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Buchner, Ernst [Editor]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0138

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Da der Stifter dargestetlt ist, muß das Bild noch zu
seinen Lebzeiten entstanden sein, also vor dem To-
desjahre 1515^). Für die Datierung läßt dieser Ter-
minus allerdings einen großen Spielraum. Aus sti-
listischen Gründen scheint mir aber die Tafel eher
vor als nach dem Universitätsaltar anzusetzen zu
sein. Die Figürchen, besonders der Stifter und
Christus, dessen altertümlicher Typ auf Darstellun-
gen des älteren Holhein weisU), wirken noch etwas


Abb. 89. Hans Schwarz, Bikinis des Kardinals Lang
von Wellenburg
zaghaft, und die spannungslose Flächenfüllung
verrät noch eine gewisse Befangenheit.
Gegenüber dem Rehlingen-Apt erscheint der Mei-
ster des Universitätsaltars entschieden als der fort-
schrittlichere, entwicklungsfähigere und feiner or
ganisierte Künstler. Neben der altertümlichen gla-
sigen Buntheit des Rehlingen-Meisters wirkt sein
Kolorit nuancenreicher und zugleich harmonischer.
Ein heller, weißlicher Ton liegt über seinen Bil-
dern; aber trotzdem ist das Kolorit nicht kalt. In
den Vordergründen der Bilder zu München und
*) Magister Joannes Göckeriein starb 1515 laut einer ehemais vor-
handenen Grabpiatte (vgi. Hauptstaatsarchiv München, Hochstift Eich-
stätt, Nr. 301: Eienchus Canonic. Eystett., p. 5).
2) Zu vergleichen das Walther-Epitaph in der Augsburger Galerie
(Nr. 2065—2067).

Cassel, wo mit botanischer Treue Blumen und
Kräuter wiedergegeben sind, herrscht ein stump-
fes, dunkles Grün, in den Mittelgründen ein war-
mes Semmelblond, die Fernen sind in hellgrünen,
gelblichen und grauen Tönen gehalten und der
lichte blaue, mit Wölkchen bedeckte Himmel ist
gegen den Horizont weiß auf gehellt. Während der
Rehlingen-Apt in seinem Kolorit jedes organisie-
rende Prinzip vermissen läßt, stellt der Meister des
Universitätsaltars die farbige Komposition auf
einen gewissen Rhythmus und auf ganz bestimmte
Klänge ab. Es ist von einem sehr aparten Reiz, wie
in der ,,Beweinung" (Abb. 84) das kräftige Blau des
Himmels in dem Mantel der Maria, die hellen gelb-
lichen und grauen Töne des Ghristuskörpers in
dem Felsen des Hintergrundes wiederholt sind, wie
das blonde Brokatkleid der Magdalena und das
zarte Grün des Rasens Zusammenwirken, wie das
leuchtende Rot des Johannes-Mantels, das mit dem
satten Grün des Gewandes und dem stumpfen Grün
des Laubes und Vordergrundes kontrastiert, als
Dominante ins Bild gesetzt ist.
Die Malweise offenbart ein gediegenes handwerk-
liches Können. Der Farbenauftrag ist dünn und
fein verschmolzen, namentlich im Karnat, wo
allenthalben die Vorzeichnung durchscheint. Das
rötliche Karnat ist stark mit Weiß auf gehellt, in
den Gewändern kommen häufig Schillerfarben vor.
Fürs erste scheint denn auch das Kolorit mit der
landläufigen Vorstellung von Augsburger Malerei
nicht zusammen zu gehen. Man denkt an Gemälde
niederländischer Meister, etwa des Jakob Corne-
lisz von Amsterdam, und man möchte Bedenken
tragen, diesen niederländischen Charakter aus-
schließlich aus der Schulung in der Apt-Werkstatt
herzuleiten. Sehr wahrscheinlich hat der Meister
unmittelbare Anregungen durch niederländische
Bilder empfangen.
In seinem ganzen Wesen ist er aber ein echter
Schwabe. Er liebt beschauliche Darstellungen,
ruhige, ja statuarische Figuren. In den lang ge-

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