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Größler, Hermann [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 18): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Mansfelder Gebirgskreises — Halle a. d. S., 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.25512#0283
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Vatterode.

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das Dasein einer Ivirche an dem Orte schon in katholischer Zeit beknnden. JR/ Die
Hauptbilder waren geschnitzt, die Rückseiten gemalt, letztere von einer geschickten
Hand des 15. Jahrhunderts.
Anf dem Turme hängen 2 Glocken von 0,82 und 0,60 Meter Durchmesser.
Die grössere ist 1701 von Peter Wildt in Halle, die kleinere 1651 von Hans Hein-
rich Rausch in Erfurt gegossen.

Vatterode.
/G/ Pfarrkirchdorf mit 1784: 302; 1880: 450; 1890: 688 Einwohnern, 7,5 km
südwestlich von Hettstedt an der Wippei, vormals in der Altgrafschaft Mansfeld
im nördlichen Hosgau, bezw. im Banne des Archidiakonats Eisleben gelegen. Der
Name des Ortes (urlc. 973Faderesrod, 1033Vaddaroht, 1022Vadderoth, 1023Vadda-
roht, 1051Vadderoth, 1102Wadderoth, 1298Vadderode, 1337Vaderode, 1415 Vatte-
rode) bedeutet „Rodung des Fader." Das Siegel der Gemeinde Vatterode zeigt
zwischen zwei gekreuzten Eichenzweigen das Wort Pace, ist also vermutlich
jüngeren Ursprungs, wenngleich die Absicht des Bildes dunkel ist; dagegen zeigt
das „Lehnssiegel der Pfarre zu Vatteroda" einen (herald.) nach links schreitenden
Strauss(?), welcher in seiner linken Klaue ein Ei hält, mit der Überschrift: Vigi-
lando. Warum Bild und Inschrift gewählt worden, bleibt noch aufzuhellen.
Im Jahre 973 ertauschte das Erzstift Magdeburg von der Abtei Fulda ausser
anderen Besitzungen derselben im Mansfeldischen auch Ländereien in Faderesrod.
Dieselben müssen nicht unbeträchtlich gewesen sein, denn die Erzbischöfe von
Magdeburg haben sich wiederholt hier der Jagd und des Weidwerks wegen auf-
gehalten, wozu die Lage des Ortes dicht an dem wildreichen Harze Veranlassung
gegeben haben mag. Im Jahre 1033 starb der Erzbischof Gero von Magdeburg
zu Vaddaroht in der Halberstädter Diöcese. Da nun auch noch zwei Nachfolger
Geros, die Erzbischöfe Hunfried (j* im Jahre 1051) und Hartwig (j- 1102) auf
dem erzbischöflichen Gute in Vatterode verschieden sind, so ist klar, dass Vatte-
rode neben der gewöhnlichen Residenz derselben, Giebichenstein bei Halle, als
Sommeraufenthalt der Erzbischöfe gedient hat. Der Erzbischof Hartwig, ein sehr
ungeistlicher Geistlicher, der von dem Gegenkönige Rudolf eingesetzt worden war
und sich noch in der Nacht vor seinem Tode mit verschiedenen weltlichen Fürsten
lustig gemacht hatte, starb ohne Sakrament. Einem Magdeburger Domherrn soll
damals geträumt haben, er habe gesehen, wie der h. Mauritius den unwürgigen
Erzbischof vor dem Hochaltar der Magdeburger Domkirche habe enthaupten lassen.
Das Domkapitel schickte daher diesen Domherrn nach Vatterode, um den Kirchen-
fürsten zu warnen, aber schon auf halbem Wege kam ihm die Leiche des Erz-
Bischofs entgegen.
Der ehemalige erzbischöflich-Magdeburgische Hof (das jetzige Giesslersche
Gut), von dem weiter unten noch einmal die F'ede sein wird, heisst im Volks-
munde „der Ritterhof". Irgendwelche Überreste dieses ursprünglich sicherlich
in romanischem Stil erbauten Hofes scheinen nicht bis auf unsere Zeit gekommen
zu sein, was zu beklagen ist, da die wiederholt besuchte Sommerresidenz Magde-
burgischer Erzbischöfe gewiss nicht ohne allen architektonischen Schmuck war.
Mansfelder Gebirgskreis. 14
 
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