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Baumeister: das Architektur-Magazin — 23.1925

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Beilage zu Heft 12
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Ritter, Hubert: Auszug aus einem Vortrag gehalten auf der Tagung des Bundes Deutscher Dekorationsmaler in Dresden am 7. Juni 1925
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Bücherbesprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.70021#0343

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B 96

DER BAUMEISTER ° 1925, DEZEMBER « BEILAGE

HEFT 12

der Altstadt sowie im Inneren der Wohnviertel eine gewisse
Buntheit erwünscht ist. Soviel über die Farbengebung
ganzer Plätze und Straßen. Bei der Bemalung des Einzel-
hauses unterscheiden wir zwischen den Monumentalgebäuden,
zwischen den Bürger- und Geschäftshäusern sowie indu-
striellen Anlagen. Besondere Sorgfalt ist auf die farbige
Behandlung der Monumentalbauten, der Kirchen, der Rat-
häuser und ähnliches zu legen. Weil der Charakter dieser
Gebäude meist von besonderem Wert ist und weil leicht
die Gefahr besteht, daß sie durch eine farbige Behandlung
in ihrer monumentalen Wirkung leiden. Eine sehr feine,
aber auch sehr gefährliche Farbe bei Monumentalbauten ist
das Gold. In der Verwendung des Goldes zeigt sich hier
ebenso wie bei der Ausstattung der Innenräume der Meister
in der Verwendung der Farbe. Das Gold in dezenter Ver-
wendung ist ein ausgezeichnetes Mittel, Monumentalbauten
farbig hervorzuheben, aber auch öffentlichen Plätzen einen
geschlossenen vornehmen Charakter zu verleihen. Ich er-
innere an den allen bekannten Brüsseler Marktplatz, der durch
das bekannte Ortsgesetz vom 24. April 1697 zwar seinen
strengen architektonischen Rahmen erhielt, dem aber zweifellos
erst das Ueberziehen der Fassaden mit Gold den geschlossenen
Charakter verlieh, den wir heute an ihm bewundern.
Die farbige Behandlung der Geschäftshäuser, besonders
derjenigen neuerer Zeit möchte ich nicht ohne weiteres
empfehlen. Es entspricht dem inneren Zweck dieser Ge-
bäude, wenn man sie in einem nüchternen Kleide hält. Es
scheint mir auch städtebaulich vorteilhaft, wenn sich zwischen
die bunten Reihen der Innenstadt und die farbigen Straßen
der äußeren Viertel ein neutrales Element durch das Städte-
bild zieht. Bei der farbigen Behandlung der Bürgerhäuser
spielt die Umgebung für Wahl von Farbe und Ton eine große
Rolle. Es lassen sich hier keine allgemein gültigen Richt-
linien aufstellen. Die Sache muß nur anständig sein. Zu
warnen ist vor einer zu lebhaften Farbe. Das Haus darf,
wie schon eingangs betont, nicht aus seiner Umgebung
herausfallen. Die farbige Behandlung der Häuser ist eine
