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Baumeister: das Architektur-Magazin — 23.1925

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Beilage zu Heft 10
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Hiller, Ernst: Fernheizung
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Bücherbesprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.70021#0272

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B 76

DER BAUMEISTER . 1925, OKTOBER . BEILAGE

HEFT 10

wendigkeit sind, sind im Grunde nur Zentralheizungen größeren
Umfanges. Eine Fernheizungsanlage, mit einem Heizröhren-
netz von über 1 qkm Fläche, dürfte kaum ausgeführt sein
und kaum rationell arbeiten können. Der Gedanke, ein
ganzes Stadtgebiet durch eine Fernheizungsanlage zu ver-
sorgen, wäre kompliziert und unwirtschaftlich zugleich, um-
somehr als wir Neuanlagen nach dieser Richtung nicht nötig
haben, indem die meisten unserer Großstädte in ihren
Elektrizitäts- und Gaswerken Anlagen besitzen, die sich fast
in jeder Stadt für Heizzwecke auf weite Entfernungen nutzbar
machen lassen. Es ist immer rationeller anstatt Wärme, Energie
an die Heizstelle zu übertragen und dort in Wärme umzuwan-
deln — Der Preis für elektrische Energie und Gasenergie
hindert uns noch, diesen gesunden Gedanken überall durch-
zuführen. Ob wir Elektrizität so billig herstellen können,
daß sie mit der Kohle konkurrieren kann, ist eine Frage
der Zukunft. Die Möglichkeiten sind gegeben. Die Gas-
energie könnte von den meisten Gaswerken jetzt schon
nahezu für Mk. 0,10 pro cbm geliefert werden, vorausgesetzt,
daß der Rohstoff „Kohle“ für die Gewinnung von Neben-
produkten voll ausgewertet wird. Wenn heute in den Groß-
städten Gas für Mk. 0,10 pro cbm noch nicht abgegeben wird,
so liegt dies meist daran, daß die Werkanlagen, gegenüber
dem beschränkten Konsum, zu groß angelegt sind. Würden
diese Anlagen voll ausgenutzt werden — und sie können
ihre Produktionsfähigkeit fast alle um 1000/o verstärken — so
wäre die Möglichkeit gegeben, die Anlagen durch den ver-
stärkten Konsum so rentabel zu machen, daß der Gaspreis
auf das erforderliche Niveau gesenkt werden kann. In diesem
Falle wird bei einem Gaspreis von Mk. 0,10 pro cbm und
bei einem Kohlenpreis von Mk. 0,4 pro kg das Gas durch-
aus gegenüber der im Kessel oder Öfen verbrannten Kohle
konkurrenzfähig, was sich jederzeit rechnungsmäßig nach-
weisen läßt. — Um dieses Ziel zu erreichen, ist einerseits
eine vernünftige Preispolitik der Gaswerke notwendig, eine
Politik, die sich nicht vor vorübergehenden Unterbilanzen
