BEILAGE ZU; r\ T^> A T T ÄA PI OHTP 1~> —MONATSHEFTE —
I 1 r n K AI /VI r I > I ■ * rv FÜR ARCHITEKTUR
1925 : JULI : H.7 1—/ 1—/ 1 V O/k kJ 1 T 1 i U 1 JL^ JL V UNDBAUPRAXIS
XXII.Bundestag des B.D.A. in München
Am 20. Juni wurde in München der 22. Bundestag abge-
halten, der mit einem Münchner Bierabend im Künstlerhaus
eröffnet wurde. Nach den einleitenden Begrüßungsworten
durch den Bundesvorsitzenden Geh.Reg.-Rat Prof Dr.Gurlitt
ergriff Geh. Geg.-Rat Prof.Dr.B estelmeyer-München das Wort
und erinnerte zunächst an den verstorbenen Prof. Gabr.v. Seidl,
den Erbauer der prächtigen Tagungsstätte, dessen Formen-
sprache heute noch trotz einer abweichenden Auffassung eine
eindringliche Wirkung ausübe und von erlesenem Menschtume
spreche. Die anwesenden Festgäste ehrten den verstorbenen
Meister durch Erheben von den Sitzen. Der Redner dankte
hierauf den Vertretern der Behörden und der Stadtgemeinde
München, von denen u.a. besonders genannt wurden der bayri-
sche Staatsminister des Innern Dr. v. Stützei, Staatsrat Wimmer
als Vertreter des Bayer. Ministeriums für Soziale Fürsorge,
Ministerialrat Huber von der Obersten Baubehörde.
Aus den Begrüßungsworten von Geheimrat Bestelmeyer
verdienen besonders die Ausführungen über das Verhältnis
des B.D.A. zu den beamteten Kollegen hervorgehoben zu
werden. Er widerlegte die vielfach verbreitete irrige Auffas-
sung, daß der Bund diesen gegenüber eine feindliche Ein-
stellung vertrete. Besonders betonte er, daß gerade in Mün-
chen eine gegenseitige Achtung vor den jeweiligen Einzel-
leistungen zu verzeichnen sei. Insbesondere sei es ein Ver-
dienst der Behörden der als Pflegestätte der Kunst bekannten
Stadt München, daß sie stets den Vorstellungen der Künstler
gegenüber weitgehendes Entgegenkommen gezeigt hätten und
damit bewiesen, daß durch ein gedeihliches Zusammenarbeiten
auch wertvolle Früchte zu erzielen sind. Es müsse ein Haupt-
ziel des Bundes sein, die deutsche Baukunst hochzuhalten,
die gleich der Sprache ein Ausdruck für deutsches Wesen
darstelle. Die Sorge darum, die auch das Band darstelle,
welches alle verbinde, habe auch die Bundesmitglieder in
München zusammengeführt. Dem glücklichen Gedeihen und der
Weiterentwicklung der deutschen Baukunst weihte der Redner
unter lebhaftem Beifall das erste Glas. Minister Dr. v. Stützei
begrüßte die Anwesenden im Namen der bayerischen Staats-
regierung, welche stets die wirtschaftliche Not der freien
Architektenschaft mit größter Sorge verfolgt habe und es als
Pflicht betrachte, die Ausübung des Berufes zu erleichtern.
