BEILAGE ZU;
1925 : DEZ. : H.12
DER BAUMEISTER
-MONATSHEFTE —
FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS
riiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiriiiiiu
AN UNSERE LESER!
Mit Beginn des neuen, nunmehr 24. Jahrganges wird der „Baumeister“ in geändertem Formate erscheinen. Seine Aus-
stattung bleibt die gleiche, aber sie zeigt sich in anderen Maßverhältnissen. Mit dieser Aenderung soll nicht nur mehr-
fachen Anregungen aus dem Leserkreise, sondern nicht zuletzt den auch durch die Postbehörde unterstützten D.-L-
Normbestrebungen entsprochen werden. Die Aenderung bedeutet nur scheinbar eine Verkleinerung, in Wirklichkeit ist damit
eine beträchtliche Erweiterung des Umfanges verbunden, da die Seitenzahl des Hauptteils von 12 auf 24 erhöht wird. An
seinen in Fachkreisen anerkannten Grundsätzen wird der „Baumeister“ auch weiterhin festhalten und nach wie vor besondere
Sorgfalt der Veranschaulichung bedeutsamer neuzeitlicher Architektur werke angedeihen lassen und sie in möglichster Größe
wiederzugeben bestrebt sein. Im Interesse einer vorteilhaften Wiedergabe von baulichen Einzelheiten, für praktische Verwend-
barkeit unerläßlich, werden auch die Tafelbeilagen beibehalten. — Möge der „Baumeister“ in seiner neuer Aufmachung, die für
viele handlicher sein wird, neue Freunde finden und die Wertschätzung der bisherigen sich erhalten!
VERLAG UND SCHRIFTLEITUNG
iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiimiiiiiiiiiiiiim
Auszug aus einem Vortrag
gehalten auf der Tagung des Bundes Deutscher Dekorationsmaler
in Dresden am 7.Juni 1925 von Stadtbaurat H. R itter - Leipzig
Das Einzelhaus kann im Städtebau keine ausschlaggebende
Rolle für sich in Anspruch nehmen. Es ist nur Glied seiner
Nachbarschaft, Teil einer Straßen- oder Platzwand, Glied
einer Siedlungsgruppe, vielleicht der Abschluß einer großen
Straße. Die farbige Behandlung einer Fassade mag deshalb
an sich sehr interessant sein; für den Städtebau wertvoll ist
sie nur, wenn sie sich ihrer Umgebung einfügt. Fällt das Haus
mit seiner Bemalung aus seiner Umgebung heraus, so ist
ihr Wert für die Allgemeinheit beschränkt, sie mag sogar
als Störung empfunden werden. Eine Ausnahme von dieser
allgemeinen Regel machen naturgemäß Gebäulichkeiten, die
ganz für sich — etwa im Grünen — stehen, Parkhäuser und
ähnliches. Dort ist ein starker farbiger Fleck häufig von
ganz besonderem Wert.
Wir unterscheiden im Städtebau Plätze und
Straßen. Die Plätze haben einen ruhenden, in sich ge-
schlossenen Charakter, während den Straßen in der Regel
eine ausgesprochene Bewegungstendenz innewohnt. Diese
prinzipiellen Unterschiede im Charakter zwischen Plätzen
und Straßen machen naturgemäß auch eine verschiedenartige
Behandlung der Häuser bei der Bemalung erforderlich.
Streng architektonisch aufgebaute Plätze, besonders solche
aus der Barockzeit, aber auch solche moderner Baukünstler
müssen in der Farbe einheitlich gehalten werden. Das be-
deutet nicht, daß man nur eine Farbe bei der Bemalung der
Einzelhäuser verwenden kann, im Gegenteil, es können die
Einzelhäuser in sich in verschiedenen, ja gegensätzlichen
Farben behandelt werden, aber die Gesamtfronten sind ein-
heitlich in diesen einmal gewählten Farben zu behandeln.
