BEILAGE ZU:
1925 : OKT. : H.10
DER BAUMEISTER
— MONATSHEFTE —
FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS
Freistehende Fabrikessen
aus Kunststein oder Ziegelsteinen?
In Böhlen bei Leipzig ist vor einigen Monaten ein Dampf-
schornstein eingestürzt, der, nach dem System Nast aus Beton-
steinen aufgeführt, eine Höhe von 110 m erreicht hatte und
nahezu vollendet war. Dieses Ereignis, bei dem leider auch
Menschenleben vernichtet wurden, erregte besonders Interesse
in der Bauwelt, und führte vielfach zur Aufwerfung der Frage,
ob diese aus Kunststein ausgeführten Schornsteine als zweck-
mäßiger Ersatz für die bisher üblichen aus Ziegelsteinen er-
bauten freistehenden Fabrikessen gelten können. Auf Grund
der bishergesammelten Erfahrungen kann hiezu nachstehendes
gesagt werden: Bei der Herstellung eines sogen. Nast-Schorn-
steines wird das Fundament desselben aus Beton in Form
einer kreisrunden Platte, je nach Beschaffenheit des Baugrundes
auch aus Eisenbeton, in vorschriftsmäßiger Stärke ausgeführt.
In dieses Fundament greifen die Vertikalarmatur der Schorn-
steinsäule, sowie die Fuchsstützen ein, die also dadurch der-
art fest miteinander verbunden werden, daß sie gleichsam
eine Masse mit dem Fundamente bilden. Die für den Auf-
bau der Schornsteinsäule bestimmten Steine werden am Bau-
ort selbst als Hohlsteine in Radialform mit ungleichen Hohl-
räumen angefertigt. Die Hohlsteine haben |—| Form und wer-
den in eisernen Formen gestampft, sowie der besseren Er-
härtung wegen mit Wasser begossen. Die Steine haben eine
handliche Länge und sind am Fuße des Schornsteines ca.
60 cm lang. Die Wandstärke ergibt sich aus der statischen
Berechnung. An der Mündung beträgt die Wandstärke 0,15 m
und nimmt nach unten jeweils um 5 cm zu. Die Höhe der
Steine ist durchweg 25 oder 30 cm.
Die Vertikal-Armatur der Schornsteinsäule besteht aus
Flacheisen von handlicher Länge, deren Stärke durch die
statische Berechnung ermittelt wird; sie beginnt bei Unter-
kante-Schornsteinfundament und führt durch die Hohlräume
der einzelnen Formsteine von der Sohle bis zur Mündung.
Hierdurch ist dem Eisen eine bestimmte Lage vorgeschrieben,
welche verhindert, daß die Armatur,wie bei einem monolithischen
Eisenbeton, einmal zu weit nach vorn und ein andermal zu
weit nach rückwärts liegt. Die Flacheisen werden bis zur
Mündung jeweils miteinander verschraubt. Das Aufmauern
des Schornsteinschaftes beginnt gleich über Fundamentober-
kante. Die Herstellung eines besonderen Sockels zur Auf-
nahme der Fuchseinmündungen ist daher nicht erforderlich.
Diese können durch besondere Konstruktion in beliebiger
Anzahl und Größe, auch in jeder Höhe in der Schornstein-
säule angebracht werden. Nach Vermauern der ersten Schicht
Hohlsteine werden die Hohlräume mit dünnem Beton aus-
gestampft. Die Steine haben auf der oberen Lagerseite eine
Nute, worin die je nach der Beanspruchung des Schornsteines
aus 2 — 3 Lagen Rundeisen von gewöhnlich 8 mm Stärke be-
stehende Horizontal-Armierung der Schornsteinsäule eingelegt
wird. Nach Aufträgen von Betonmörtel auf der ersten Hohl-
steinschicht wird die nächste derartig versetzt, daß die Stoß-
fugen jeweils auf die Steinmitte der vorherigen Schicht kom-
men. Das fertige Mauerwerk wird außen sauber verfugt, die
inneren Fugen glatt verstrichen. Der so hergestellte Schorn-
stein hat das Aussehen eines Werksteinbauwerkes.
Nast-Schornsteine werden im Innern, genau so wie dies
bei Ziegelkaminen geschieht, mit einem Isolierfutter aus Ziegel-
steinen versehen. Bei Abgastemperaturen bis zu 400—500 Grad
genügt ein Ziegelfutter von */s Stein Stärke und 15 m Höhe.
