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Baumeister: das Architektur-Magazin — 23.1925

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Heft 11
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Blössner, August: Reisegedanken und Vergleiche: (Städtebauliches - Verkehrsfragen - Lichtreklame)
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https://doi.org/10.11588/diglit.70021#0282

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DER BAUMEISTER □ 1925, NOVEMBER

schattigen Laubengänge ersetzen kann. Einstens ging auch
in München von der Isar her bis zum Max-Joseph-Platz eine
Allee, sie ist aber ein Opfer der Neuzeit und der für Baum-
pflanzung ungünstigen Lage der Straße geworden.
Vorhallen und Bogenstellungen sind in der Stadt Zürich,
die man ob ihrer natürlichen Vorzüge mit strengerem Maße
mißt als manch andere Stadt, aus alter Zeit wie auch aus
neuer Zeit an vielen Stellen zu finden. Gerade für Schaffung
von Arkadendurchbrüchen zur Gewinnung neuer Fußweg-
flächen bieten sich damit sehr gute Beispiele. Durchbrüche
im Erdgeschoß in einfacher Weise, nicht in gewölbten Bogen
sondern mit ebener Decke auf glatten viereckigen Pfeilern
findet man, — gerade wie sichs ergibt, wenn man
einen Fußweg in einen Geschäftsladen hinein-
schiebt, indem einfach die Schaufenster zurück-
gesetzt werden. Straßenengen und gefährliche
Straßenkreuzungen sind auf diese Weise ver-
bessert worden. Auch in München gibt es eine
solch überlastete Straßenecke am Marienplatz,
die in gleicherweise geändert werden könnte,
wenn in ähnlicher Form ein neuer Fußweg ein-
gefügt werden würde. Die Lösungen vom Li-
matquai in Zürich geben Vorbilder. Es sei nicht
behauptet, daß diese Lösungen das Ideal in
architektonischer Hinsicht sind, die schönen
Bogenstellungen in Zürich, unmittelbar neben
den anderen Formen, beweisen drastisch den
Unterschied, aber da Hilfe nottat, mußte we-
nigstens das Erreichbare geschaffen werden.
An der „Münsterbrücke“ und am „Leuhof“ sind
neue Beispiele von Laubenanlagen zu finden.
Auch der Regelung des Wagenverkehrs wird
in letzter Zeit große Aufmerksamkeit zugewen-
det; durch Anlage von Trottoirinseln will an
den verkehrsreichsten Straßenbahnhaltestellen
und an Kreuzungen diese Regelung erzielt wer-
den; freilich scheint noch Duldsamkeit geübt
zu werden, wenn die Fuhrwerke ihren gewohn-
ten Weg auf dem Geleisestreifen statt außer-
halb der Trottoirinseln nehmen. Ob die weitere
Absicht, die zulässige Höchstgeschwindigkeit
für Fuhrwerke zu erhöhen, für einen Stadtver-
kehr den erwarteten Vorteil bringt, ist nicht
ganz sicher.
Besondere Umgehungsstraßen für Automo-
bile besitzen die Städte der Schweiz nicht; der
Durchgangsverkehr benutzt die Hauptverkehrs-
straßen. Ob dies überhaupt zu ändern sein
wird, sei allgemein dahingestellt; genau wie
eine große Zahl der Angestellten und Arbeiter
als Weg von der Arbeitsstätte nach Hause nicht
die abgelegenen ruhigen Seitenwege, sondern
die Hauptstraßen mit ihren Auslagen und Buch-
läden aufsuchen, so fährt immer wieder der
Durchgangsreisende überden Mittelpunkt eines
Ortes und einer Stadt und belastet die Plätze