durchaus gesunde Bewegung und wird zweifellos ihren Weg
machen. Es ist nur erforderlich, diese Entwicklung langsam
und stetig vor sich gehen zu lassen. Unser Volk muß sich an
diese neue Bewegung gewöhnen, muß Interesse und Gefallen
daran finden, sonst sind Rückschläge nicht zu vermeiden.
Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, daß wir Fachleute,
Architekten und Dekorationsmaler, auf diesem Gebiete noch
viel zu lernen haben und Zeit brauchen, um diese neue Kunst
zu beherrschen; denn es kann sich nicht darum handeln,
daß wir Altes und Ueberkommenes ohne weiteres nachahmen.
Unsere Aufgabe ist es, dem neuzeitlichen Empfinden und
Fühlen gemäß Neues zu schaffen. Endlich sei auf eine Ge-
bäudeart hingewiesen, die bisher nur wenig farbig behandelt
wurde und wo sich meines Erachtens ein weites und dank-
bares Feld der Betätigung für die Dekorationsmaler eröffnet.
Ich denke an die Industriebauten. Diese sind oft losgelöst
von städtischer Umgebung und können dort völlig individuell
behandelt werden. Die Architekten haben sich mit Erfolg der
rein architektonischen Seitedieserneuen Aufgabe angenommen
und beachtliche Erfolge bei der Neugestaltung von Industrie-
bauten erzielt. In der Farbe dagegen sind die Industriebauten
bisher meist recht zurückhaltend, und ich möchte meinen,
daß gerade dort durch farbige Behandlung interessante und
große Lösungen gefunden werden können. Dabei möchte ich
das soziale Moment dieser neuen Aufgabe nicht unterschätzen.
Ich denke es mir wertvoll, wenn unsere Arbeiter nicht mehr
durch düstere, graue Fabrikstraßen zur Arbeitsstätte gehen,
wenn sie nicht mehr in grauen eintönigen Hallen ihre Arbeit
verrichten müssen, sondern wenn freundliche helle Farben
sie auf dem Wege zur Fabrik geleiten und dort umgeben.
Man wende nicht dagegen ein, daß Rauch und Ruß rasch
die Farbenfreude zerstören werden. Durch die weitgehende
Elektrisierung unserer Fabriken wird diese Gefahr an sich
verringert und der verhältnismäßig geringe Betrag für einen
öfteren neuen Anstrich der Fabrikhallen wird wohl noch auf-
zubringen sein.
Ich komme nun zur prak tischen Durchführung dieser
Anregungen. Es ist klar, daß eine einheitliche Regelung ge-
troffen werden muß, wenn Plätze und Straßen farbig behandelt
werden sollen. Es müssen dafür Richtlinien geschaffen und
durch Ortsgesetze festgelegt werden. Diese Ortsgesetze werden
zurzeit auf Grund des Verunstaltungsparagraphen der ver-
schiedenen Landesgesetze aufgebaut Es steht zu erwarten,
daß in den in Vorbereitung befindlichen Städtebaugesetzen
entsprechende Handhaben dem Städtebauer geboten werden.
Im übrigen erscheint es mir bei dieser Frage wichtig, mög-