Die Hauptgebäude, weiche die Achsen des Platzes betonen,
können durch Verstärkung dieser Farben besonders hervor-
gehoben werden.
Wir haben neben diesen streng architektonischen Plätzen
besonders in unseren alten Städten auch solche, die unregel-
mäßig aufgebaut sind. Dort ist eine Vielgestaltigkeit in der
Farbgebung am Platze und häufig von großem Reiz. Dort
mag gerade aus dem Gegensatz zwischen dem alten ge-
schwärzten Rathaus und den buntfarbig zu haltenden Bürger-
häusern im Umkreis ein wirkungsvolles Gesamtbild erwachsen.
Es mag möglich sein, daß der Maßstab des Platzes durch
eine solch buntfarbige Unterteilung der Platzwände gehoben
und das Rathaus in seiner Wirkung unterstützt wird. Es mag
dort möglich sein, durch starke horizontale Farbgliederung
neue Gebäude, die man in ihrer Höhe und Architektur ohne
Rücksicht auf das Rathaus und die sonstigen alten Häuser
ausgeführt hat, in ihrer Massenwirkung wieder herabzudrücken
und dem allgemeinen Maßstab einzugliedern.
Wir kommen zu den Straßen. Diese haben im Gegen-
satz zu den Platzgebilden, wie ich vorhin ausführte, eine
ausgesprochene Bewegun gs t e n d e n z. Diese führt dazu,
in der Farbgebung einen gewissen Rhythmus anzustreben,
d. h. die Farben und Töne in einer gewissen Reihenfolge
anzuordnen und in bestimmten Abschnitten zu wiederholen.
Dieser Rhythmus wird natürlich um so größere Wellenlängen
aufweisen, je größer die Geschwindigkeit ist, in der wir uns
durch die Straßen bewegen. Wir unterscheiden Verkehrs-
und Wohnstraßen. Die ersteren besonders, die sogen.
Ausfallstraßen, weisen schon heute schnellen Verkehr auf.
Mit der wachsenden Einführung des Autos wird sich die
Schnelligkeit noch bedeutend steigern. Wir bewegen uns
durch diese Straßen mit der Straßenbahn, im Auto, im
Autobus, mit den Schnellbahnen. Das Einzelhaus kommt
uns bei dieser schnellen Bewegung nicht mehr als Einzel-
erscheinung zum Bewußtsein. Wir nehmen nur mehr die
großen Zusammenhänge der Straßenwände von Kreuzung zu
Kreuzung wahr. Es wäre deshalb verkehrt, in solchen Ver-
kehrsstraßen jedes Haus mit einer besonderen eigenen Farbe
auszustatten. Die Farben würden bei der raschen Aufeinander-
folge verschwimmen oder ein lästiges Flimmern erzeugen.
Es scheint deshalb erforderlich, in den Verkehrsstraßen
größere Häuserstrecken durch Farbe zusammenzufassen, und
durch gewisse Wiederholung dieser Farben einen Rhythmus
in die lange Straßenfront zu bringen. Man wird dabei er-
reichen, daß auch derjenige, der zufällig an einer Stelle stille
steht und die lange Flucht der Straßen hinabblickt, einen
starken Eindruck erhält. An den wichtigen Kreuzungen der
Straßen kann eine Steigerung der Farbgebung herbeigeführt
werden, ohne daß dadurch die Straßenwand zerrissen werden
darf. Völlig anders liegen die Verhältnisse bei den Wohn-
straßen, im Inneren der Stadt und im Inneren unserer
Siedlungen. Besonders in den alten Stadtkernen ist die
farbige Einzelbehandlung der Häuser am Platze und von
alters her üblich gewesen. Ich erinnere an die Stadtkerne
von Frankfurt a. M. und anderen Städten. Mit ausgezeich-
netem Erfolg hat man dort die Einzelhäuser individuell be-
handelt, z. T. durch einheitlichen Anstrich in satten Farben,
z. T. in moderner figürlicher und ornamentaler Malerei.