Allerdings könne der Staat seine eigenen beamteten Kräfte
nicht entbehren, aber diese sollten ebenfalls nicht als Gegner
der freien Architekten betrachtet werden. Auch hier solle Ver-
ständnis wie Erkenntnis für die Notwendigkeit des freischaf-
fenden Kollegen vorherrschen. Mit einem Mahnruf, nicht bloß
gute Architekten sondern bei den herrschenden finanziellen
Schwierigkeiten unseres Volkes auch gute Wirtschafter zu sein,
die mit wenig Mitteln eine behagliche Behausung zu schaffen
vermöchten, und einem Trinkspruche auf das Gedeihen des
Verbandes, der zur Vertiefung des baukünstlerischen Gedan-
kens beitragen möge, schloß der Minister. Der von der Ver-
sammlung hiefür gezollte Beifall erfuhr eine erhebliche Ver-
stärkung, als im Anschluß hieran Geheimrat Gurlitt den Wunsch
äußerte, es möchte in allen Ländern solche Minister geben,
die ein Verständnis und Entgegenkommen bewiesen, wie es
hierin Bayern der Fall sei. Oberbaurat Beblo übermittelte die
Grüße der Stadtgemeinde und bezeichnete die Deutsche Ver-
kehrsausstellung als ein Werk der freien Architektenschaft.
Als Vertreter der Technischen Hochschule München, welche
ihre Hauptaufgabe in der Heranbildung zum freien Architek-
ten erblicke und daher besonderen Anteil an den Zielen und
Bestrebungen des B. D. A. nehme, übermittelte der Vorstand
der Architektenabteilung Professor Göschei deren Glück-
wünsche. Über die Bedeutung der freien Berufe in der Volks-
wirtschaft sprach hierauf der stellv. Vorsitzende des Bundes,
Architekt Kröger-Hannover, der auch dem Reichswirtschafts-
rate als Mitglied angehört. Ausgehend von der Tatsache, daß
das Wirtschaftsleben besonders nach großen politischen Er-
eignissen von Strömungen geschlossener Volkskreise nicht
unwesentlich beeinflußt wird, schilderte der Redner zunächst,
wie bereits im Frieden einzelne wirtschaftliche Organisationen
Bestrebungen zeigten, innerhalb der politischen Parteien Ver-
tretung zu finden. Der unglückliche Ausgang des Weltkrieges
steigerte diese wesentlich und führte damit auch zu einer
erheblichen Verschärfung des Kampfes zwischen den ver-
schiedenen Spitzenverbänden, der zum Schaden der gesamten
Volkswirtschaft gereichen mußte, nachdem dabei parteipoli-
tische Gesichtspunkte zu sehr überhand nahmen. Diesem
Uebel sollte die Einrichtung des Reichswirtschaftsrates steuern.
Durch den Einbruch der Inflation wurden vor allem auch die
freien geistigen Berufe schwer betroffen, deren Bezahlung zeit-
lich so weit zurückblieb, daß sie einer völligen Entwertung
gleichkam. Von den maßgebenden Kreisen des politischen und
wirtschaftlichen Lebens sei wohl wiederholt die Bedeutung
der Geistesarbeit anerkannt worden, doch sei den Worten
niemals die Tat gefolgt. Der Vortragende betonte an dieser
Stelle besonders, daß es verfehlt sei, für gewisse Zweige des
Beruflebens Zugeständnisse zu machen, die den Charakter
von Geschenken trügen. Solche würden grundsätzlich abge-
lehnt von den freien geistigen Berufen, welche eine Beach-
tung verlangen, die ihrer Bedeutung entspreche und auch mit
dem erforderlichen Einfluß verbunden sei. Gerade die Groß-
leistungen der freien geistigen Berufe aber haben besonders
dazu beigetragen, unserem Vaterlande eine Ueberlegenheit im
Wettbewerb der Völker zu sichern. Diese Berufsstände, denen
neben den Aerzten, Juristen, Schriftstellern, Ingenieuren,
Chemikern usw. insbesondere auch die Architekten zuzurech-
nen sind und in ihrer Gesamtheit als „freier Beruf“ zu be-
zeichnen seien, müßten den anderen Berufsständen, den
Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Beamten gleichgestellt wer-
den durch Anerkennung ihrer Spitzenorganisation, die bei
wichtigen Anlässen zu den Beratungen hinzugezogen wer-
den müsse. Ebenso sollten bei der Zusammensetzung des
endgültigen Reichswirtschaftsrates die freien Berufe eine ihrer
Bedeutung entsprechende ausreichende Vertretung erhalten,
ohne daß jedoch dadurch eine Kürzung der Sitze eintrete,
nachdem die einzelnen Berufsstände jetzt ohnedies bereits zu
schwach vertreten seien. Im weiteren Verlauf des Abends
plauderte Geh. Rat Gurlitt noch über seine in Neuyork ge-
wonnenen Eindrücke. Unter lebhaftem Beifall wurde ferner
der deutschen Stammesbrüder in Oesterreich gedacht.