handelt; das Schweizer Zivilgesetzbuch widmet diesen Forde-
rungen einen ausführlichen Artikel. Trotz der guten Heimat-
schutzgesetze konnte aber augenscheinlich am schönsten
Ehrenmal für gefallene Helden, dem „Luzerner Löwen“, die
Umgebung vor unschönen Verkaufsbuden nicht geschützt
werden. Das Gesetz gab aber der Schweiz die Handhabe
für Vorschriften zum Schutz gegen unschöne und aufdringliche
Reklame, wie dies seit 1908 die Stadt München nach Vor-
schlägen seines Stadtbauamtes, ebenfalls unter Stützung auf
gesetzliche Grundlagen, eingeführt hat. Und so ist es inter-
essant zu vergleichen, wie Schweizer Städte diese gesetzliche
Handhabe zum Schutz der Schönheit der Plätze und Straßen
gebraucht haben. In Zürich fällt auf, daß die
Reklameschilder zum allergrößten Teil in den
für sie bestimmten Streifen über den Laden-
fenstern eingefügt werden und daß selten Ar-
chitekturteile überschnitten und überdeckt sind.
Den berechtigten Forderungen des Geschäfts-
lebens ist Rechnung getragen, aber die Fassa-
den sollen vor groben Störungen geschützt
werden. Im übrigen ist die Stadtverwaltung
daran, die einschlägigen Vorschriften, die bei
der stets sich steigernden Reklamesucht überall
im Interesse der Allgemeinheit nötig geworden
sind, neu zu fassen. Und auch Bern hat in
einer der letzten Stadtratssitzungen die neue
Verordnung über Außenreklame beraten, wobei
in der Sitzung zum Ausdruck gebracht wurde,
daß Allgemeininteressen auf dem Spiel stehen;
es ist altes Kulturgut zu wahren und daher
Zwang auszuüben! Dabei sind noch besondere
Vorschriften für Lichtreklame und für das Ge-
biet der älteren Stadtteile beigefügt worden.
In Zürich selbst ist nun seit kurzem Gelegen-
heit gegeben, die Wirkungen verschiedenster
Lichtreklame zu würdigen. Dabei sei besonders
betont, daß nur an einer einzigen Stelle Wechsel-
reklame nach langem Zögern zugelassen ist,
wobei sich freilich herausstellte, daß diese
Wechselreklame, die am Dache eines Hauses
am Bellevueplatz angebracht ist, auch in dieser
gewählten Form die Kritik der Züricher heraus-
forderte, die darin eine Störung des Stadtbildes
sehen. Eine andere ähnliche, wechselnde Licht-
reklame auf dem Dache eines Hotels jenseits
der Bahnhofbrücke, die eine kurze Zeit ohne
Genehmigung innerhalb der Berufungsfrist funk-
tionierte, wurde im Interesse des Stadtbildes
bereits wieder entfernt.
Im übrigen zeigt Zürich verschiedene fest-
stehende Lichtreklamen, insbesondere fürHotels,
wobei kleine, weit auseinanderstehende Glüh-
punkte in ganz feinen Lichtlinien die Buch-
stabenformen bilden. Diese Buchstaben sind
zum Teil auf den Dächern angebracht, und auch
in den untersten Geschossen wiederholt zu


und Straßen neben dem örtlichen Verkehr in
außerordentlicher Weise. — Vorbildlich ist die
Schweiz darin vorgegangen, daß der Automo-
bilverkehr auf dem Lande nur wenige Durch-
gangsstraßen benutzen darf, die zudem bestens gegen Staub-
entwicklung behandelt sind.
Ueberraschend wirkt für den Besucher der Stadt Zürich,
in welch großzügiger monumentaler Form einige Neubauten,
die an der großen Bahnhofstraße und anderwärts vorhanden
sind, sich präsentieren. Es ist eine hervorragende Architektur-
schule zu erkennen, die keine Experimente versucht, sondern
augenfällig ein klares Ziel hat. Die Fassaden der „National-
bank“, der „Volksbank“ und mancher Geschäftshäuser weisen
sowohl im Gesamtorganismus wie im Architekturdetail, im
künstlerischen und kunstgewerblichen Schmuck eine ernste
Auffassung in gediegener Art auf. Das zur Verfügung
stehende schöne Hausteinmaterial hilft freilich mit, den guten
Eindruck zu erhöhen. Gottfried Sempers Geist hat noch
Einfluß; Renaissancelehre behält Geltung, wenn solch frische,
moderne Schöpfungen daraus erwachsen.
Die Schweiz hat sehr früh auch gesetzliche Handhabe
sich verschafft, wonach die Beschränkung des Grundeigen-
tums durch Bund, Kanton oder Gemeindebehörde zu Gunsten
des Allgemeininteresses möglich ist, wenn es sich um Schutz
der Stadt- und Landschaftsbilder oder eines Naturdenkmals

finden. — Ein Vergleich mit München beweist
aber, daß im allgemeinen in Zürich weniger
Lichtreklame gemacht wird, da fast durchwegs
die Reklametransparente, die in München
so zahlreich sind, fehlen und auch beleuchtete Firmen nur in
kleinem Maß und nur in den obenerwähnten feinen Lichtlinien
aultreten. Mehrfache Kinoreklamen platzen freilich auch dort
unangenehm heraus und ganz besonders störend wirkt eine
Zigarettenlichtreklame am Limmatufer unmittelbar vor der
schönen Silhouette des Turms am Frauenmünster.
Jedermann in Erinnerung bleibt, wenn er einen stern-
überdeckten Nachthimmel am Züricher See erlebt; man hat
den Eindruck, daß die Sterne des Firmaments ihre Fort-
setzung in den weißen Lichtern der Beleuchtung an den
Uferhängen finden, gleichsam als wären hier größere Sterne
heruntergekommen; und vielfach unangenehmer als sonst
wirken dann die herausleuchtenden Worte einer Kaffee- und
einer Zigarettenreklame.
Was aber hervorzuheben bleibt, ist, daß das Innere der
Bahnhofshallen recht wenig Reklame zeigt und die not-
wendigen Richtungstafeln damit die Hauptsache bleiben.
Auch die blauen Straßenbahnwagen der Stadt Zürich sind
ohne jegliche Reklamebemalung, die Vorstadtbahnlinie freilich
tritt als Gegenbeispiel auf. -- Das wichtigste Verkehrsproblem,
das Zürich jetzt beschäftigt, ist, eine Aenderung des als Kopf-

Heizkörperverkleidung i.Ober-
postdirektionsgebäude
Köln a.Rh.
 
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