lichst wenig polizeiliche Aufsicht und Zwang auszuüben, weil
dadurch die an sich gesunde Bewegung nur gehemmt wird.
Es genügt, wenn die Fachkreise aufgeklärt und bei ihnen
Interesse und Freude an unserer Sache geweckt wird. Es
genügt, wenn die Interessentenkreise, besonders die Haus-
besitzer durch Verträge, Presse, vor allem aber durch gut
ausgeführte Beispiele selbst für den Gedanken gewonnen
werden und sich Beratungsstellen einrichten, wo Muster und
Rat zur Verfügung stehen. Es ist wertvoll, wenn die Archi-
tektenvereine sich solchen Beratungsstellen zur Verfügung
stellen und selbst werbend bei ihren Klienten für die Sache
eintreten. Im Anfang werden selbstverständlich amtliche Bau-
beratungsstellen ihre Unterstützung zur Verfügung halten.
Zur praktischen Durchführung unseres Gedankens ist end-
lich erforderlich, daß auch die Dekorationsmaler ihre eigenen
Leute auf diesem Gebiete eingehend unterrichten und aus-
bilden. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß viele Dekorations-
maler vor allem auf das Ornament eingeschult sind und für
die Fläche und architektonische Aufteilung eine weniger gute
Vorbildung haben. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß die
technischen Schwierigkeiten der farbigen Behandlung nicht
immer völlig beherrscht werden, daß bezüglich des Farben-
materials, vor allem hinsichtlich der Haltbarkeit und Licht-
beständigkeit der Farben nicht immer volle Sachkenntnis ob-
waltet. Ich bin überzeugt, daß sie selbst darüber unterrichtet
sind und bereits Mittel und Wege zur Abhilfe gefunden haben.
Ich glaube, aus meinen Ausführungen geht hervor, daß
wir es bei der farbigen Behandlung unserer Städte
mit einem großen und wichtigen Arbeitsfeld zu tun
haben, daß wir hier vor einer Aufgabe stehen, die wir mit
voller Energie und Verantwortungsgefühl in Angriff nehmen
müssen. Ich möchte wünschen, daß wir uns dabei-auch von
folgenden Gedanken leiten lassen. Die Freude an der Farbe
ist eine neue, gesunde und sehr begrüßenswerte Erscheinung
in unserem Volksleben. Die Freude an der Farbe ist etwas
Ursprüngliches, etwas Kindliches, sie ist nur jung-kräftigen
Völkern eigen. Wir wollen das Wiedererwachen der Freude
an der Farbe in Deutschland als ein Zeichen für die Wieder-
geburt unseres Volkes begrüßen. Lassen Sie uns diese Freude
in die breiten Schichten des Volkes tragen, in die Stätten der
Arbeit, in die Stätten der Wohnungen, in die Stätten der Er-
holung. Lassen Sie uns auf diesem Gebiete jeder an seinem
kleinen Teile mitarbeiten an dem Wiedererstarken unseres
deutschen Volkes.
Bücherbesprechungen.
Deutsche Kunst und Dekoration. Verlag
Alexander Koch G. m. b. H., Darmstadt. Vierteljährlich
(3 Hefte) 6 Mark. — Die Zeitschrift eröffnet ihren 29. Jahrgang
mit einer äußerst reichhaltigen Ausgabe, in der nament-
lich die moderne Malerei zu Worte kommt durch Werke aus
der Münchner „Neuen Sezession“. Ein weiterer bedeutender
Teil ist den auf der Pariser Ausstellung im österreichischen
und tschechischen Pavillon zur Schau gestellten kunstgewerb-
lichen Arbeiten eingeräumt. Die Plastik ist mit äußerst
lebendigen Tierbildern von Renüe Sintenis vertreten. Auch
das vorliegende Heft wird den an die Zeitschrift gestellten
Anforderungen wieder in vollem Maße gerecht. F.
Vom Blockhaus zum Wolkenkratzer. Eine
Studie über amerikanische Architektur und Zivilisation. Von
Lewis Mumford. In Ganzleinen gebunden 9 Mark. Bruno
Cassirer Verlag, Berlin. — In dem Buche ist der Versuch
unternommen, einen gedrängten Ueberblick über die Ent-
wicklung der amerikanischen Architektur zu geben, deren
Entwicklungsanfänge nach dem Verfasser in der sogen, neu-
englischen Dorfsiedlung zu erblicken sind. In den einzelnen
Abschnitten werden ferner die verschiedenen Epochen euro-
päischer Einflüsse geschildert, wie z. B. Renaissance, Klassi-
zismus, Romantik, um dann auf die jüngste Zeit überzugehen,
aus der uns Amerika als das Land der Wolkenkratzer bekannt
ist. Die Darstellungsweise zeichnetsich durch große Flüssigkeit
in der Schilderung aus und überbrückt gewandt die zwischen
den einzelnen Abschnitten befindlichen zeitlichen und ört-
lichen Abstände. Gleichzeitig ist damit eine vergleichende
Parallele zwischen der Entwicklung amerikanischer Architektur
und dem Zivilisationsempfinden gezogen, die verschiedentlich
rücksichtslose Offenheit und Schärfe zeigt. Fla.
R o t h e n b u r g o. d. T a u b e r. Ein Führer durch Ge-
schichte und Kunst. Mit einem Stadtplan und über 100 Bil-
dern von E. Eger, G. Müller und I. Zeller. Mit Geleit-
wort von Prof. Dr. P. Bon atz. Verlag von Hans Kling, Bad
Mergentheim. Preis 2 M. — Rothenburg ist der Inbegriff der
 
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