In der nichtöffentlichen Versammlung am folgenden Tage
berichtete Architekt Bensel-Hamburg über die Erziehung des
baukünstlerischen Nachwuchses. Der Grundgedanke hiezu
bildete die Anerkennung der Notwendigkeit einer allgemeinen
Vorbildung, an die sich die Berufsbildung anschließe, die ihre
höchste Vollendung finde in dem Meisteratelier und sich von
der heutigen akademischen Schule völlig ferne halten müsse,
solange deren Programm nicht den praktischen Forderungen
entspreche. Demgegenüber verwies Professor Göschl darauf,
daß besonders in München und Stuttgart eine einschneidende
Reform des Unterrichtsprogrammes bereits in Durchführung
sich befinde, die auf die praktische Ausbildung des jungen Archi-
tekten unter Verzicht auf unnötigen theoretischen Ballast be-
sonderen Wert lege. Er müsse jedoch vor der Gefahr warnen,
welche bei einer Verlegung der Ausbildung in den Rahmen
einer Bau- oder Kunstgewerbeschule entstehe. Die Hilfskräfte,
welche dort bis jetzt herangebildet würden und deren Vor-
handensein in der Praxis unbedingt erforderlich sei, würden
durch einen zu großen Zustrom in die neue Architektenschule
verschwinden. Für die so entstandene Lücke aber würde
ein Ersatz nicht vorhanden sein. Auch den Meisterateliers
müsse er ablehnend gegenüberstehen, da hier nur zu sehr
eine schematische Nachahmung durch den Schüler zu befürch-
ten sei. Außerdem habe nicht das Meisteratelier die Erfolge
aufzuweisen, sondern die Persönlichkeit des Meisters. Wo
diese vorhanden sei, sei auch das Atelier von selbst gegeben.
Die folgende Aussprache zeigte lebhafte Gegensätze in der
Versammlung, wobei besonders von Professor Straumer-Berlin
der Standpunkt vertreten wurde, daß nicht die Architekten,
sondern die Schulen gehoben werden müßten, die sich den
Bedürfnissen der Architekten anzupassen hätten. Ueber den
Begriff der Architektenkammer referierte Architekt Kröger.
Für die Schaffung derselben seien besonders seitens der
Bayerischen Regierung wie auch des Hamburgischen Senates
zustimmende Aeußerungen zu verzeichnen. Die übrigen
Bundesstaaten müßten noch besonders gewonnen werden.
In Preußen arbeite man gegenwärtig an dem Plan einer Künst-
lerkammer, die jedoch als unzweckmäßig zu betrachten sei.
Insbesondere müsse aber eine Kammer abgelehnt werden,
in welcher auch die beamteten Architekten Aufnahme fänden.
An einer solchen habe der B. D. A. kein Interesse. Der nächst-
folgende Punkt brachte eine Reihe interessanter Einzelheiten
zu dem Thema der Zwangswirtschaft, in deren Mittelpunkt
insbesondere die Ausführungen von Architekt Schnuckebier
(M. d. L.) standen. Die übrigen Punkte der Tagesordnung
betrafen rein interne Vereinsangelegenheiten, wie Kassenbericht
usw. Der bisherige Vorstand — Geh. Rat Gurlitt, Geh. Rat
Bestelmeyer und Architekt Kröger — wurde wiedergewählt.
