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Buchner, Ernst [Editor]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0238

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Burgkmair'sche Kindergestalten) zu schaffen ge-
ben, ist wohl als Fragment eines wesentlich grö-
ßeren Altarentwurfes zu betrachten (Abb. 151).
Man könnte wohl angesichts der beiden schlafen-
den Figürchen, namentlich da sie Fackeln tragen,
an ein Totenepitaph denken, doch widerspricht
dem das fröhliche Gebärden der anderen Putten,
sowie der historische Befund, der sich aus einer
Deutung des Heraldischen ermitteln läßt. Der Schild
zeigt nämlich in der Tartsche die geteilte Blume
und Lilie der Augsburger Patrizierfamilie Lang von
Wellenburg, und zwar dieses dem Wappen des Erz-
bistums Salzburg aufgelegt, das ganze unter den In-
signien der Kardinalswürde*). Wie kaum gesagt zu
werden braucht, deutet dies unzweideutig auf Mat-
thäus Lang von Wellenburg. Geboren zu Augsburg
im Jahre 1468 war Matthäus seit 1500 Domprobst
in seiner Vaterstadt, erhielt 1505 das Bistum Gurk,
1511 die Würde eines Kardinal-Diakons, 1513 die
eines Kardinal-Priesters. Seine Ernennung zum
Erzbischof von Salzburg vollzog sich im Jahre
1519; erst 1540 ist er aus dem Leben geschieden.
Aus diesen Daten ergibt sich wenigstens eine unge-
fähre Datierung der Zeichnung, wobei noch zu be-
merken ist, daß die Wappen des Bistums Gurk und
des Erzbistums Salzburg sich ähnlich zusammen-
stellten, und für die Bestimmung einmal das Feh-
len des bischöflichen Krummstabes, ferner das
Kreuzzeichen des päpstlichen Legates zu beachten
sind. Weitere Beziehungen des Matthäus Lang zur
Kunst Burgkmairs sind uns in den beiden Holz-
schnitten der hl. Radiana (B. 30, 31) gegeben,
von denen der eine die kniende Figur des Kar-
dinals, der andere sein Wappen als Erzbischof von
Salzburg aufweist. Nähere Feststellungen über den
Auftrag, zu dem die Londoner Zeichnung diente,
sind kaum zu erhoffen. Diese aber beansprucht
selbst in fragmentarischem Zustand ein hohes In-
teresse, allein schon als das unter Burgkmairs Zeich-
i) Nach freundlicher Mitteilung von Dr. E. Büchner. Zahlreiche Hin-
weise und urkundliche Beiege für Matthäus Lang finden sich in der be-
kannten Schrift Henry Thodes: Der Ring des Frangipani (1895).

nungen einzig vorliegende Beispiel der gehöhten
Federtechnik auf farbiger Grundierung.
Wie schon oben, Seite 208 (Anm. 1) angezeigt,
kamen mir erst während der Drucklegung zwei
Zeichnungen im Stockholmer Kupferstichkabinett
(Abb. 160) und in der Sammlung Koenigs in Haar-
lem (Abb. 163) unter die Augen"). Wenn auch beide
nicht völlig gesichert, glaube ich zuversichtlich,
diese bislang unbestimmten und unbeschriebenen
Blätter für Burgkmair in Anspruch nehmen zu
dürfen. Der Männerkopf in Stockholm (276X205
mm) scheint mir namentlich mit dem ,,kranken
Vater" und dem von Friedländer bestimmten Mäd-
chenkopf in Dresden enge Analogien in der Auf-
fassung und Strichführung aufzuweisen. Es ist eine
ziemlich flüchtige,doch charakterstarke undleben-
dige Skizze in Kohle. Der tiefernste, aufwärts blik-
kende Kopf der Sammlung Koenigs dürfte für eine
Verkündigung von Joachim, sonst aber für einen
Apostel (etwa in einer Himmelfahrtsdarstellung)
bestimmt gewesen sein. Typus und Modellierung
des Gesichtes schließen sich an den etwas späteren
Johanneskopf in London an. Sehr charakteristisch
für Burgkmair ist der Umriß der Haube (man ver-
gleiche etwa den hl. Lazarus im Louvre). Die
Technik ist Kohle, mit weißer Kreide gehöht, auf
rötlich getöntem Papier.
Übersicht
der Zeichnungen Hans Burgkmairs.
BASEL.
1. (?) MännerkopfinPelzmütze.Terey,Baldung24.
(Nach H. A. Schmid.)
BERLIN.
2. Christus am Olberg. (1505.) Zum Gemälde in
Hamburg. Bock, Tafel 23.
3. Studien von Pferdeköpfen. 1516.Bock,Tafel 21.
-) Letztere in einer von Mr. Campbeli Dodgson hergesteilten Photo-
graphie. Einen Abzug verdanke ich der Liebenswürdigkeit von Sir
Robert Witt.

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