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Antiquitäten-Zeitung — 3.1895

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Nr. 34 (21. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61393#0269
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VBerbürgte

Auflage 3000.



(

1

I

Il
*

Verſteigerungen und Alterthumskunde.









Stutſgart 1894.

Abonnement:

Nr. 34.

vierteljahrlich,


Stuttgart, 21. Auguſt 1895, -

Erſcheint wöchentlich.)

Auzeigen:
Die 2—— oder deren 3. Jahrgang.

Raum 20 RPfg., Auttionen 30 Pfg

Das alte Stanuuhaus
und Bergſchloß Württeniberg.

Nachdruck verboten.)

In einem alten Buche, betitelt: „Das Erneuerte
Alterthum, Oder Curieuſe Beſchreibung Einiger vor-
mahls berühmten, theils verwüſteten und zerſtörten, theils
aber wieder neu auferbaueten Ber g-⸗Schlöſſer In
Teutſchland, aus glaubwürdigen HISTORICIS und
GEOGRAPHIS mit vielen denckwuͤrdigen Antiqvitäten
vorgeftellet, Und nebft zweyen Regiſtern auZgefertiget Bon
MELISSANTES. Franckfurth und Leipzig, In Verlegung
Joh. Chriſt. Stöſſels ſel. Erben in Erffurt, 1713,“ finden
wir folgende intereſſante Stele: „Das alte Stamm-:
hauß und Berg-Schloß Würtenberg.
Eine halbe Meile von Stuttgard der Haupt⸗ und
Reſidentz⸗Stadt des Hertzogs bon Würtenberg,
liegt bey Canſtadt an dem Necker⸗Fluffe das alte
Stamm-Hanß und Berg Schloß Würtenherg,
welches dem gantzen Hertzogthume den Namen
ertheilet hat.

Etliche muthmaſſen dieſe Benennung ſey da-
her entſprungen, weil deſſen Erbauer ein Alle-
Nanniſcher Fürſte, Würthem geweſen, deffen
Berg es denn genennet worden. Die Alleman-
nier waren aber gewiſſe tapffere Völcker zwiſchen
dem Rhein, Nayn und der Donau, und gränge:
ten an die Teutſchen an. Ihre Begierde nach
fremden Ländern verurfachete, daß fie ſich nach
und nach mit denen Teutfchen vermiſcheten, und
ihren Namen der gantzen keutſchen Nation bey-
legten. Geſtallt denn die Frankofen, Spyanier
und Italiäner unſere Teutſchen nicht anderes al8
Allemanns nennen.

Andexe erzehlen, König Dagobertus in Franck-
reich habe einen vornehmen Herren an ſeinem
Hofe, Emmerich genannt, auf fein Begehren
einen luſtigen Berg in Allemannien über
dem darbeh liegenden Wald und Gefielde, mit
dieſen Worien: d ir wird derBerg geſchencket;
worauf hernachmahls Emmerich ein feſtes Schloß
gebauet, und es naͤch des Königs Worten, Würten-
berg genennet.

Beatus Ehenanus und Luzius geben dieſem Schloſſe
den Nahmen von denen alten Schwaͤbiſchen Yölfern Vir-


Berge groſſe Wirthſchafft getrieben, und davon ſey der
Nahme entſtanden.

Noch welche meynen, es ſey das Wort Würtenber g
au3 einer lateiniſche Neberfjchriffit: VI. VIR. TIBERTI.
C. weldhe bedeutet haben SEX., VIRI. TIBERIL CAST-
RUM durch ungeſchickte Zuſammenſetzung Vivuͤrti berie
exwachſen, daven wir weiter nicht dispudiren wollen.
Ein jeder erwehle ſich die heſte Meynung.

Im III. Seculo gehörie das Schloß Würtenberg
Friderico Lusco Hertzogen in Schwaben, Käyſer Conradi
III. Bruder, welcher Heinrici superbi oder X, in Bäy-

ern Schweſter Judith zur Gemahlin hatte. Dieſer Heinri-”
cus X, Hertzog von Bäyern that feinem Schwager allen
Verdruß an und verließ ſich darauf, daß er Kaͤyſer Lo-
arii II. Tochter Gertraut zu einer Gemahlin
hatte Daraus erfolgete endlich eine groffe Uneinigkeit
und Landperderhlicher Krieg, welcher letztens auf Seiten
Heinriei ſehr übel abgelauffen.

In dieſem Kriege eroberte Hertzog Heinrich in Bäyern
das feſte Berg⸗Schloß Würtenber qg und ließ es erſt-
lich aushrennen, hernaͤch auch vollends niederreiſſen. Nach
dieſem baueten es die folgenden Hertzoge in Schwaben
wieder auf, und die Grafen von Würtenberg hielten es
allezeit im völligen baulichen Weſen, biß Käyſer Adolph
von Naſſau, und folgends Käyſer Heinrich der Siebende
daſſelbe abermahls belagerten und verwüſteten.

Der letztere lieſſe ſolches durch feincn Stadthalter
nicht nur zerſtöhren, ſondern auch alle vorhandene Mo-
numenta und Nachrichten zernichten.