Der Maßstab der Straßen und damit der ganzen Altstadt
wird durch solche individuelle Behandlung der Häuser ge-
hoben. Man geht dort in langsamem Tempo durch die
winkligen Gassen und betrachtet mit besonderem Vergnügen
die einzelnen Giebel und Erker, die jetzt erst durch die Farbe
wieder recht zur Geltung kommen. Es ist sehr wertvoll,
zu bemerken, wie der Gesamteindruck einer Stadt durch solche
farbige Betonung ihres alten Stadtkernes beeinflußt wird.
Es scheint mir eine wichtige Aufgabe des Städtebaues zu sein,
den Charakter einer Stadt auf solche Weise in seiner ganzen
Eigenart wieder hervorzuholen und dem Einwohner wie dem
Fremden zu Gemüte zu führen. Aehnlich sind die Verhält-
nisse in den übrigen Wohnvierteln einer Stadt, besonders
in den neuen Siedlungen. Wir sind in unserer kargen Zeit
gezwungen, in weitgehendem Maße das Bauwesen zu me-
chanisieren und gelangen dadurch zu einer großen Einheit-
lichkeit in unseren Bauten. Die Typisierung der meisten
Bauteile wie Türen und Fenster bildet einen weiteren bewußt
auf uns genommenen Zwang. Einförmigkeit und Langeweile
in den Siedlungen läßt sich durch einen geschickten Be-
bauungsplan vermeiden. Es ist aber trotz allem die Farbe
für uns ein willkommener Helfer, um in die Siedlungen einen
heimlichen und wohnlichen Charakter zu bringen, um den
einzelnen Häuschen eine gewisse Individualität zu verleihen,
um dem Geschmack der einzelnen Bewohner Rechnung
zu tragen.
Ich gelange zu dem Ergebnis, daß Architekturplätze und
Verkehrsstraßen eine einheitliche großzügige Farbengebung
erfordern, daß aber in den winkligen Gassen und Plätzen
1925 : DEZ. : H.12
DER BAUMEISTER
-MONATSHEFTE —
FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS
riiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiriiiiiu
AN UNSERE LESER!
Mit Beginn des neuen, nunmehr 24. Jahrganges wird der „Baumeister“ in geändertem Formate erscheinen. Seine Aus-
stattung bleibt die gleiche, aber sie zeigt sich in anderen Maßverhältnissen. Mit dieser Aenderung soll nicht nur mehr-
fachen Anregungen aus dem Leserkreise, sondern nicht zuletzt den auch durch die Postbehörde unterstützten D.-L-
Normbestrebungen entsprochen werden. Die Aenderung bedeutet nur scheinbar eine Verkleinerung, in Wirklichkeit ist damit
eine beträchtliche Erweiterung des Umfanges verbunden, da die Seitenzahl des Hauptteils von 12 auf 24 erhöht wird. An
seinen in Fachkreisen anerkannten Grundsätzen wird der „Baumeister“ auch weiterhin festhalten und nach wie vor besondere
Sorgfalt der Veranschaulichung bedeutsamer neuzeitlicher Architektur werke angedeihen lassen und sie in möglichster Größe
wiederzugeben bestrebt sein. Im Interesse einer vorteilhaften Wiedergabe von baulichen Einzelheiten, für praktische Verwend-
barkeit unerläßlich, werden auch die Tafelbeilagen beibehalten. — Möge der „Baumeister“ in seiner neuer Aufmachung, die für
viele handlicher sein wird, neue Freunde finden und die Wertschätzung der bisherigen sich erhalten!
