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Größler, Hermann [Editor]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 18): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Mansfelder Gebirgskreises — Halle a. d. S., 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.25512#0261
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(Schwaben-) Quenstedt.

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über die Vergangenheit zu schöpfen. Die einzige der Kirche gehörige Glocke von
nur 0,59 m Durchmesser ist 1785 von Johann Wilhelm Felbinger in Haiberstadt
gegossen worden.

(Schwaben-) Quenstedt.
/G/ Grösseres, 8 km nordwestlich von Hettstedt, vormals im Schwabengau
(.Freiherrschaft Arnstein) bezw. im Halberstädtischen Banne Aschersleben gelegenes
Dorf mit 1880:1114; 1890:1019 Einwohnern. Der Ort ist sehr alt und auch urkund-
lich früh bezeugt. (992 Quenstedi, um 1060 Quenstidi, 1046 und 1060 Queinstete,
1219 Quenstide, 1284 Swaf-Quenstide, 1295 Quenstede, 1586 — im Gemeinde-
siegel — Swawen-Quenstet.) Dieser merkwürdige Ortsname ist wohl der einzige mit
dem got. quino, ahd. quenä, ags. cven, welches Gebärerin, Gattin, auch Königin
bedeutet, zusammengesetzte Ortsname. Da sich aber noch ein gleichnamiger Ort
im benachbarten Harzgau findet, so wurde der unsrige, um ihn von jenem zu
unterscheiden, weil er im Schwabengau lag, während des Mittelalters bis in die
neuere Zeit herein Schwaben-Quenstedt genannt. Der Ort hatte dadurch besondere
Bedeutung, dass er Gaugerichtsstätte war, deren Gericht vom Deutschen Reiche
zu Lehen rührte. Noch 1579 belehnte Kaiser Rudolf II. die Grafen von Mansfeld
ausser mit dem Gericht zu Helfta und dem Schultheissenamte zu Hedersleben
auch mit dem Gerichte und Dorfe Quenstedt.
992 übereignete König Otto III. dem Stifte Quedlinburg ausser anderen
Dörfern auch die villa Quenstedi in comitatu Karoli comitis sitarn. Im übrigen
teilte der Ort die Geschicke der Freiherrschaft Arnstein, zu der er laut einer
Urkunde vom Jahre 1387 gehörte, wie sich auch daraus ergiebt, dass die Glieder
des in Quenstedt angesessenen gleichnamigen Geschlechtes von niederem Adel,
welche mit dem Vornamen Johannes und Jakob von 1229—1324 in Urkunden
erscheinen, als Zeugen der Edlen von Arnstein auftreten.
Nach Angaben des Pfarrers Rimrod in Quenstedt aus dem Jahre 1829Q hatte
der Ort in alten Zeiten die Gestalt und Vorrechte einer kleinen Stadt. Seine
Eingänge sollen aus gewölbten Thoren bestanden haben, von deren einem, das
Hallische Thor genannt, 1829 noch die Überreste der Pfeiler zu sehen waren. Da die
Garten wände den Ort, wenn der neue Anbau abgerechnet wird, in ovaler Rundung
regelmässig einsclüossen, so mag an deren Stelle früherhin vor Zerstörung des
Ortes in der That eine Stadtmauer gestanden haben. Zudem hatte Quenstedt
ein Rathaus, welches, nachdem es verkauft worden, bis auf die westfälische Zeit
ein völliges Freihaus geblieben ist; und ferner —- ein Zeichen der hier ausgeübten
Gewalt über Leben und Tod — einen Galgen auf dem vordersten Hügel der
kleinen Höhe bis in unser Jahrhundert herein. Auch Jahrmarkt wurde in Quen-
stedt gehalten: aber diese Gerechtsame ist laut der Ortsüberlieferung nachWippra
verkauft worden. Von all seinen Vorzügen behielt Quenstedt zuletzt nur den,
dass die Einwohner noch lange Zeit hindurch vor Gericht nicht Bauern, sondern
Männer genannt wurden. Doch auch dieser Vorzug ist nun erloschen.
Früher gab es in dem Orte drei Rittergüter, die in dem Besitze der Familien

9 Rosenkranz, Zeitschrift I, 2, 27 ff.
 
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