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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 3.1907

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Heft 4
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Binder, Moritz Julius: Das Ansbacher Kelterbild
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https://doi.org/10.11588/diglit.27900#0088

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62

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Nr. 4.

Museum zu London in einem der
Sammelbände Dürerscher Handschriften
ein Zettel mit folgender Notiz fand:

Christus soll in der Kelter stehen,
Maria zu der rechten Seiten stehen,
Die Engel zu der linken Seiten,

Der Chorherr vor Maria kniet,
Petrus unten.

Der Zettel trägt noch das Wappen
Gulpens und Anmerkungen über die
Kolorierung der einzelnen Wappenteile.
Offenbar handelt es sich hier um die
Notierung der Wünsche des Bestellers
vom Kelterbild. Die Frage, ob das Blätt-
chen nun, wie Conway behauptet, nicht
von Dürers eigener Hand, oder, wie
Bartel will, von Dürer nur mit einer
schlechten Feder geschrieben ist, fällt
nicht allzuschwer ins Gewicht, weil
seine Existenz an dieser Stelle allein
schon die engsten Beziehungen zu Dürers
Werkstatt beweist. Die Skizze zur „Kel-
ter“, eine genaue Ausführung der vor-
erwähnten Bestellung, besitzt das Ber-
liner Kupferstichkabinett in einer Hand-
zeichnung, die bei „Lippmann“ publi-
ziert und dort Dürer zugeschrieben ist.
Diese flüchtige, unmonogrammierte
Federzeichnung verhält sich zu der Ans-
bacher Tafel, wie Bild zum Spiegelbild
und hat in ihrer archaischen Kompo-
sition und schwächlichen Linienführung
so wenig Persönliches, daß mir eine Zu-
teilung an Dürer selbst nicht zwingend
erscheint. Dazu kommt, daß unser Bild,
aus inneren und äußeren Gründen zu
schließen, um das Jahr 1518 entstanden
ist und also auch die Zeichnung nicht
viel früher angesetzt werden kann; so
ergibt sich schon zeitlich eine große
Schwierigkeit, das Blatt als „Dürer zu-
gehörig“ anzusprechen.

Wem nun die Ausführung unserer
Tafel zuzuschreiben sei, ist eine offene
Frage. Karl Koelitz lehnte mit Recht
in seinem Buch über Hans Kulmbach
dessen Autorschaft ab und so war man

unter den in Frage kommenden Dürer-
Schülern nur auf Hans Baidung an-
gewiesen, dem auch Therey, in seinem
kritischen Verzeichnis der Werke Grüns,
unser Bild gibt.

Allein die für Baidung so charak-
teristische markante Zeichnung fehlt un-
serer Kelter. Eine fast weichliche Formen-
gebung, die an eine entfernte Bekannt-
schaft mit italienischer Kunstweise denken
läßt, weist neben dem von Baidung ver-
schiedenen Kolorit auf einen anderen
Meister hin. Die Zweifel an der Autor-
schaft Baidungs spricht schon Franz
v. Reber in seiner Geschichte der Malerei
offen aus.

Nun hängt in der Galerie der
Wiener Akademie der bildenden Künste
eine Grablegung Christi, die in jeder
Hinsicht die Hand des Meisters vom
Kelterbild aufweist. Farbe, Gewandbe-
handlung, Typen stimmen aufs engste
überein. Charakteristisch ist z. B., wie
in beiden Bildern das fließende Blut
Christi in gleicherweise dargestellt ist.

Die später als die „Kelter“ anzu-
setzende Grablegung wurde von Roet-
tinger in seiner Monographie über „Hans
Weiditz, den Petrarka-Meister“ als Werk
dieses Künstlers angesprochen. Weiditz
war Schüler Burgkmaiers und Leonhard
Becks und so erklärt sich auch ein
Augsburgischer Farbeneinschlag auf der
„Kelter“.

Wie allerdings Dürer mit Weiditz,
der nachgewiesenermaßen stark von ihm
beeinflußt war, in persönliche Berührung
kam, läßt sich nur in Form einer Hypo-
these erklären. Aus dem Zettel in den
Londoner Handschriften scheint her-
vorzugehen, daß man Dürer ersuchte,
unsere Tafel für die Ansbacher Georgs-
kapelle, die urkundlich 1520 vollständig
renoviert und mit neuen Tafeln aus-
gestattet wurde, herzustellen. Durch
Arbeiten für Maximilian überbürdet,
mag Dürer die Bestellung an Weiditz
gegeben haben, mit dem er im Jahre
 
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