Landeskundliche Einleitung.
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Walthausen) mit dessen nördlicher Fortsetzung, dem Friesengraben, der Oberlauf
des Leinebachs, der wilde. Weg (979 Uuillianuuech — zwischen Rötha und
Horla) und der Lauf der oberen Wipper, während die böse Sieben ihn auf einer
Strecke ihres Laufs von dem nördlichen Hosgau schied. Der nördliche Teil
dieses Gaues gehört heutzutage zu dem Mansfelder Gebirgskreise, nämlich
Horla mit dem Bodenschwende, Morungen, ein Teil von Leinungen, Wippra,
Friesdorf, Piskaborn und Wimmelrode, während Rotha, Passbruch und Neuhaus,
Hilkenschwende und Dankerode mit zu dem Schwabengau gehört haben.
Fragt man nun, welche Orte diesen neuen Ansiedlern wohl ihre Entstehung
verdanken mögen, so bietet sich die zahlreiche Gruppe derjenigen Ortsnamen,
welche mit dem Grundworte — Dorf zusammengesetzt sind, ganz ungesucht dar.
Denn dieselbe kommt im Hosgau ausserordentlich häufig, im thüringischen Kern-
lande dagegen fast gar nicht vor, kann also nicht schon aus der Zeit des thürin-
gischen Königreichs stammen, sondern muss einen späteren, wenn auch weit in
das frühe Mittelalter zurückreichenden Ursprung haben, da diese Ortsnamen schon
im achten Jahrhundert massenhaft in unseren Kreisen erscheinen. Die weit über-
wiegende Zahl der so benannten Ortschaften muss also infolge jener grossen Ein-
wanderung in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts entstanden sein,
wenn auch manche von ihnen eines etwas späteren Ursprungs sein mögen.
Kaum hatten nun aber die von dem fränkischen Könige zugelassenen Ein-
wanderer Zeit gehabt, sich in der neuen Heimat einzurichten, so erschien im
Osten an der Saale, also an der Grenze des vielbegehrten Landes, etwa um das
Jahr 600, ein für sie äusserst gefährlicher Feind, das slavischc Volk der Serben
oder Sorben. Schon um diese Zeit durfte wohl, wie es später geschieht, die
Saale als derjenige Fluss bezeichnet werden, welcher Thüringer und Sorben
scheide. Doch blieb er nicht Grenzscheide, denn auch über diesen Fluss drangen
die Slaven vor und gründeten in dem östlichen Teile des Schwabengaues und
Hosgaues, wie überhaupt im östlichen Thüringen , eine bedeutende Anzahl von
Niederlassungen, die meist schon an den ihren Namen eigentümlichen Endungen
-itz, -in, -ow u. a. erkennbar sind. Wahrscheinlich fand diese Ansiedelung auf
der wTstlichen Seife der Saale schon in den ersten Jahrzehnten des 7. Jahr-
hunderts statt, in der Periode schmach voller Schwäche des merowingischen Herrscher-
geschlechts. Freilich werden nach dem abermaligen Erstarken der fränkischen
Reichsgewalt jene gewaltsam eingedrungenen slavischen Ansiedler nur als fränkische
Unterthanen, nur durch Anerkennung der fränkischen Könige als ihrer L<andes-
herren, in ihrem durch Eroberung gewonnenen Besitze unbehelligt geblieben sein.
Damals also müssen die slavischen Ansiedelungen in den beiden Mansfelder
Kreisen — im Gebirgskreise der Lage entsprechend sehr gering an Zahl — ent-
standen sein, wenn auch zuzugeben ist, dass auch noch in den nächsten Jahr-
hunderten kriegsgefangene Slaven zwangsweise in kleinen Vordörfern in der
Nähe deutscher Ortschaften angesiedelt worden sein mögen, z. B. in den mehr-
fach, so in Eisleben, Kloster Mansfeld, Pölsfeld, Allstedt, vorkommenden Sonder-
siedelungen, welche den Namen Siebenhitze (= Galgenstätte, Platz am Galgen)
tragen, da man den verachteten Slaven, welche als Kriegsgefangene angesiedelt
wurden, die von den Deutschen gemiedenen Örtlichkeiten zur Niederlassung an-
zuweisen pflegte.
