
daß das Mooxwaſſer, _
in welchem dieſelben auf Seeland, in Jütland und auf
den Inſeln Fühnen und Langeland gefunden worden
ſind, konſervixende Kraft hat. Neber die Frage der da-
maligen Bevoͤlkerung Zänemarks ſtreiten die Gelehrten
ſich. Die Bölker des Broncealter3 waren vielleicht nicht
die Vorväter des jetzigen Dänenvolkes, ſondern gehörten
zu einem Stamme, der von germaniſch⸗gothiſchen Volls-
ſtämmen im ſog. eiſernen Zeitalter verdrängt wurde
Wie dem auch ſei, die Geſchichte der Muſik des Alter-
im Gebiete des damaligen däniſchen Reiches angefertigt
worden ſind. Foͤtis behauptet, daß die Kunſt der Ac-
corde und Harmonie, welche der Kultur des klaſſiſchen
Alterthums unbekannt war, bei den Skandinaben ent-
ſtanden ſei und ſich durch die Züge der Wiking nach
dem Süden entwickelt hahe. Wie unficher auch dieſe
Hypotheſe ſein mag, ſo wiſſen wir doch, daß die ſkan-
dinayiſchen Völker des Broncealters von mehrſtimmiger
(Terxt Seite 252.)
Muſik Kenntniß hatten. Von muſikaliſchen Inſtrumen-
ten des Alterthums bezeichnete man von jeher die ägyp-
tiſchen Flöten aus Schilf als die älteſten. Dieſelben
ſind aber zu ſpröde und zerbrechlich, um mit ihnen mu-
ſikaliſche Verſuche anſtellen zu können. Die Behaup-
tungen V. Loret's in der Revue aſiatique fußen auf
Unterſuchungen von Nachahmungen dieſer Flöten, wäh-
rend die Poſaunen des däniſchen Nationalmuſeums Ori-
ginale ſind, deren ſchadhafte Stellen von kunſtfertiger
Hand zugelöthet worden ſind. Eine andere Frage iſt
die der Beſchaffenheit dieſer Funde. Wurden dieſelben
in den Torfmooren niedergelegt, um ſie vor feindlichen
Eindringlingen zu bewahren oder ſtehen wir vor ſog.
„Votipfunden,“ die als Opfergaben den erzürnten Göttern
geweiht wurden?
Ihrer äußeren Form nach ſind die altnordiſchen
Poſaunen eine Nachahmung von Stierhörnern, welche
man bekanntlich zu muſikaliſchen Zwecken verwendete,
ehe man zum Holz und
zu Metallen überging.
Die Länge dieſer Po-
ſaunen iſt verſchieden.
Die größten meſſen
2,38 Meter, die klein-
ſten 1,50 Meter. Sie
ſind in Bronce ſtück-
weiſe gegoſſen, und
dieſe Stücke mit gezack-
ten Rändern, welche in
einander greifen, ſind
darauf kunſtvoll zuſam-
mengehämmert. Die
Röhren haben eine
Dicke von nur 1—11%
Millimeter und ſind ſo
dünn, daß man in der
Jetztzeit ſich bedenken
würde, muſikaliſche In-
ſtrumente aus ſo dün-
nem Metall anzuferti-
gen. Wo die Röhre
endet, mündet dieſelbe
in eine runde Platte
mit verſchiedenen Ver-
zierungen Schild-
buckeln u. ſ. w.) aus.
Kleine loſe Metallplat-
ten verzieren die ſchmale
Mündung anſtatt der
ſpäteren Zeugquaſten,
von denenman übrigens
auch Reſte an einzel-
nen Poſaunen entdeckt
hat.
Die Form der Röhre
iſt eine koniſche, mit
einem Durchſchnitt von
5 mm am Mundſtück
bis 50—70mm am dicke-
ren Ende. Die innere
Fläche der Poſaune
iſt platt. Erſtaunlich iſt übrigens, wie dieſe, nicht die
langgeſtreckte gerade Röhre einer römiſchen Tuba, ſon-
dern die in eleganten Windungen hervortretende Form
der Röhre mit vollſtändig gleichmäßiger koniſcher Ge-
ſtalt im Alterthum hat gegoſſen werden konnen. Ihr
Bau zeugt von einer ſtarl entwickelten Technik und klarem
muſikaliſchen Verſtändniß des Werthes der koniſchen
Form und der Glätte der inneren Wand. Die Größe
und Genauigkeit der Dimenſionen dieſer Röhre bedingen