Weil aber der Berg einmahl zu einer Berg⸗Feſtung

— 1 —

3 M


Straßen-Cingang, durch Ketten vertheidigt. (Tert Seite 268.)

aptiret war, ſo baueten die Hertzoge von Würtenberg
dieſes Stanun⸗Hauß abermaͤhls auf und ſetzten ſelbiges
in guten Stand darinne es auch biß in das Jahr 1519.
geblieben. In dieſem Jahre geriethen Hertzog Ulricus
zu Würtenherg mit dem Schwabiſchen B unde in einen
Krieg, welchen er nicht ausfuͤhren konnte, ob er gleich
15000 Schweitzer vor fein Geld angeworben hatte. Denn
der Schwäbiſche Bund war beh denen Schweitzern in
ſolchen Anſehen, daß ſie auf deffen Anhalten ihre Mann-
ſchafft zurücke beruffeten, und den Hertzog verlieſſen.
So bald dieſes geſchahe fiel der Schwäbiſche
Bund in das Würtenberger-Land ein, und rasirete
alle Berg-Schlöffer, nebſt Würtenberg, nöthigte
auch den Hertzog aus dem Lande zu weichen, in welches
er nicht wieder eingeſetzet wurde biß ſich Franciscus I.
Lönig in Frankreich und Philippus Magnanimus {einer
annahmen und durch Hülffe einer Arme von 30000
Mann mit Macht restituirten. Von dieſer Zeit an iſt

das Stamm⸗Hauß Würtenberg wüſte blieben,
zu Tage wenig Rudera mehr übrig ſind
Dieſer Krieg hatte von einer geringen Sache den
Anfang genommen. Ein Scütze Hertzogs Ulrici war zu
Reutlingen mit trunckenen Bürgern in acktion gerathen
und daxinne erſchlagen worden. Darauf forderte der

daß heute


nicht ausgehändigt wurde, ſo bemächtigte er ſich der
Stadt Reutlingen und febte einen Voigt dahin.
E nahm ſich aber der SHwähilhe Bund der
Stadt Reutlingen mit ſolchem Ernſt an, daß der
Hertzog bald auf ganz andere Gedanken kam. _ Sie ver-
kaufften ſeyn ganzes erobertes Land Anno 1520. Käyſer
Larolo dem Fünfften gegen Erlegung der aufgewendeten
Koſten, welcher es feinem Bruͤder Ferdinando dem Erſten
übergab, und erlaubete daß er folches biß in das 15.
Jahr durch einen Oeſterreichiſchen Stadthalter regieren
lieſſe, Im Jahre 1535 hatte endlich Hertzog Ulrieus
das Glück, nachdem der Schwaäbifche B un d bereitz
vor etlichen Jahren aufgehöret, fein Laͤnd wieder
zu krobern, und dem Oeſterreichifchen Stadthalter
Philippum, Pfalsgrafen beym Rhein, bey Lauffen
aus dem Felde zu ſchlagen, welcher das Würten-
berger⸗Land wider Hertzog Ulrici Aliirten zu be-
haupten ſich aufs äuſerſtẽ bemühere
* Der ſo genannte Schwäbifche Bund,
von welchen hier iſt gedacht worden, nahm Anno
1488, unter der Regierung Käyſer Friedrichs des
Dritten ſeinen Anfaͤng und wuͤrde anfangs die
Heſellſchafft von St. Georgũ Schild,
hernach aber insgemein der Schwäbiſche
Bun d gennenet, weil mehrentheils die Schwä-
bifchen Keichs-Staͤdte und etliche Stände des
Reiches an deren Graͤntzen denfelbigen aufgerichtet,
Um denen ſehr ſchädlichen Straſfen⸗Rauͤbereyen
Einhalt zu thun, und zu verhindern, daß die
mächtigen Fürſten die ſchwachen Städte nicht un-
terdrücken möchten.

Endlich niachten ſie mit Genehmhaltung des
Fayſers eine Anlage zu Unterhaltung einer ziem-
lichen Armeé, mit welcher fie die die Raub:
Schlöſſer zerſtöhren wolten, worausdie
Straſſen unficher, und die Reichs:Städte incom:

modiret vinden So bald ſie alles in Richtigteit ge-
ſeset hatten, daß ſie meyneten Nachdruck zu haben denen
Gegnern gewachfen zu feyn, ſo griffen fie einen Platz
nach dem andern an, und zerſtöhreten in kurtzer Zeit
mehr als hundert und vierzig Raub-Schlö ſfer
und Oerter, welche ihren Feinden den Auffenthalt ge-
geben. Dieſer Bund haͤt gantzer 45. Jahr, nemlich voͤn
Anno 1488, biß 1533. gedauret und ſich ſo mächtig ge-
macht, daß hernach allẽ Strittigkeiten vor ihren drey
Richtern mußten ausgemaͤcht werden, welche vorhero
durch das Fau ſt⸗Recht gehoben wurden. Das Land
theileten fie in Gegenden, das erſte am Bodenſee, das
andere am Kocher, das dritte am Neckar und daͤs vierte
an der Donau.

Die Macht des Schwäbiſchen Bundes
ſchwächete erſt Käyſer Maximilianus der Erſte, welcher
den Land-Frieden einführete, Carolus der V. verz
hinderte durch ſeine Anſchläge, datz derſelbe endlich vor
 
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