Am Abend folgte ein Festessen im Hauptrestaurant der Aus-
I 1 r n K AI /VI r I > I ■ * rv FÜR ARCHITEKTUR
1925 : JULI : H.7 1—/ 1—/ 1 V O/k kJ 1 T 1 i U 1 JL^ JL V UNDBAUPRAXIS
XXII.Bundestag des B.D.A. in München
Am 20. Juni wurde in München der 22. Bundestag abge-
halten, der mit einem Münchner Bierabend im Künstlerhaus
eröffnet wurde. Nach den einleitenden Begrüßungsworten
durch den Bundesvorsitzenden Geh.Reg.-Rat Prof Dr.Gurlitt
ergriff Geh. Geg.-Rat Prof.Dr.B estelmeyer-München das Wort
und erinnerte zunächst an den verstorbenen Prof. Gabr.v. Seidl,
den Erbauer der prächtigen Tagungsstätte, dessen Formen-
sprache heute noch trotz einer abweichenden Auffassung eine
eindringliche Wirkung ausübe und von erlesenem Menschtume
spreche. Die anwesenden Festgäste ehrten den verstorbenen
Meister durch Erheben von den Sitzen. Der Redner dankte
hierauf den Vertretern der Behörden und der Stadtgemeinde
München, von denen u.a. besonders genannt wurden der bayri-
sche Staatsminister des Innern Dr. v. Stützei, Staatsrat Wimmer
als Vertreter des Bayer. Ministeriums für Soziale Fürsorge,
Ministerialrat Huber von der Obersten Baubehörde.
Aus den Begrüßungsworten von Geheimrat Bestelmeyer
verdienen besonders die Ausführungen über das Verhältnis
des B.D.A. zu den beamteten Kollegen hervorgehoben zu
werden. Er widerlegte die vielfach verbreitete irrige Auffas-
sung, daß der Bund diesen gegenüber eine feindliche Ein-
stellung vertrete. Besonders betonte er, daß gerade in Mün-
chen eine gegenseitige Achtung vor den jeweiligen Einzel-
leistungen zu verzeichnen sei. Insbesondere sei es ein Ver-
dienst der Behörden der als Pflegestätte der Kunst bekannten
Stadt München, daß sie stets den Vorstellungen der Künstler
gegenüber weitgehendes Entgegenkommen gezeigt hätten und
damit bewiesen, daß durch ein gedeihliches Zusammenarbeiten
auch wertvolle Früchte zu erzielen sind. Es müsse ein Haupt-
ziel des Bundes sein, die deutsche Baukunst hochzuhalten,
die gleich der Sprache ein Ausdruck für deutsches Wesen
darstelle. Die Sorge darum, die auch das Band darstelle,
welches alle verbinde, habe auch die Bundesmitglieder in
München zusammengeführt. Dem glücklichen Gedeihen und der
Weiterentwicklung der deutschen Baukunst weihte der Redner
unter lebhaftem Beifall das erste Glas. Minister Dr. v. Stützei
begrüßte die Anwesenden im Namen der bayerischen Staats-
regierung, welche stets die wirtschaftliche Not der freien
Architektenschaft mit größter Sorge verfolgt habe und es als
Pflicht betrachte, die Ausübung des Berufes zu erleichtern.