Für höhere Temperaturen (Abgase von Martinöfen, Stoßöfen,
Glühöfen etc.) erfolgt bei der Anlage eine entsprechende
Verstärkung.
In die Schornsteinsäule werden zum Besteigen des Schorn-
steines innere und äußere Steigeisen eingebaut. Diese sind
an beiden Enden geschröpft, die Haken der Steigeisen um-
greifen die Horizontal-Armatur des Schornsteines. Ein Ent-
weichen der Steigeisen ist unmöglich. Der Blitzableiter bildet
die gesamte Eisenarmierung des Schornsteines. Es wird dabei
so eingerichtet, daß eine größere Anzahl der vertikalen Flach-
eisen den Schornstein ca. 80 cm überragt. Diese als Auf-
fangstangen dienenden Flacheisen werden durch ein verzinktes
Drahtseil miteinander verbunden. Die Erdleitung kann vor
Betonierung des Fundamentes an die Vertikal-Armatur des
Schornsteines angeschlossen werden, oder aber auch über
Terrainhöhe in der Weise, daß ein oder mehrere Flacheisen
angebohrt und mit der Erdleitung (oder Wasserleitung) ver-
bunden werden.
Die Zugverhältnisse eines Nast-Schornsteines sind die
gleichen wie bei Ziegelkaminen von gleichen Abmessungen.
Bei wiederholten vorgenommenen Messungen hat es sich er-
geben, daß der Temperaturunterschied zwischen Rauchgas-
eintritt und -austritt bedeutend günstiger war, als dieses sonst
theoretisch ermittelt wird.
Im Verlauf der letzten 15 Jahre sind solche Nast-Schorn-
steine vielfach ausgeführt worden im In- und Auslande; die
zwei höchsten in den Leunawerken bei Merseburg mit 124 m
Höhe. In dem Ammoniakwerk zu Oppau wurden Nast-Schorn-
steine von 100 m Höhe aufgeführt, die bei der bekannten
Explosion unversehrt blieben, während die aus Ziegelsteinen
erbauten Essen einstürzten. Gegen die Standfestigkeit und
Zugkraft derartiger Kunststein-Schornsteine sind keine Ein-
wendungen zu machen, ihre äußere Erscheinung ist aber im
Vergleich zu den aus Ziegelsteinen im Rohbau hergestellten
Fabrikessen von einer weniger vorteilhaften architektonischen
Wirkung, denn es sind eben nur glatte Rohre ohne jede
Unterbrechung, wogegen die Ziegelstein-Essen durch Simse
und Flächenmuster, sowie durch die Farbe des Steinmaterials
und Fugenteilung etc. eine belebende Wirkung erhalten können.
H. Altendorff - Leipzig.
Fernheizung
Von Dipl.-Ing. Ernst Hiller, Architekt B.D.A., Frankfurt a.M.
Die Kohle und der Mensch sind die beiden sichersten
und ergiebigsten Energie- und Werterzeuger einer Volks-
wirtschaft, sofern nicht Wasserkräfte von bedeutenderem Um-
fange in Frage kommen. Sie sind Kapitalwerte, die so ein-
gesetzt werden müssen, daß der höchste Nutzeffekt ohne
Raubbau am Bestand erzielt, wird. Wir haben zur Tilgung
unserer Schulden keine anderen positiven Werte, als die er-
giebige d. h. voll ausgenutzte Kohle und den intelligenten
Menschen. Trotz unserer weitgehenden wissenschaftlichen
Erkenntnisse verschwenden wir beides: Mensch und Kohle!
Diese volkswirtschaftlich sinnlose Wirtschaft zeigt sich in
gleichem Maße bei den staatlichen Kraft-, Wärme und Ver-
kehrsanlagen, wie bei einem großen Teil unserer Industrie-
anlagen und nicht zuletzt bei unseren hauswirtschaftlichen
Einrichtungen. Jeder ist von der Zweckmäßigkeit der Um-
stellung unserer Kohlenwirtschaft durchdrungen, aber er er-
wartet den Kredit für die Kosten dieser Umstellung vom
Auslande, und so verbrauchen wir in unberechenbarenWerten
Güter und Menschen in unproduktiver Weise. Das Problem
als Staatsproblem würde uns aber in eine komplizierte
finanztechnische Materie führen, die hier zu behandeln nicht
die Stelle ist, und die nicht ohne politische Einsichten gelöst
werden kann. Die Wärmewirtschaft der Großstädte, kann
man jedoch bereits heute in gewissen Grenzen ohne große
finanzielle und kommunalpolitische Umstellungen auf eine
gesündere Basis stellen.