VERLAG UND SCHRIFTLEITUNG
iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiimiiiiiiiiiiiiim
Auszug aus einem Vortrag
gehalten auf der Tagung des Bundes Deutscher Dekorationsmaler
in Dresden am 7.Juni 1925 von Stadtbaurat H. R itter - Leipzig
Das Einzelhaus kann im Städtebau keine ausschlaggebende
Rolle für sich in Anspruch nehmen. Es ist nur Glied seiner
Nachbarschaft, Teil einer Straßen- oder Platzwand, Glied
einer Siedlungsgruppe, vielleicht der Abschluß einer großen
Straße. Die farbige Behandlung einer Fassade mag deshalb
an sich sehr interessant sein; für den Städtebau wertvoll ist
sie nur, wenn sie sich ihrer Umgebung einfügt. Fällt das Haus
mit seiner Bemalung aus seiner Umgebung heraus, so ist
ihr Wert für die Allgemeinheit beschränkt, sie mag sogar
als Störung empfunden werden. Eine Ausnahme von dieser
allgemeinen Regel machen naturgemäß Gebäulichkeiten, die
ganz für sich — etwa im Grünen — stehen, Parkhäuser und
ähnliches. Dort ist ein starker farbiger Fleck häufig von
ganz besonderem Wert.
Wir unterscheiden im Städtebau Plätze und
Straßen. Die Plätze haben einen ruhenden, in sich ge-
schlossenen Charakter, während den Straßen in der Regel
eine ausgesprochene Bewegungstendenz innewohnt. Diese
prinzipiellen Unterschiede im Charakter zwischen Plätzen
und Straßen machen naturgemäß auch eine verschiedenartige
Behandlung der Häuser bei der Bemalung erforderlich.
Streng architektonisch aufgebaute Plätze, besonders solche
aus der Barockzeit, aber auch solche moderner Baukünstler
müssen in der Farbe einheitlich gehalten werden. Das be-
deutet nicht, daß man nur eine Farbe bei der Bemalung der
Einzelhäuser verwenden kann, im Gegenteil, es können die
Einzelhäuser in sich in verschiedenen, ja gegensätzlichen
Farben behandelt werden, aber die Gesamtfronten sind ein-
heitlich in diesen einmal gewählten Farben zu behandeln.
Die Hauptgebäude, weiche die Achsen des Platzes betonen,
können durch Verstärkung dieser Farben besonders hervor-
gehoben werden.
Wir haben neben diesen streng architektonischen Plätzen
besonders in unseren alten Städten auch solche, die unregel-
mäßig aufgebaut sind. Dort ist eine Vielgestaltigkeit in der
Farbgebung am Platze und häufig von großem Reiz. Dort
mag gerade aus dem Gegensatz zwischen dem alten ge-
schwärzten Rathaus und den buntfarbig zu haltenden Bürger-
häusern im Umkreis ein wirkungsvolles Gesamtbild erwachsen.
Es mag möglich sein, daß der Maßstab des Platzes durch
eine solch buntfarbige Unterteilung der Platzwände gehoben
und das Rathaus in seiner Wirkung unterstützt wird. Es mag
dort möglich sein, durch starke horizontale Farbgliederung
neue Gebäude, die man in ihrer Höhe und Architektur ohne
Rücksicht auf das Rathaus und die sonstigen alten Häuser
ausgeführt hat, in ihrer Massenwirkung wieder herabzudrücken
und dem allgemeinen Maßstab einzugliedern.
Wir kommen zu den Straßen. Diese haben im Gegen-
satz zu den Platzgebilden, wie ich vorhin ausführte, eine
ausgesprochene Bewegun gs t e n d e n z. Diese führt dazu,
in der Farbgebung einen gewissen Rhythmus anzustreben,
d. h. die Farben und Töne in einer gewissen Reihenfolge
anzuordnen und in bestimmten Abschnitten zu wiederholen.
Dieser Rhythmus wird natürlich um so größere Wellenlängen
aufweisen, je größer die Geschwindigkeit ist, in der wir uns
durch die Straßen bewegen. Wir unterscheiden Verkehrs-
und Wohnstraßen. Die ersteren besonders, die sogen.
Ausfallstraßen, weisen schon heute schnellen Verkehr auf.
