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Baumeister: das Architektur-Magazin — 9.1911

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Heft 9
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Haas, B.: Ist es gleichwertig, ob Holzflächen mit deckenden Oelfarben, mit mehr oder minder durchsichtigen gefärbten Oelen oder mit reinen Oelen gestrichen werden?
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https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0382

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5^ DER BAUMEISTER,
1911, JUNI IX. JAHRGANG, HEFT 9

Ist es gleichwertig, ob Holzflächen mit deckenden Oellarben, mit mehr oder minder
durchsichtigen gefärbten Oelen oder mit reinen Oelen gestrichen werden?
Von B. Haas.

Wenn zur Herstellung von Fussböden beispielsweise ver-
leimte Weichholztafeln, überfalzte Weichholzriemen oder Riem-
linge, bezw. auf Nut und Feder gearbeitete gleichartige Riemen
oder Riemlinge zur Anwendung gelangen, oder aber in Weich-
holz gehaltene Schreinerarbeiten, werden diese in Anpassung


♦Wohnhausgruppe Charlottenburg. Hofeingang.
an die anschliessenden anderen Fertigstellungsarbeiten in
weitaus überwiegenden Fällen mit deckender Oelfarbe behan-
delt und in verhältnismässig nur wenigen Fällen mit mehr
oder minder durchsichtigen gefärbten Oelen oder mit reinen
Oelen bezw. mit Oelfirnissen. Die Urteile und Ansichten
über die Zweckmässigkeit dieser unterschiedlichen Anstriche
weichen jedoch in wesentlichen
Teilen oft ziemlich scharf von ein-
ander ab, welche Abweichungen
um so ernster zu nehmen sind, als
ihre Verfechterauch in solchenFach-
kreisen zu finden sind, deren Ein-
zelglieder ihre einschlägigen Urteile
zumindest auf wissenschaftliche
Grundlage zurückführen können. So
finden wir die Fälle nicht vereinzelt,
in denen vorbezeichnete unter-
schiedliche Anstriche unmittelbaren
Anlass zu gerichtlichen Verfahren
bieten, wobei die von den Parteien
oder den Gerichten bestellten Sach-
verständigen fast stets abweichende
Meinungen oder Urteile vertreten,
so dass der Richter als Nichtfach-
mann derjenigen Meinung oder
demjenigen Urteile derSachverstän-
digen zuneigen muss, in dem die
Wahrscheinlichkeit für die Ent-
stehung des beklagten Mangels
schärfer oder überzeugender aus-
gedrückt ist. Wenn derartige Vor-
kommnisse zufolge ihrer geringen
Zahl für die angewandte Bautechnik
auch nicht von wesentlichem Be-
lange sind, ist es für die erstere
in technischer, praktischer und
wirtschaftlicher Beziehung doch von
ungleich wesentlicherem Belange,

in einwandfreier Weise festzustellen, ob die angeführten An-
striche für vorliegende und ähnliche Anwendungen gleich-
wertig zu erachten sind oder nicht.
Bekanntlich werden vorbezeichnete Fussböden und Schreiner-
arbeiten vor ihrer Indienststellung aus mehrfachen Gründen
mit entsprechender Hülle geschützt. Diese hat vorwiegend
die Wasser- oder Feuchtigkeitsaufnahme der ersteren zu ver-
hindern, wie auch ihre physikalischen, mechanischen und
chemischen Beeinträchtigungen. In zahlreichen Fällen hat
aber fragliche Hülle auch den sehr verfänglichen Zweck zu
erfüllen, physikalische oder organische Fehler der bezeichneten
Weichholzfussböden und Schreinerarbeiten abzuschwächen
oder vielmehr zu verdecken, und keinesfalls ist es als Zufall
zu erachten, dass in solchen Fällen die Ueberlegenheit
deckender Oelfarbanstriche mit bestimmter Absicht verfochten
wird. Wenn wir daher auf ziemlich abweichende Urteile
betreff Bewertung der angeführten Anstriche stossen, wäre vor-
weg festzustellen, ob diese auf in physikalischer oder orga-
nischer Beziehung einwandfreien oder nicht einwandfreien
Weichholzfussböden oder gleichartigen Schreinerarbeiten auf-
gebracht werden sollen, bezw. aufgebracht sind. Gewisser-
massen mag es wohl zu entschuldigen sein, wenn in physi-
kalischer oder organischer Beziehung nicht entsprechende
Weichholzfussböden oder gleichartige Schreinerarbeiten mit
deckendem Oelfarbanstriche versehen werden, wobei aller-
dings die Einschränkung dringend geboten erscheint, aus der
organischen Beschaffenheit der in Frage kommenden Weich-
holzfussböden oder Schreinerarbeiten die diesen allenfalls an-
haftenden Holzkrankheiten oder die gegebene Möglichkeit
hiezu auszuscheiden.
Denn wird der Oelfarbanstrich von nur mit ausgesprochenen
Schönheitsfehlern behafteten Weichholzfussböden oder gleich-
artigen Schreinerarbeiten verfochten, mag das laut vorgehender
Anführung gewissermassen oder lediglich deshalb gelten
gelassen werden, weil mit Schönheitsfehlern behaftete Weich-
holzfussböden oder gleichartige Schreinerarbeiten in unver-
decktem Zustande an und für sich unvorteilhaft wirken, und
weil sie auch die Gesamtwirkung der Räume beeinträchtigen,
in denen sie verlegt oder angebracht sind. Erfolgt aber die
Verdeckung der mit Schönheitsfehlern behafteten Weichholz-
fussböden oder gleichartigen Schreinerarbeiten deshalb, um
dadurch zugleich ihren Minderwert zu verdecken, muss das
Verfechten solcherart benützten Oelfarbanstriches als bewusste
wirtschaftliche Uebervorteilung bezeichnet werden, wenn die
Schönheitsfehler nicht als zulässig erachtet waren. Und erfolgt
ihre Verdeckung mit Oelfarbanstrich schliesslich deshalb,
um die vorhandenen oder sicher zu gewärtigenden Krankheits-
erscheinungen der Weichholzfussböden oder gleichartigen


♦Arch. Paul Mebes, Berlin-Zehlendorf,

Wobnhausgruppe Charlottenburg. Ansicht am Horstweg,
 
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