Die Notwendigkeit hierauf hinzuweisen, ist um so dringender,
da bei der jetzigen Erstellung zahlreicher neuer Häuser-
anlagen innerhalb der Stadtgebiete die unzweckmäßigen Bau-
elemente, die eine antiquarische Wärmewirtschaft zur Voraus-
setzung hatten, unbedingt fortfallen müssen. Denken wir
an die Kohlenlager außerhalb der Häuser, die Hauskeller in
den Häusern, denken wir an die gesamten umfangreichen
Transport-, Auf- und Abladeeinrichtungen für die Kohlen-
versorgung der Haushaltungen, und machen wir uns ein ge-
samtes Bild von dem Kräfte- und Zeitaufwand, der auf das
Material verwendet werden muß, bis es die lokale Feuerstätte
erreicht, und daß es an dieser Stätte meist nur mit einem
Nutzeffekt von 30—40% ausgenutzt wird, so ist dies im Zeit-
alter der Technik ein erbärmliches Bild. Es wird noch er-
bärmlicher, wenn man bedenkt, daß 80% aller Wohnungen,
auch solche mit Zentralheizungen, bei nicht normalen klima-
tischen Perioden, unter der Mangelhaftigkeit ihrer Heizanlagen
zu leiden haben, und daß eine mangelhafte Wärmewirtschaft
der Volksgesundheit mindestens ebenso schadet, wie eine
mangelhafte Ernährungswirtschaft.
All dies sollte Anlaß genug sein, Mißstände bei Neubauten
zu vermeiden und bei Altbauten zu mildern, soweit dies
möglich ist, und es ist möglich.
Wir brauchen keine neuen Fernheizungsanlagen ins Leben
zu rufen, im Gegenteil soll der Architekt besondere Fern-
heizwerke für beschränkte Gebäudegruppen ablehnen, soweit
es sich nicht um Verwertung von Abwärme bestimmter In-
dustrieanlagen handelt. — Die in Amerika ausgeführten Fern-
heizungsanlagen, die bei Hochhäusern bautechnische Not-
1925 : OKT. : H.10
DER BAUMEISTER
— MONATSHEFTE —
FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS
Freistehende Fabrikessen
aus Kunststein oder Ziegelsteinen?
In Böhlen bei Leipzig ist vor einigen Monaten ein Dampf-
schornstein eingestürzt, der, nach dem System Nast aus Beton-
steinen aufgeführt, eine Höhe von 110 m erreicht hatte und
nahezu vollendet war. Dieses Ereignis, bei dem leider auch
Menschenleben vernichtet wurden, erregte besonders Interesse
in der Bauwelt, und führte vielfach zur Aufwerfung der Frage,
ob diese aus Kunststein ausgeführten Schornsteine als zweck-
mäßiger Ersatz für die bisher üblichen aus Ziegelsteinen er-
bauten freistehenden Fabrikessen gelten können. Auf Grund
der bishergesammelten Erfahrungen kann hiezu nachstehendes
gesagt werden: Bei der Herstellung eines sogen. Nast-Schorn-
steines wird das Fundament desselben aus Beton in Form
einer kreisrunden Platte, je nach Beschaffenheit des Baugrundes
auch aus Eisenbeton, in vorschriftsmäßiger Stärke ausgeführt.
In dieses Fundament greifen die Vertikalarmatur der Schorn-
steinsäule, sowie die Fuchsstützen ein, die also dadurch der-
art fest miteinander verbunden werden, daß sie gleichsam
eine Masse mit dem Fundamente bilden. Die für den Auf-
bau der Schornsteinsäule bestimmten Steine werden am Bau-
ort selbst als Hohlsteine in Radialform mit ungleichen Hohl-
räumen angefertigt. Die Hohlsteine haben |—| Form und wer-
den in eisernen Formen gestampft, sowie der besseren Er-
härtung wegen mit Wasser begossen. Die Steine haben eine
handliche Länge und sind am Fuße des Schornsteines ca.
60 cm lang. Die Wandstärke ergibt sich aus der statischen
Berechnung. An der Mündung beträgt die Wandstärke 0,15 m
und nimmt nach unten jeweils um 5 cm zu. Die Höhe der
Steine ist durchweg 25 oder 30 cm.
