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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 3.1907

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Heft 8
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Ein bisher verborgen gebliebenes Grillparzer-Bildnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.27900#0174

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146

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Nr. 8.

Daffinger gemalten die besten. Eines,
das bei Laube irrtümlicherweise ins
Jahr 1818 gesetzt wird, kann als getroffen
gelten. Die Jahreszahl auf diesem sig-
nierten und datierten Miniaturbildnis
lautet 1820. Es war lange bei Klemm,
kam dann zu Dumba und befindet sich
jetzt im städtischen Museum*). Es war
wiederholt ausgestellt und ist durch
Dr. Engelmann beschrieben als Nr. 2
in dem Bändchen „Das Grillparzer-
Zimmer im Wiener Rathause“, einer
Schrift, die, ohne Angabe des Autors
und Verlegers ausgegeben, leider nicht
in den Buchhandel gelangt ist.

In Laubes handschriftlichem Ver-
zeichnis’steht dabei „Unter den jugend-
lichen Porträts unzweifelhaft das ge-
lungenste“. Der großen Porträtähnlich-
keit wegen hat es Laube auch der ersten
Gesamtausgabe der Werke Grillparzers
und seiner Grillparzer-Biographie in
Nachbildung (Stich von Jacobi) beige-
geben.

Ein zweites Daffingersches Minia-
turporträt Grillparzers ist zwar signiert,
läßt aber das Datum vermissen. Engel-
mann setzt es ins Jahr 1823. In Laubes
Verzeichnis wird es dem Jahre 1822
zugewiesen. Das sind Angaben, die nahe
genug beieinander liegen.

Überdies sind aus Grillparzers frühen
Jahren bekannt: eine dem B. Heinrich
zugeschriebene Zeichnung, die man gegen
1826 ansetzen muß, und die Schmeller-
sche Zeichnung, die 1826 bei Goethe
in Weimar hergestellt worden ist.

Mit diesen sicheren Bildnissen ist
nun das Blatt der Sammlung Heymann

*) Für gütige Förderung meiner neuer-
lichen Studien der Grillparzer-Bildnisse in den
städtischen Sammlungen bin ich den Herren
Dr. W. Engelmann und A. Trost zu Dank ver-
pflichtet. — Das Nachsuchen in der, heute
schon recht ausgebreiteten Grillparzer-Literatur
wurde mir durch freundliche Winke des
Herrn Hofrats Professor Jacob Minor erleich-
tert, dem ich hiefür meinen ergebensten
Dank sage.

zu vergleichen. Und da stellt sich denn
heraus, daß Carl Peter Goebels
Zeichnung von j edem Kundigen zwischen
die Daffingersche Miniatur von 1822
und die Zeichnungen eingereiht werden
muß, die gegen 1826 und im Jahre 1826
selbst entstanden sind. Die Gesichtszüge
sind nahezu dieselben, doch könnte
man den Grillparzer auf Goebels Blatt
für etwas älter halten, als den auf dem
Daffingerschen Bildchen von 1822. Man
muß den Goebelschen Grillparzer aber
für jünger halten, als die Gesichter bei
Heinrich und Schmeller. Dabei ist ganz
besonders hervorzuheben, daß die Goebel-
sche Zeichnung sicher keine Kopie
nach einem der sonst bekannten Grill-
parzer-Bildnisse ist.*) Auch ist das Blatt
keine Arbeit aus neuerer Zeit. Läßt sie
doch in der strengen harten Technik
einen Künstler erkennen, der noch mit
dem Klassizismus zusammenhing. Un-
abhängig von jeder Überlieferung würde
man das Blatt auf einen tüchtigen,
fleißigen Künstler um 1820 beziehen.

Ein alles überwältigender Beweis
dafür, daß Carl Peter Goebel der
Künstler ist, von dem der vorliegende
Grillparzer stammt, ist nicht zu führen.
Doch paßt die Zeichnung immerhin zu
dem wenigen, das ich von diesem Goebel
kennen gelernt habe. Freilich, die Ge-
mälde und die Nachbildungen nach
solchen, die zur Vergleichung zur Ver-
fügung stehen, bieten ein zu heterogenes
Material, um danach mit Entschieden-
heit zu urteilen. Vorjahren (imJänner
1883) sah man im Wiener Kunstverein
eine „Gesetzgebung Mosis“, die ich mir
genau angesehen und notiert habe,
ferner eine „Büßende Magdalena“, einen
„Heiligen Hieronymus“ und „Jacob auf

*) Daffingers Grillparzer-Miniaturen sind
wiederholt kopiert worden. Ein Daffingerscher
Grillparzer aus dem Jahre 1827, der uns heute
wenig angeht, ist nach Engelmanns Mitteilung
von einem Maler Goebel kopiert worden. Das
kann aber nicht Carl Peter Goebel sein. Denn
dieser ist 1823 gestorben.
 
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