DER BAUMEISTER o 1925, MAI
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Mittelstück der Hauptansicbt mit Eingängen zur Großen Halle
man den Bau aus Backsteinen errichtete, war kein Prinzip
der Sparsamkeit. Einmal gebührt der rohen Kraft des Todes
kein mit Prunk überladenes Symbol und dem Schmerz kein
üppiges Formenspiel; zum andern ist in der Art der Verwen-
dung des Materials ein starker künstlerischer Wille spürbar.
Schon im Mittelalter hat man den Backsteinbau als Charakte-
ristikum unserer des Sandsteins entbehrenden norddeutschen
Heimat gepflegt (wir haben in der hannoverschen Marktkirche
und im alten Rathause Zeugen dieser Zeit), und wenn man sich
an die durch die Backsteine gegebenen einfachen und reinen
Formen hält, sind auch heute entsprechende Wirkungen erziel-
bar. Wie Konrad Wittmann den Hauptbau des Krematoriums,
einen fast quadratischen Block, gestaltet hat: die beiden hohen
Fensterreihen unter dem Dachsims der Seitenwände, die von
■dicken Mauerpfeilern, die ihrerseits durch ein Fischgrätenmuster
verbunden sind, unterbrochene Fassade — daszeugtvonfeinem
Sinn für das Materialgerechte, aus dem die starken Eindrücke
des Außenbaues zu erklären sind. Sie werden auch nicht wesent-
lich gemindert durch die zerstörte Silhouette der ganzen Anlage,
die, mit den aus Gründen der Geldknappheit niedriger gehalte-
nen Seitenflügeln, Kompromissen unterworfen war.
Durch die große kupferbeschlagene Tür des linken Seiten-
flügels tritt man in den Warteraum ein. Dieser ist absichtlich
schlicht gehalten, weil er Sammlung wecken, nicht zerstreuen
soll. Durch einen in die Mitte des Raumes eingeschobenen
Bogen, den zwei mächtige Kandelaber flankieren, ist der Raum
zweigeteilt und scheinbar stark vertieft. Der einzige Schmuck
ist die Ornamentik, die die Bogenwandung wie die Decke
schmückt, und zwar zum Teil in Gestalt leicht symbolischer,
sakral anmutender Dreipaßformen; bunt sind in dem in Elfen-
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Mittelstück der Hauptansicbt mit Eingängen zur Großen Halle
man den Bau aus Backsteinen errichtete, war kein Prinzip
der Sparsamkeit. Einmal gebührt der rohen Kraft des Todes
kein mit Prunk überladenes Symbol und dem Schmerz kein
üppiges Formenspiel; zum andern ist in der Art der Verwen-
dung des Materials ein starker künstlerischer Wille spürbar.
Schon im Mittelalter hat man den Backsteinbau als Charakte-
ristikum unserer des Sandsteins entbehrenden norddeutschen
Heimat gepflegt (wir haben in der hannoverschen Marktkirche
und im alten Rathause Zeugen dieser Zeit), und wenn man sich
an die durch die Backsteine gegebenen einfachen und reinen
Formen hält, sind auch heute entsprechende Wirkungen erziel-
bar. Wie Konrad Wittmann den Hauptbau des Krematoriums,
einen fast quadratischen Block, gestaltet hat: die beiden hohen
Fensterreihen unter dem Dachsims der Seitenwände, die von
■dicken Mauerpfeilern, die ihrerseits durch ein Fischgrätenmuster
verbunden sind, unterbrochene Fassade — daszeugtvonfeinem
Sinn für das Materialgerechte, aus dem die starken Eindrücke
des Außenbaues zu erklären sind. Sie werden auch nicht wesent-
lich gemindert durch die zerstörte Silhouette der ganzen Anlage,
die, mit den aus Gründen der Geldknappheit niedriger gehalte-
nen Seitenflügeln, Kompromissen unterworfen war.
Durch die große kupferbeschlagene Tür des linken Seiten-
flügels tritt man in den Warteraum ein. Dieser ist absichtlich
schlicht gehalten, weil er Sammlung wecken, nicht zerstreuen
soll. Durch einen in die Mitte des Raumes eingeschobenen
Bogen, den zwei mächtige Kandelaber flankieren, ist der Raum
zweigeteilt und scheinbar stark vertieft. Der einzige Schmuck
ist die Ornamentik, die die Bogenwandung wie die Decke
schmückt, und zwar zum Teil in Gestalt leicht symbolischer,
sakral anmutender Dreipaßformen; bunt sind in dem in Elfen-