Die Vertikal-Armatur der Schornsteinsäule besteht aus
Flacheisen von handlicher Länge, deren Stärke durch die
statische Berechnung ermittelt wird; sie beginnt bei Unter-
kante-Schornsteinfundament und führt durch die Hohlräume
der einzelnen Formsteine von der Sohle bis zur Mündung.
Hierdurch ist dem Eisen eine bestimmte Lage vorgeschrieben,
welche verhindert, daß die Armatur,wie bei einem monolithischen
Eisenbeton, einmal zu weit nach vorn und ein andermal zu
weit nach rückwärts liegt. Die Flacheisen werden bis zur
Mündung jeweils miteinander verschraubt. Das Aufmauern
des Schornsteinschaftes beginnt gleich über Fundamentober-
kante. Die Herstellung eines besonderen Sockels zur Auf-
nahme der Fuchseinmündungen ist daher nicht erforderlich.
Diese können durch besondere Konstruktion in beliebiger
Anzahl und Größe, auch in jeder Höhe in der Schornstein-
säule angebracht werden. Nach Vermauern der ersten Schicht
Hohlsteine werden die Hohlräume mit dünnem Beton aus-
gestampft. Die Steine haben auf der oberen Lagerseite eine
Nute, worin die je nach der Beanspruchung des Schornsteines
aus 2 — 3 Lagen Rundeisen von gewöhnlich 8 mm Stärke be-
stehende Horizontal-Armierung der Schornsteinsäule eingelegt
wird. Nach Aufträgen von Betonmörtel auf der ersten Hohl-
steinschicht wird die nächste derartig versetzt, daß die Stoß-
fugen jeweils auf die Steinmitte der vorherigen Schicht kom-
men. Das fertige Mauerwerk wird außen sauber verfugt, die
inneren Fugen glatt verstrichen. Der so hergestellte Schorn-
stein hat das Aussehen eines Werksteinbauwerkes.
Nast-Schornsteine werden im Innern, genau so wie dies
bei Ziegelkaminen geschieht, mit einem Isolierfutter aus Ziegel-
steinen versehen. Bei Abgastemperaturen bis zu 400—500 Grad
genügt ein Ziegelfutter von */s Stein Stärke und 15 m Höhe.
Für höhere Temperaturen (Abgase von Martinöfen, Stoßöfen,
Glühöfen etc.) erfolgt bei der Anlage eine entsprechende
Verstärkung.
In die Schornsteinsäule werden zum Besteigen des Schorn-
steines innere und äußere Steigeisen eingebaut. Diese sind
an beiden Enden geschröpft, die Haken der Steigeisen um-
greifen die Horizontal-Armatur des Schornsteines. Ein Ent-
weichen der Steigeisen ist unmöglich. Der Blitzableiter bildet
die gesamte Eisenarmierung des Schornsteines. Es wird dabei
so eingerichtet, daß eine größere Anzahl der vertikalen Flach-
eisen den Schornstein ca. 80 cm überragt. Diese als Auf-
fangstangen dienenden Flacheisen werden durch ein verzinktes
Drahtseil miteinander verbunden. Die Erdleitung kann vor
Betonierung des Fundamentes an die Vertikal-Armatur des
Schornsteines angeschlossen werden, oder aber auch über
Terrainhöhe in der Weise, daß ein oder mehrere Flacheisen
angebohrt und mit der Erdleitung (oder Wasserleitung) ver-
bunden werden.
Die Zugverhältnisse eines Nast-Schornsteines sind die
gleichen wie bei Ziegelkaminen von gleichen Abmessungen.
Bei wiederholten vorgenommenen Messungen hat es sich er-
geben, daß der Temperaturunterschied zwischen Rauchgas-
eintritt und -austritt bedeutend günstiger war, als dieses sonst
theoretisch ermittelt wird.
Im Verlauf der letzten 15 Jahre sind solche Nast-Schorn-
steine vielfach ausgeführt worden im In- und Auslande; die
zwei höchsten in den Leunawerken bei Merseburg mit 124 m
Höhe. In dem Ammoniakwerk zu Oppau wurden Nast-Schorn-
steine von 100 m Höhe aufgeführt, die bei der bekannten
Explosion unversehrt blieben, während die aus Ziegelsteinen
erbauten Essen einstürzten. Gegen die Standfestigkeit und
Zugkraft derartiger Kunststein-Schornsteine sind keine Ein-
wendungen zu machen, ihre äußere Erscheinung ist aber im
Vergleich zu den aus Ziegelsteinen im Rohbau hergestellten
Fabrikessen von einer weniger vorteilhaften architektonischen
Wirkung, denn es sind eben nur glatte Rohre ohne jede
Unterbrechung, wogegen die Ziegelstein-Essen durch Simse
und Flächenmuster, sowie durch die Farbe des Steinmaterials
und Fugenteilung etc. eine belebende Wirkung erhalten können.
