Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Antiquitäten-Zeitung — 3.1895

DOI Heft:
Nr. 28 (10. Juli)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.61393#0221
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— —

md

I

.. , ü
— Verbürgte
— Zentral⸗Organ für Sammelweſen, 2—
uflage Verfteigerungen und Alterthumskunde. 7 *
— — — Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart, Böblingerſtr. 2. Stutſgart 1894.
- Abonnement: Stuttgart, 10. Juli 1895, . Anzeigen : &
— 6 2— — — — ——

Die Eiufii „Du biſt heute ſchon der Ttitie, der meinem Garten 1 deren laufen nur dem Gewinne nach und bauen Ge-
Die Einführung der Blumen zu Leibe geht. Run was noch an ordentlichen Blumen | treide, und doch iſt Einem die deutſche Blume ſo lieb;


Novelle von Eduard Braunfels.
(Nachdruck verboten.)
(Schluß.)

— —

Die Alte nickte, obgleich ſie wohl kaum
der Rede des Verſtimmten gefolgt war; dann
ſagte ſie: „Nun will ich meinem Kinde doch
wenigſtens ein deutſches Begrähniß zurecht-
machen und ihren Sarg mit deutſchen Blumen
ſchniücken. Ihr habt ſo viele Blumen, Mr.
Schmidt, würdet Ihr mir nicht einen Strauß
für einige Kränze ſchneiden?“

Das unterlag natürlich keinem Zweifel,
und Reinhold ſchnitt die ſchönſten und präch-
* Blüihen ab, die er in ſeinem Garten
hatte.

Nachdem die Alte unter vielen Dankes-
worten wieder gegangen war, ſchritt Rein-
hold noch eine Zeit lang in ſeinem Gärtchen
auf und ab; es that ihm wohl, auf die
friſchen, ſo kräftig gediehenen Blumen zu
blicken in denen er gleichſam ſeine Heimath
fah uud die ihm auch ſeinen Fleiß und ſeine
Soͤrgfalt am reichlichſten vergalten. Dann
fetzte er ſich in eine kleine Laube von Gais-
blaͤtt, die er ſich am Ende des Gartenz er-
richtet hatte, und verfiel hier abermals in
ſein düſteres Grübeln. Seine geſammten
Verhältniſſe erſchienen ihm, je länger er
über dieſelben nachdachte, umſo erbärmlicher,
und er ſeufzte eben in tiefſter Verſtimmung
beklommen auf, als ein lautes „Hollah!“,
das aus dem Hauſe her ertönte, ihn aus
ſeinen unerquicklichen Gedanken weckte.

Er erhob ſich, faſt unwillig über die
fortwährenden Stoͤrungen, freute ſich aber,
als er einen Landsmann, Namens Walldorf,
begrüßen konnte, mit dem er immer gern
plauderte und der ſich ihm wiederholt als
* treue Haut und ehrliche Natur erwieſen

atte.

„Damit ich die Hauptſache nicht ver-
geſſe,“ ſagte der Freund nach kurzem Gruße,
ſo will ich nur gleich vorbringen, weßhalb
ich komme. Meine Frau hat morgen Ge-
buͤrtstag, und da kann ich ihr denn keine
größere Freude bereiten, als wenn ich ihr
ein Boukett aus deutſchen Blumen mit auf
den Geburtstagstiſch ſetze!“

Reinhold mußte unwillkürlich lächeln.
„Das iſt ja heute gerade, als ob der ganze

ein Boukett zu ſchneiden.


Die Einführung der Blumenzucht in Amerita. (Text oben,)


erſetzt werden kann.“

Als der Strauß gewunden war, ſetzten
ſich die beiden Freunde noch zu einem Plau-
derſtündchen in die Laube, und da war es
denn ganz natürlich, daß Reinhold dem
Freunde ſein Herz aus ſchüttete, ihm ſchilderte,
wie er ſich plage, ohne vorwärts zu kommen,
da ſeine Ländereien zu klein ſeien, und wie
er nun auch noch den Herzenskummer zu
tragen habe, und in Folge deſſen ihm ſeine
ganze Situation hier ſchier unleidlich er-
ſcheine.

„Ja, ja,“ verſetzte endlich Walldorf,
„Derartiges habe ich immer gefürchtet, in
der letzten Zeit bin ich ſogar die Sorge um

Dich gaͤr nicht recht losgeworden. Auch Deine
Liebe zu Eliſabeth habe ich bemerkt und
ebenſo das Ergebniß Deiner Bewerbung vor-
ausgeſehen. Ich ſtimme auch mit Dir über-
ein, daß Du Deine Wirthſchaft hier auf-
aibſt, und habe ſogar einen Vorſchlag für
Dich! Ich möchte Dir rathen, für die kleine
Summe, die Du aus dem Verkaufe Deines
Beſitzthums löſeſt, einige gute Aecker bei
einer größeren Stadt, meinetwegen bei Louis-
ville oder Portsmouth oder Cincinnati zu
kaufen und Dich dort auf die Blumenzucht
zu verlegen, für die Du offenbar weit mehr
Geſchick haft, als für den Getreidebau und
die Viehzucht. Zudem kommſt Du damit
offenbar einem Bedürfnit entgegen. Nicht
nur die eingewanderten Deutſchen, auch die
Amerikaner und die Engländer ſind Freunde
der deutſchen Blumen und doch ſind dieſelben
nirgends käuflich zu haben.“

Dieſer Vorſchlag entſprach ganz dem Ge-
ſchmacke Reinhold's, ſchon am aͤnderen Tage
niachte er daher in der Umgegend hekannt,
daß er ſeine Beſitzung vexkaufen wolle, und
den Bemühungen ſeiner Freunde, beſonders
Walldorf's, gelang es auch, alsbald einen
leidlich guten Verkauf zu Stand zu hringen.

Während noch die Verkaufsverhandlungen
ſchwebten, erfuhr Reinhold von einer Dienſt-
magd Beaͤtforſt'z, daß Eliſabeth auf läugere
1 Zeit zu Verwandten nach New⸗Orleans kom-

6 men werde; er richtete daher einen Brief an
ſie, in welchem er in ſchlichten Worten ihr

die Liebe ſeines Herzens darlegte, da er mit
Recht vorausſetzen könnte, daß Beatforſt der
Tochter von ſeiner Werbung gar nichts ge⸗—
ſagt hatte, und ließ ihr den Brief durch
einen zuverläßigen Knecht heimlich zuſtellen.
Darauf hatte er die große Freude, eine Ant-

Weſten es auf mein Gärtchen ahgeſehen hHätte!” rief er⸗ „Dann muß ich für Deine freundliche Bereitwillig- wort von dem geliebten Nädchen zu erhalten, in welcher
„Denn Du willft doch wohl ebenfaNlz einen Strauß.“ | feit umfo danfkbarer fein,“ erwiderte Walldorf, „Du | fie ihm mittheilte, daß auch ſie die heißeſte Liebe für
— LE3 verſetzte der Freund. „Biſt Du ſchon mehr= biſt eben der Einzige in der ganzen weiten Gegend, ihn empfinde und ihre Reigung treu im Herzen bewahren
fach behelligt worden?“ der die deutichen Blumen hHegt und pflegt. Alle An!! werde, wenn ſie äuch zunächſt weit nach Süden fort
 
Annotationen