Allerdings könne der Staat seine eigenen beamteten Kräfte
nicht entbehren, aber diese sollten ebenfalls nicht als Gegner
der freien Architekten betrachtet werden. Auch hier solle Ver-
ständnis wie Erkenntnis für die Notwendigkeit des freischaf-
fenden Kollegen vorherrschen. Mit einem Mahnruf, nicht bloß
gute Architekten sondern bei den herrschenden finanziellen
Schwierigkeiten unseres Volkes auch gute Wirtschafter zu sein,
die mit wenig Mitteln eine behagliche Behausung zu schaffen
vermöchten, und einem Trinkspruche auf das Gedeihen des
Verbandes, der zur Vertiefung des baukünstlerischen Gedan-
kens beitragen möge, schloß der Minister. Der von der Ver-
sammlung hiefür gezollte Beifall erfuhr eine erhebliche Ver-
stärkung, als im Anschluß hieran Geheimrat Gurlitt den Wunsch
äußerte, es möchte in allen Ländern solche Minister geben,
die ein Verständnis und Entgegenkommen bewiesen, wie es
hierin Bayern der Fall sei. Oberbaurat Beblo übermittelte die
Grüße der Stadtgemeinde und bezeichnete die Deutsche Ver-
kehrsausstellung als ein Werk der freien Architektenschaft.
Als Vertreter der Technischen Hochschule München, welche
ihre Hauptaufgabe in der Heranbildung zum freien Architek-
ten erblicke und daher besonderen Anteil an den Zielen und
Bestrebungen des B. D. A. nehme, übermittelte der Vorstand
der Architektenabteilung Professor Göschei deren Glück-
wünsche. Über die Bedeutung der freien Berufe in der Volks-
wirtschaft sprach hierauf der stellv. Vorsitzende des Bundes,
Architekt Kröger-Hannover, der auch dem Reichswirtschafts-
rate als Mitglied angehört. Ausgehend von der Tatsache, daß
das Wirtschaftsleben besonders nach großen politischen Er-
eignissen von Strömungen geschlossener Volkskreise nicht
unwesentlich beeinflußt wird, schilderte der Redner zunächst,
wie bereits im Frieden einzelne wirtschaftliche Organisationen
Bestrebungen zeigten, innerhalb der politischen Parteien Ver-
tretung zu finden. Der unglückliche Ausgang des Weltkrieges
steigerte diese wesentlich und führte damit auch zu einer
erheblichen Verschärfung des Kampfes zwischen den ver-
schiedenen Spitzenverbänden, der zum Schaden der gesamten
Volkswirtschaft gereichen mußte, nachdem dabei parteipoli-
tische Gesichtspunkte zu sehr überhand nahmen. Diesem
Uebel sollte die Einrichtung des Reichswirtschaftsrates steuern.
Durch den Einbruch der Inflation wurden vor allem auch die
freien geistigen Berufe schwer betroffen, deren Bezahlung zeit-
lich so weit zurückblieb, daß sie einer völligen Entwertung
gleichkam. Von den maßgebenden Kreisen des politischen und
wirtschaftlichen Lebens sei wohl wiederholt die Bedeutung
der Geistesarbeit anerkannt worden, doch sei den Worten
niemals die Tat gefolgt. Der Vortragende betonte an dieser
Stelle besonders, daß es verfehlt sei, für gewisse Zweige des
Beruflebens Zugeständnisse zu machen, die den Charakter
von Geschenken trügen. Solche würden grundsätzlich abge-
lehnt von den freien geistigen Berufen, welche eine Beach-
tung verlangen, die ihrer Bedeutung entspreche und auch mit
dem erforderlichen Einfluß verbunden sei. Gerade die Groß-
leistungen der freien geistigen Berufe aber haben besonders
dazu beigetragen, unserem Vaterlande eine Ueberlegenheit im
Wettbewerb der Völker zu sichern. Diese Berufsstände, denen
neben den Aerzten, Juristen, Schriftstellern, Ingenieuren,
Chemikern usw. insbesondere auch die Architekten zuzurech-
nen sind und in ihrer Gesamtheit als „freier Beruf“ zu be-
zeichnen seien, müßten den anderen Berufsständen, den
Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Beamten gleichgestellt wer-
den durch Anerkennung ihrer Spitzenorganisation, die bei
wichtigen Anlässen zu den Beratungen hinzugezogen wer-
den müsse. Ebenso sollten bei der Zusammensetzung des
endgültigen Reichswirtschaftsrates die freien Berufe eine ihrer
Bedeutung entsprechende ausreichende Vertretung erhalten,
ohne daß jedoch dadurch eine Kürzung der Sitze eintrete,
nachdem die einzelnen Berufsstände jetzt ohnedies bereits zu
schwach vertreten seien. Im weiteren Verlauf des Abends
plauderte Geh. Rat Gurlitt noch über seine in Neuyork ge-
wonnenen Eindrücke. Unter lebhaftem Beifall wurde ferner
der deutschen Stammesbrüder in Oesterreich gedacht.