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Walthausen) mit dessen nördlicher Fortsetzung, dem Friesengraben, der Oberlauf
des Leinebachs, der wilde. Weg (979 Uuillianuuech — zwischen Rötha und
Horla) und der Lauf der oberen Wipper, während die böse Sieben ihn auf einer
Strecke ihres Laufs von dem nördlichen Hosgau schied. Der nördliche Teil
dieses Gaues gehört heutzutage zu dem Mansfelder Gebirgskreise, nämlich
Horla mit dem Bodenschwende, Morungen, ein Teil von Leinungen, Wippra,
Friesdorf, Piskaborn und Wimmelrode, während Rotha, Passbruch und Neuhaus,
Hilkenschwende und Dankerode mit zu dem Schwabengau gehört haben.
Fragt man nun, welche Orte diesen neuen Ansiedlern wohl ihre Entstehung
verdanken mögen, so bietet sich die zahlreiche Gruppe derjenigen Ortsnamen,
welche mit dem Grundworte — Dorf zusammengesetzt sind, ganz ungesucht dar.
Denn dieselbe kommt im Hosgau ausserordentlich häufig, im thüringischen Kern-
lande dagegen fast gar nicht vor, kann also nicht schon aus der Zeit des thürin-
gischen Königreichs stammen, sondern muss einen späteren, wenn auch weit in
das frühe Mittelalter zurückreichenden Ursprung haben, da diese Ortsnamen schon
im achten Jahrhundert massenhaft in unseren Kreisen erscheinen. Die weit über-
wiegende Zahl der so benannten Ortschaften muss also infolge jener grossen Ein-
wanderung in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts entstanden sein,
wenn auch manche von ihnen eines etwas späteren Ursprungs sein mögen.
Kaum hatten nun aber die von dem fränkischen Könige zugelassenen Ein-
wanderer Zeit gehabt, sich in der neuen Heimat einzurichten, so erschien im
Osten an der Saale, also an der Grenze des vielbegehrten Landes, etwa um das
Jahr 600, ein für sie äusserst gefährlicher Feind, das slavischc Volk der Serben
oder Sorben. Schon um diese Zeit durfte wohl, wie es später geschieht, die
Saale als derjenige Fluss bezeichnet werden, welcher Thüringer und Sorben
scheide. Doch blieb er nicht Grenzscheide, denn auch über diesen Fluss drangen
die Slaven vor und gründeten in dem östlichen Teile des Schwabengaues und
Hosgaues, wie überhaupt im östlichen Thüringen , eine bedeutende Anzahl von
Niederlassungen, die meist schon an den ihren Namen eigentümlichen Endungen
-itz, -in, -ow u. a. erkennbar sind. Wahrscheinlich fand diese Ansiedelung auf
der wTstlichen Seife der Saale schon in den ersten Jahrzehnten des 7. Jahr-
hunderts statt, in der Periode schmach voller Schwäche des merowingischen Herrscher-
geschlechts. Freilich werden nach dem abermaligen Erstarken der fränkischen
Reichsgewalt jene gewaltsam eingedrungenen slavischen Ansiedler nur als fränkische
Unterthanen, nur durch Anerkennung der fränkischen Könige als ihrer L<andes-
herren, in ihrem durch Eroberung gewonnenen Besitze unbehelligt geblieben sein.
Damals also müssen die slavischen Ansiedelungen in den beiden Mansfelder
Kreisen — im Gebirgskreise der Lage entsprechend sehr gering an Zahl — ent-
standen sein, wenn auch zuzugeben ist, dass auch noch in den nächsten Jahr-
hunderten kriegsgefangene Slaven zwangsweise in kleinen Vordörfern in der
Nähe deutscher Ortschaften angesiedelt worden sein mögen, z. B. in den mehr-
fach, so in Eisleben, Kloster Mansfeld, Pölsfeld, Allstedt, vorkommenden Sonder-
siedelungen, welche den Namen Siebenhitze (= Galgenstätte, Platz am Galgen)
tragen, da man den verachteten Slaven, welche als Kriegsgefangene angesiedelt
wurden, die von den Deutschen gemiedenen Örtlichkeiten zur Niederlassung an-
zuweisen pflegte.