scheut, andererseits bedarf es aber auch einer klugen wirt-
schaftlichen Einsicht der Architektenschaft, die die Belange
der Bautechnik endlich mit den Belangen der Volkswirtschaft
in Einklang zu bringen sich bemühen muß.
Um einem normalen Zimmer eine bestimmte Wärme-
menge zuzuführen, verbrennen wir im Ofen oder Kessel
1 kg Kohle. Um die gleiche Wärmemenge durch Gasheizung
zu erzielen, verbrennen wir in der Gasanstalt 2 kg Kohle.
Ich verbrauche in der Gasanstalt zwar doppelt soviel Kohle,
aber aus der verbrannten Menge gewinne ich 50% nutzbare
Nebenprodukte zurück, die für die Volkswirtschaft bedeutungs-
voller sind, als die gesamte Ofenfabrikation. Im übrigen
würde letztere ohne Schaden durch die Fabrikation von
Heizapparaten zweckmäßige Ablösung finden. Die Kohlen
häufen sich auf den Halden, ohne daß die geförderten Mengen
Absatz finden, und jeder Architekt handelt gegenüber der
Volkswirtschaft ohne Verantwortung, der die Heizanlagen
seiner Häuser nicht nach den gegebenen Möglichkeiten ge-
staltet. Selbst bei Zentralheizungsanlagen kann der Kohlen-
kessel durch einen Gaskessel ersetzt werden. Besonders
für Krankenhäuser gewinnt dieser Gedanke dadurch Be-
deutung, daß man einzelne Raumgruppen durch eine Gas-
Warmwasserheizanlage auf ganz bestimmt regulierte Tempe-
raturen bringen und erhalten kann, was sich bei einer zen-
tralen Heizanlage anderer Art nie so vollkommen durch-
führen lassen wird.
Zu beachten wäre auch der Gedanke eines kombinierten
Koks- und Gaskessels, wobei der Koks durch Zuführung von
Gas vollkommen verbrannt werden könnte. Dies ermög-
lichte den Gaswerken, den als Nebenprodukt gewonnenen
Gaskoks, der nicht immer bei den Elektrizitätswerken Auf-
nahme findet, vollständig weiter zu verwerten. — Anderer-
seits wird in diesem Falle auch das Holz zur Anfeuerung
im Kessel gespart, denn auch hier heißt es ohne Verant-
wortung handeln, wenn noch ein Stück Holz zu Heizzwecken
verbrannt wird, wo die Technik andere Möglichkeiten an
die Hand gibt, und wir aus dem Holz hochwertige Produkte
gewinnen können, anstatt es im Ofen zu verbrennen.
Explosionsgefahr und Luftverschlechterung, die man der
Gasheizung entgegenhält, sind bei den heutigen technischen
Einrichtungen bei der Gasheizungsanlage ebenso vermeidbar
wie bei jeder anderen Heizanlage. Wird eine Reform des
Wohnungswesens angestrebt, so ist an erster Stelle und als
erste Tat auf diesem Gebiete die Reform der Wärmewirtschaft
im Wohnungsbau durchführbar. Hier müssen die Archi-
tekten die Technik leiten und ihr mit befruchtenden Ge-
danken vorangehen.