In der nichtöffentlichen Versammlung am folgenden Tage
berichtete Architekt Bensel-Hamburg über die Erziehung des
baukünstlerischen Nachwuchses. Der Grundgedanke hiezu
bildete die Anerkennung der Notwendigkeit einer allgemeinen
Vorbildung, an die sich die Berufsbildung anschließe, die ihre
höchste Vollendung finde in dem Meisteratelier und sich von
der heutigen akademischen Schule völlig ferne halten müsse,
solange deren Programm nicht den praktischen Forderungen
entspreche. Demgegenüber verwies Professor Göschl darauf,
daß besonders in München und Stuttgart eine einschneidende
Reform des Unterrichtsprogrammes bereits in Durchführung
sich befinde, die auf die praktische Ausbildung des jungen Archi-
tekten unter Verzicht auf unnötigen theoretischen Ballast be-
sonderen Wert lege. Er müsse jedoch vor der Gefahr warnen,
welche bei einer Verlegung der Ausbildung in den Rahmen
einer Bau- oder Kunstgewerbeschule entstehe. Die Hilfskräfte,
welche dort bis jetzt herangebildet würden und deren Vor-
handensein in der Praxis unbedingt erforderlich sei, würden
durch einen zu großen Zustrom in die neue Architektenschule
verschwinden. Für die so entstandene Lücke aber würde
ein Ersatz nicht vorhanden sein. Auch den Meisterateliers
müsse er ablehnend gegenüberstehen, da hier nur zu sehr
eine schematische Nachahmung durch den Schüler zu befürch-
ten sei. Außerdem habe nicht das Meisteratelier die Erfolge
aufzuweisen, sondern die Persönlichkeit des Meisters. Wo
diese vorhanden sei, sei auch das Atelier von selbst gegeben.
Die folgende Aussprache zeigte lebhafte Gegensätze in der
Versammlung, wobei besonders von Professor Straumer-Berlin
der Standpunkt vertreten wurde, daß nicht die Architekten,
sondern die Schulen gehoben werden müßten, die sich den
Bedürfnissen der Architekten anzupassen hätten. Ueber den
Begriff der Architektenkammer referierte Architekt Kröger.
Für die Schaffung derselben seien besonders seitens der
Bayerischen Regierung wie auch des Hamburgischen Senates
zustimmende Aeußerungen zu verzeichnen. Die übrigen
Bundesstaaten müßten noch besonders gewonnen werden.
In Preußen arbeite man gegenwärtig an dem Plan einer Künst-
lerkammer, die jedoch als unzweckmäßig zu betrachten sei.
Insbesondere müsse aber eine Kammer abgelehnt werden,
in welcher auch die beamteten Architekten Aufnahme fänden.
An einer solchen habe der B. D. A. kein Interesse. Der nächst-
folgende Punkt brachte eine Reihe interessanter Einzelheiten
zu dem Thema der Zwangswirtschaft, in deren Mittelpunkt
insbesondere die Ausführungen von Architekt Schnuckebier
(M. d. L.) standen. Die übrigen Punkte der Tagesordnung
betrafen rein interne Vereinsangelegenheiten, wie Kassenbericht
usw. Der bisherige Vorstand — Geh. Rat Gurlitt, Geh. Rat
Bestelmeyer und Architekt Kröger — wurde wiedergewählt.
Am Abend folgte ein Festessen im Hauptrestaurant der Aus-