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Antiquitäten-Zeitung — 3.1895

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Nr. 22 (29. Mai)
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Verbürgte

Auflage 3000.


Verſteigerungen und Alterthumskunde.


Verbürgte

Auflage 3000.


Stutigoxt 1894.

Abonnemeut:
Deutſchlond u. Oeſterreich M 2.50
viertelfährlich, Ausland M 3.—.

Nr. 22.

Stuttgart, 29. Mai 1895.

Erſcheint wöchentlich.)

Auzeigen:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum 20 Pfg., Auktionen 30 P{g.

3, Jahrgang.

Wilhelm II. und der
Schiller⸗Verein.

„Ein Volt, das ſeine großen
Männer ehrt, ehrt ſich ſelbſt.“

Wi⸗ haben ſchon wiederholt Gelegenheit gehabt,
des Foßen Intereſſes, welches der König von Wuͤrttem-
derg zur Freude feines Voltes an dex Förderung von
Kunſt und Wiſſenſchaft in ſeinem Lande nimmt, zu ge-
denken. Es gereicht uns zur Genugthunng, heute wieder
eine3 Falles des direkten Eingreifens Sr. Majeſtaͤt er-
wähnen zu können, an welchen man die Hoffnung knüyft.
daß es dielleicht auch in Folge einer Initiatipe des
Fönigs gelingen möchte, in Bälde das Texrain des
KRömerkaftelI2 in Kannſtatt zum Beſten des Frem-
denverkehrs in Württemberg anzukaufen, dann aber ſo-
fort an die Errichtung eines Rieſen⸗NMuſeums in
Stuͤttgart zu denken, wie wir dies ſchon in einer früheren
Nummier angedeutet haben.

An Schiller's Todestag (9. Mai) hat der König
von Württemberg an den Schiller⸗Verein in Marbach
ein Schreiben gerichtet, worin er die Ausdehnung des
Marbacher Schiler⸗Vereins zu einem S chwaab iſchen
Schitler⸗Verein und die Errichtung eines S H iller-
Mufjeum3 in Marbach anregt und ſich als erſtes Mit-
‚glied des neuen Vereins aumeldet. Das an den Stadt-
ſchultheißen Haffner in Marbach gerichtete Schreiben
des KMönigZ lautet wie folgt: „Wie ſeit Jabren von
allen Beranftaltungen , mit welchen der Schiler-Berein
in Marbach und die Stadt Marbach bei der Wiederkehr
des Jahrestages der Geburt und des Todes unſeres
Friedrich Schiller das Andenken des Dichters zu feiern
pflegen, ſo haben Sie Mir auch von der Feier Mit-
{heilung gemaͤcht, durch die Marbach den bevorſtehenden
Todestag Schiler’3, zugleich das 60-jährige Jubiläum
des Marbacher Schiller⸗ereins zu begehen ſich anſchickt.
Es hat Mir ſtets zu beſonderer Genugthuung und Freude
gereicht, zu beobachten, wie die Gehurtzſtadt Schiller's
mit unermüdlichem Eifer und ernſter Begeiſterung das
Andenken des großen vaͤterländiſchen Dichters zu pflegen
beſtrebt iſt. Auch davon habe Ich aus Ihrem Bexichte,
wie perſöulich durch wiederholle Beſuche des Schiller-
Haͤuſes Mich uͤberzeugt, wie von Zahr zu Jahr die
Sammlungen des letzteren ſich vermehrt und durch Uw-
fang und Inhalt ſchon heute eige große Bedeutung für
die Schiller⸗Forſchung und die Kenntniß der Lebensver-
hältniſfe des Dichters gewonnen haben. Durch dieſe
Bereicherungen ſind nun aber auch die Räumlichkeiten
und Einrichtungen des Schiller⸗Hauſes für die würdige
und ſichere Unkerbringung der ſchon jetzt vorhandenen
Sammlungen unzureichend geworden und Sie beſchäf-
tigen ſich daher mit dem Gedanken, Mittel und Wege
zu finden, um dieſem Mangel abzuhelfen und, noch über
den nächften dringenden Zweck hinaus, dei Unterbring-
ung eines Schiller⸗Archibs und Muſeums in einem
feloͤſtſtaͤndigen Baue zu ermoͤglichen Dieſer Gedanke
hat Meine volle Sympathie, aber Ich verkenne nicht,

daß ſeine Ausführuͤng durch den Marbacher Schiller-

Verein nicht erzielt werden kann. Wie ſehr auch die
ſeitherigen Leiſtungen des Vereins und der Einwohner
der Stadt Marbach anzuerkennen ſind, zur baulichen


wickelung der Sammlungen können die Mittel, welche
der Verein in ſeinem Kreiſe aufzubringen vermag, nicht
hinreichen. Nın erachte ich es aber für eine Pflicht und
Aufgabe des ganzen Landes, das den Ruhm genießt,
die Heimath Friedrich Schiller's zu ſein, das Werk,