Bücherbesprechungen.
Die Möbeltischlerei. Als Handbuch für den prak-
tischen Tischlergesellen sowie als Lehrbuch für den Kunst-
gewerbeschüler herausgegeben von F. A. Büchner. 2. ver-
mehrte und verbesserte Auflage mit 125 Textabbildungen
und 4 Tafeln. Verlag von Beruh. Friedr. Voigt, Leipzig. —
Gerade in den letzten beiden Jahrzehnten haben wir vielfach
Möbelschöpfungen verzeichnen können, die wohl für das Au-
ge manchen Reiz boten, jedoch hinsichtlich ihrer konstruk-
tiven Gestaltung von einer Willkür zeugten, die eine hand-
werksmäßige, materialgerechte Verarbeitung nahezu unmöglich
machte. Hier vermag das vorliegende Werk, das in erster
Linie für die Praxis geschrieben ist, auch dem angehenden
Innenarchitekten wertvolle Dienste zu leisten.
Deutschlands Baustoffe, Baugeräte und
Baumaschinen. Reichsadreßbuch 1925. Otto Elsner Ver-
lagsgesellschaft m.b. H., Berlins 42. Geb. Mk. 7.50. Der Um-
fang der diesjährigen Ausgabe ist auf % des vorjährigen
Bandes geschwunden. Im übrigen kennzeichnet sich der be-
dingte Wert des sogen. „Reichs-Adreßbuches“ am besten
durch einige Beispiele: Für Badeöfen ist eine einzige Bezugs-
quelle in Breslau, für Betonsteine eine Firma in Berlin, für
Bildhauerwerkstätten eine solche in Großschönau, für Stein-
druckereien eine Firma in Köln genannt. Damit erübrigt sich
ein weiteres Eingehen von selbst. Fla.
Die Schweizer Stadt. Von Joseph Gantner. Mit
170 Abbildungen. München, R. Piper & Co. Kartoniert 5 M.,
Halbleinen 9 M. — Das vorliegende Werk des durch seine
Bücherei „Die schöne deutsche Stadt“ bekannten Verlages
bedeutet für den Büchermarkt eine schätzenswerte Bereiche-
rung. Zu den zahlreichen Bildern — das Buch soll und will
ja in erster Linie ein „Bilderbuch“ sein — hat Gantner
einen harmonisch sich einfügenden Text beigegeben, der das
Stoffgebiet in zwei Teile trennt. Das erste, „Die Typen“
betitelte Kapitel, welches insbesondere zahlreiche fesselnde
Fliegeraufnahmen enthält, kann ganz allgemein auch als eine
Betrachtung in städtebaulichen Sinne bezeichnet werden. Der
zweite Teil, betitelt „Die Elemente“, bildet hiezu eine wirkungs-
volle Ergänzung und zeigt die eigentlichen Details, die für
das Straßen- bezw. Platzbild in seiner Gesamtwirkung von
so typischer Bedeutung werden.
Stadtbaukunst vom Mittelalter bis zur Neuzeit.
Prof. Dr. A. E. Brinckmann - Köln. Zweite, umgearbeitete und
erweiterte Auflage. 9.-13. Tausend mit 158 Ansichten und
Plänen (Handbuch der Kunstwissenschaft, herausgegeben von
A. E. Brinckmann). Akademische Verlagsgesellschaft Athe-
naion m. b. H., Wildpark-Potsdam. — Das große Interesse, wel-
ches diesem bedeutenden Werke entgegengebracht wurde,
drückt sich wohl am besten durch den kurzen Zeitraum aus,
nachdem die erste Auflage bereits vergriffen war. Die vor-
liegende Neuauflage zeigt, von einigen Aenderungen und
Erweiterungen abgesehen, ein unverändertes Aussehen. In
15 Abschnittenergeht sich Brinckmann u. a. über die Themen:
Rom als Barockstadt; Der Stammbaum einer deutschen Ba-
rockstadt; Frankreichs klassische Stadtbaukunst; Eine eng-
lische Stadt des 18. Jahrhunderts; Rußlands neue Hauptstadt;
Historische Vorbilder und neue Stadtbaukunst; Die Stadt
der Gegenwart. Dem Verfasser kommt es dabei nicht darauf
an, eine erschöpfende allgemeine Geschichte der Stadtbaukunst
zu geben; sein Streben geht vielmehr darauf aus, den Weg
abzustecken. Jüngere Kräfte mögen ihn ausbauen. Die schein-
bar vielleicht nur lose zusammenhängenden Einzelbetrachtun-
gen, welche den historischen Werdegang der Stadtbilder
zeigen, verdichten sich dabei unauffällig zu einem umfassen-
den Gesamtbilde, wozu die überaus klare und flüssige Schreib-
weise neben den zahlreichen Abbildungen nicht unwesent-
lich beiträgt. So wird auch der neuen Auflage die verdiente
Beachtung eines weitgesteckten Fach- wie auch Laienkreises
nicht versagt bleiben. Fla.
Moderne T'ü r e n, Tore, Glasabschlüsse und Verwand-
tes. Von Arch. Ph. Jantscher - Leipzig. Verlag von Bernh.
Friedr. Voigt, Leipzig 1925. Preis 12 M. — Die Mappe ent-
hält auf 32 Tafeln Vorlagen und ausführliche Teilzeichnungen
für ein- und mehrflügelige Haus- und Zimmertüren, Durch-
gangs- Schiebe- und Pendeltüren sowie Gangabschlüsse,
Windfänge, Glas- und Erkerabschlüsse in einfacher und rei-
cherer Ausführung. Die einzelnen Darstellungen sind sehr
klar gehalten und lassen erfreulicherweise eine materialgerechte
Behandlung des Stoffes erkennen. An Hand dieser Beispiele
dürfte es dem Handwerker nicht schwer fallen, eine nutz-
bringende Anwendung zu finden. F.
 
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