H. Altendorff - Leipzig.
Fernheizung
Von Dipl.-Ing. Ernst Hiller, Architekt B.D.A., Frankfurt a.M.
Die Kohle und der Mensch sind die beiden sichersten
und ergiebigsten Energie- und Werterzeuger einer Volks-
wirtschaft, sofern nicht Wasserkräfte von bedeutenderem Um-
fange in Frage kommen. Sie sind Kapitalwerte, die so ein-
gesetzt werden müssen, daß der höchste Nutzeffekt ohne
Raubbau am Bestand erzielt, wird. Wir haben zur Tilgung
unserer Schulden keine anderen positiven Werte, als die er-
giebige d. h. voll ausgenutzte Kohle und den intelligenten
Menschen. Trotz unserer weitgehenden wissenschaftlichen
Erkenntnisse verschwenden wir beides: Mensch und Kohle!
Diese volkswirtschaftlich sinnlose Wirtschaft zeigt sich in
gleichem Maße bei den staatlichen Kraft-, Wärme und Ver-
kehrsanlagen, wie bei einem großen Teil unserer Industrie-
anlagen und nicht zuletzt bei unseren hauswirtschaftlichen
Einrichtungen. Jeder ist von der Zweckmäßigkeit der Um-
stellung unserer Kohlenwirtschaft durchdrungen, aber er er-
wartet den Kredit für die Kosten dieser Umstellung vom
Auslande, und so verbrauchen wir in unberechenbarenWerten
Güter und Menschen in unproduktiver Weise. Das Problem
als Staatsproblem würde uns aber in eine komplizierte
finanztechnische Materie führen, die hier zu behandeln nicht
die Stelle ist, und die nicht ohne politische Einsichten gelöst
werden kann. Die Wärmewirtschaft der Großstädte, kann
man jedoch bereits heute in gewissen Grenzen ohne große
finanzielle und kommunalpolitische Umstellungen auf eine
gesündere Basis stellen.
Die Notwendigkeit hierauf hinzuweisen, ist um so dringender,
da bei der jetzigen Erstellung zahlreicher neuer Häuser-
anlagen innerhalb der Stadtgebiete die unzweckmäßigen Bau-
elemente, die eine antiquarische Wärmewirtschaft zur Voraus-
setzung hatten, unbedingt fortfallen müssen. Denken wir
an die Kohlenlager außerhalb der Häuser, die Hauskeller in
den Häusern, denken wir an die gesamten umfangreichen
Transport-, Auf- und Abladeeinrichtungen für die Kohlen-
versorgung der Haushaltungen, und machen wir uns ein ge-
samtes Bild von dem Kräfte- und Zeitaufwand, der auf das
Material verwendet werden muß, bis es die lokale Feuerstätte
erreicht, und daß es an dieser Stätte meist nur mit einem
Nutzeffekt von 30—40% ausgenutzt wird, so ist dies im Zeit-
alter der Technik ein erbärmliches Bild. Es wird noch er-
bärmlicher, wenn man bedenkt, daß 80% aller Wohnungen,
auch solche mit Zentralheizungen, bei nicht normalen klima-
tischen Perioden, unter der Mangelhaftigkeit ihrer Heizanlagen
zu leiden haben, und daß eine mangelhafte Wärmewirtschaft
der Volksgesundheit mindestens ebenso schadet, wie eine
mangelhafte Ernährungswirtschaft.
All dies sollte Anlaß genug sein, Mißstände bei Neubauten
zu vermeiden und bei Altbauten zu mildern, soweit dies
möglich ist, und es ist möglich.
Wir brauchen keine neuen Fernheizungsanlagen ins Leben
zu rufen, im Gegenteil soll der Architekt besondere Fern-
heizwerke für beschränkte Gebäudegruppen ablehnen, soweit
es sich nicht um Verwertung von Abwärme bestimmter In-
dustrieanlagen handelt. — Die in Amerika ausgeführten Fern-
heizungsanlagen, die bei Hochhäusern bautechnische Not-