Fig. 1,
Bücherzeichen (Exlibris). Text Seite 173,
Bedeutung Schiller's entſprechenden Weiſe weiterzuführen
und zu vollenden. Ich habe mich daͤher entſchloſſen,
hierfur meine Mitwirkung eintreten zu laffen, und in
der Ueberzeugung, in ſolcher Weiſe den Wünſchen und
Zielen Ihres Vereins und der Stadt Marbach entgegen-
zukommen, fordere ich Sie hiermit auf, das Erforder-
liche einzuleiten, daß der Marbacher Schiller⸗Verein um-
gebildet werde zu einem Schwäbiſchen Schiller⸗Verein,
deſſen weſentliche Aufgaben im Beſtehenden angegeben

ſind, der aber überhaupt alles in den Kreis ſeiner Be-
ſirebungen ziehen ſoll, was die Verhreitung der Kennt-
niß der Schöpfungen und der Perſönlichkeit Schiller's,
wie der Wirkungen, die er auf die geiſtige, ſittliche und
patriotiſche Entwickelung des deutſchen Volkes hervor-
gebracht hat, in irgend einer Weiſe zu fördern vermag.
Ich daͤrf die Hoffnung hHegen, daß eine ſolche Exweite-
rung und Neugeftaltung des Vexeins und die Errichtung
eines Schiller⸗- Nuſeums und Archips in Marbach in
allen Kreiſen des ſchwäbiſchen Volkes, ja im ganzen
deutſchen Vaterlande ſreudige und werkthätige Theil-
nahme finden, und daß dem Werke anch die bereitwil-
lige Unterſtützung der Litteraturfreunde und -Forſcher
nicht fehlen wird, und ſehe nun Ihren Vorſchlägen über
die Einzelheiten der Umbildung des Vexeins und ſeiner
Organe, die nöthige Aenderung der Statuten u. ſ. w.
in der bezeichneten Richtung entgegen, indem Ich Mir
vorbehalte, Ihnen diejenigen Perſoͤnlichkeiten zu bezeich-
nen, von denen Ich wünſche, daß ſie ſich an der Be-
rathung und Mitarbeit bei der Ihnen nunmehr geſtellten
Aufgabe betheiligen. Ich wünſche mit der Einzeichnung
Meines Namens die Mitgliederliſte des „Schwäbiſchen
Schiller⸗Vereins zu eröffnen und behalte Mir vor,
Ihnen wegen Meiner Betheiligung Meine weitere Ent-
ſchließung kundzngeben. Es duͤrfte gerade in der jetzigen
Zeit für das deulſche Volk von großer Bedeutung ſein,
die Erbſchaft des nationalen Dichters zu pflegen und
damit die Erkenntniß von dem höheren Werthe des
idealen Beſitzes unſerer Nation zu kräftigen und zu be-
leben. In folchem Sinne zu wirken, ſoll auch die Auf-
gabe des Schwaͤbiſchen Schiller⸗Vereins ſein! Am 9.
Mai 1905, von dem uns nur noch ein Jahrzehnt trennt,
werden wir die hundertjährige Wiederkehr des Tages
begehen, an dem Friedrich Schiller von dieſer Erde ge-
ſchieden iſt. Möge die Feier das Schiller⸗Muſeum und
Archiv in Marbaͤch, zu deſſen Ausführung Ich jetzt die
Anregung geben wollie, vollendet und würdig des Dich-
ters borfinden zu ſeiner Ehre und zur Ehre ſeiner ſchwä-
biſchen Heimath!“

Die bürgerlichen Kollegien waren über dieſes huld-
volle Schreiben des Königs hocherfreut und beſchloſſen,
dasſelbe ſofort mittels eines Extrablattes des Amts-
blaites der ganzen Bevölkerung kundzugeben, die Schiller-
glocke wiederholt läuten und mit Böllern ſchießen zu
faſſen; auch das Schreiben des Königs im Schillerhauſe
in eniſprechender Umrahmung oder Ümhüllung niederzu-
legen. An den König wurde ein begeiſtertes Huldig-
ungstelegramm nach Stuttgart abgeſandt. Die Stadt
wurde reich beflaggt. In allen Kreiſen der Bevölker-
ung herrſcht große Freude. Abends trat der geſammte
Maͤrbacher Schiller⸗Verein zur Generalverſammlung, und
um 8 Uhr auch die Einwohnerſchaft zu einem Bankett
zuſammen, bei welchem Stadtſchultheiz Haffner einen
Vortrag hielt über die Geſchichte der Schillerverehrung
in Marbach ſeit Schiller's Tod. Bei der Erwähnung
des jüngſten Igl. Handſchreibens brachen die außerordent-
lich zahlreich Verſammelten in einen nicht endenwollen-
den Zubel aͤus und ſtimmten mit heller Begeiſterung in
das Hoch auf König Wilhelm, als Protektor und erſtes
Mitglied des Schwäbiſchen Schiller Vereins, ein. —

Der Stuttgarter Liederkranz iſt in corpore dem
 
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