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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0023

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Abb. 2. Augsburgisch (^) um 1430, Darstellung im Tempel

macht und deren Stilgebung in Manchem verwandt
ist. Es handelt sich um die von einem Welser ge-
stiftete ,,Thronende Mutter Gottes", die früher in
der Sammlung Chillingworth^) war und sich augen-
blicklich bei J.Böhler (München) befindet (Abb.3).
i) Versteigerung Chiiiingworth, Luzern, 5. Sept. 1922, Kat. Nr. 49

Die starke, eindrucksvoll schlichte kolori-
stische Wirkung der Tafel beruht auf dem
sprechenden Kontrast von gedämpftem
Blau (Mariengewand) und leuchtendem
Hochrot (Hintergrundsteppich). Das in har-
ter Drehung sich zum Beschauer wendende,
segnende Christuskind ist fast wörtlich aus
einem viel verehrten und öfter kopierten
böhmischen GnadenbihT) geholt. Daß des-
wegen die Tafel nicht böhmischen Ur-
sprungs zu sein braucht, wird durch die
olfensichtlich weite Verbreitung des Gna-
denbilds, durch die unorganische Art der
Einfügung der Entlehnung in das Bild-
ganze und schließlich durch die Bildnisse
der Augsburger Stifter nahegelegt. Die sehr
überlegte, fast etwas doktrinäreBildfügung
— wie vier Engel und das Stifterpaar die
Maria halbkreisförmig umschließen—Tat
nicht mehr die reine Melodie der um 1400
bis 1420 entstandenen Mal werke, mit denen
dieFlügel aus Oberschönenfeld noch mehr
gemein haben. Sind die letzteren mehr auf
gefällige Intimität abgestimmt, so geht der
Maler der Weisermadonna auf dekorative
Gesamtwirkung aus.Dennoch sind dieMa-
donnentafel und der Marienaltar in vielen
Zügen verwandt. Insbesondere der Typus
Mariä und die kleinen, zerbrechlichen
Hände erinnern an die Oberschönenfel-
der Tafeln. Die festere, härtere Zeichnung
weist auf eine vergleichsweise späte Ent-
stehung. Die Tafel dürfte kaum vor 1430,
eher noch einige Jahre später, gemalt sein.
Der allgemeine Stilcharakter des Bildes, jene her-
be, leicht verschärfende Formgebung, ist vielen
Augsburgischen Malereien des 15. Jahrhunderts
eigen — und hier stoßen wir auf einen charakte-
ristischen Zug lechschwäbischer Art. Die etwa um
*) VergL die Replik im Prager Domschatz. Fritz Burger, Die deutsche
Maierei der Renaissance, I. Tafei XIII.

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