Mit der wachsenden Einführung des Autos wird sich die
Schnelligkeit noch bedeutend steigern. Wir bewegen uns
durch diese Straßen mit der Straßenbahn, im Auto, im
Autobus, mit den Schnellbahnen. Das Einzelhaus kommt
uns bei dieser schnellen Bewegung nicht mehr als Einzel-
erscheinung zum Bewußtsein. Wir nehmen nur mehr die
großen Zusammenhänge der Straßenwände von Kreuzung zu
Kreuzung wahr. Es wäre deshalb verkehrt, in solchen Ver-
kehrsstraßen jedes Haus mit einer besonderen eigenen Farbe
auszustatten. Die Farben würden bei der raschen Aufeinander-
folge verschwimmen oder ein lästiges Flimmern erzeugen.
Es scheint deshalb erforderlich, in den Verkehrsstraßen
größere Häuserstrecken durch Farbe zusammenzufassen, und
durch gewisse Wiederholung dieser Farben einen Rhythmus
in die lange Straßenfront zu bringen. Man wird dabei er-
reichen, daß auch derjenige, der zufällig an einer Stelle stille
steht und die lange Flucht der Straßen hinabblickt, einen
starken Eindruck erhält. An den wichtigen Kreuzungen der
Straßen kann eine Steigerung der Farbgebung herbeigeführt
werden, ohne daß dadurch die Straßenwand zerrissen werden
darf. Völlig anders liegen die Verhältnisse bei den Wohn-
straßen, im Inneren der Stadt und im Inneren unserer
Siedlungen. Besonders in den alten Stadtkernen ist die
farbige Einzelbehandlung der Häuser am Platze und von
alters her üblich gewesen. Ich erinnere an die Stadtkerne
von Frankfurt a. M. und anderen Städten. Mit ausgezeich-
netem Erfolg hat man dort die Einzelhäuser individuell be-
handelt, z. T. durch einheitlichen Anstrich in satten Farben,
z. T. in moderner figürlicher und ornamentaler Malerei.
Der Maßstab der Straßen und damit der ganzen Altstadt
wird durch solche individuelle Behandlung der Häuser ge-
hoben. Man geht dort in langsamem Tempo durch die
winkligen Gassen und betrachtet mit besonderem Vergnügen
die einzelnen Giebel und Erker, die jetzt erst durch die Farbe
wieder recht zur Geltung kommen. Es ist sehr wertvoll,
zu bemerken, wie der Gesamteindruck einer Stadt durch solche
farbige Betonung ihres alten Stadtkernes beeinflußt wird.
Es scheint mir eine wichtige Aufgabe des Städtebaues zu sein,
den Charakter einer Stadt auf solche Weise in seiner ganzen
Eigenart wieder hervorzuholen und dem Einwohner wie dem
Fremden zu Gemüte zu führen. Aehnlich sind die Verhält-
nisse in den übrigen Wohnvierteln einer Stadt, besonders
in den neuen Siedlungen. Wir sind in unserer kargen Zeit
gezwungen, in weitgehendem Maße das Bauwesen zu me-
chanisieren und gelangen dadurch zu einer großen Einheit-
lichkeit in unseren Bauten. Die Typisierung der meisten
Bauteile wie Türen und Fenster bildet einen weiteren bewußt
auf uns genommenen Zwang. Einförmigkeit und Langeweile
in den Siedlungen läßt sich durch einen geschickten Be-
bauungsplan vermeiden. Es ist aber trotz allem die Farbe
für uns ein willkommener Helfer, um in die Siedlungen einen
heimlichen und wohnlichen Charakter zu bringen, um den
einzelnen Häuschen eine gewisse Individualität zu verleihen,
um dem Geschmack der einzelnen Bewohner Rechnung
zu tragen.
Ich gelange zu dem Ergebnis, daß Architekturplätze und
Verkehrsstraßen eine einheitliche großzügige Farbengebung
erfordern, daß aber in den winkligen Gassen und Plätzen