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Buchner, Ernst [Editor]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0290

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Wiederholungen der Köidererschen Erlindungen,
Vergröberungen der alten quattrocentistischen
Stilsprache des God. 222 und der Goldenen Dachl-
Fresken. Die jüngere Gruppe der Zeugbücher des
Kunsthistorischen Museums, die nach Böheims
Forschungen 1515/16 begonnen wurden'), kopiert
nun gleichfalls die wie schematische Klischees
immer und immer wiederholten Köidererschen
Landsknechtstypen — sie sind zu einer Art von
Versatxstücken geworden — aber in einem völlig
neuen Zeichenstil, eben dem damals modernen der
Donauschule. Zur Zeichenweise der älteren Gruppe
bestehen nicht die geringsten stilistischen Bezie-
hungen.
Unter den Regesten des Statthaltereiarchivs Inns-
bruck") bildet sich ein Auftrag an den Hauskäm-
merer Martin Aichhorn vom 30. März 1507, mit
Kölderer bezüglich einer Reihe von Arbeiten ahxu-
rechncn, deren Liste angeführt wird. In dieser
Liste kommt (als geleistete Arbeit) u. a. vor:
,,6 visierung zu dem triumpfwagen von Österreich
mit strichen, die funlf falsch."
,,Mer hab ich gemalet 12 Kallikutermendl auf
papir."
Giehlow hat die ,,visierung" auf den Triumphwa-
gen des Miniaturenzyklus bezogen. Das ist mög-
lich, aber keineswegs zwingend. Denn der Liste
der ausgeführten Arbeiten hat Kölderer in Einem
die seiner neuen Aufträge beigeschlossen, als deren
letztes erscheint: ,,ltem den wagen, genant den
triumphwagen, zu Hall am turn ze machen." Die
Möglichkeit, dab die im gleichen Dokument ange-
führten 6 Triumphwagenvisierungen für dieses
Werk bestimmt waren, ist zumindest ebensogrob
als die, dab sie der Miniatur galten.
Dab die ,,12 Kallikutermendl" eine eigene und un
abhängige Arbeit für sich waren, ist mit ziemlicher
Bestimmtheit anzunehmen. Denn wären sie als
Visierung für die Afrikanergruppe des Zuges be-
') Jb. d. Kh. Smlgen. d. Ab. Kh., XIII u. XV.
-) Jb. d. Kh. Smlgen. d. Ah. Kh., II, Nr. 831.

stimmt gewesen, wie vielleicht die des Wagens, so
hätte Kölderer das gewib vermerkt. Ebensowenig
aber kann damit die betreifende ausgeführte Mi-
niatur des Zuges gemeint sein, denn diese ist auf
Pergament gemalt und Kölderer gibt in seinen Li-
sten genau an, was er auf „pergament" und was
auf ,,papir" gemalt hat; sie umfabt weiters ein
stattliches Fähnlein von 25 Mann.
Doch nehmen wir seihst an, dab die Visierungen
des Wagens für die Miniaturen bestimmt waren,
so haben wir nicht den geringsten Anhalt dafür,
wie ihr stilistischer Habitus war. Nach der Ana-
logie der Zeugbücher zu schlieben, zeigten sie ge-
wib nicht die donauschulhafte Zeichentechnik, die
das vollendete Werk charakterisiert.
Da die Arbeit an dem geschnittenen Triumph 1512
begonnen wurde und die Miniaturen, wie Giehlow
durch überzeugende Interpretation einer Rech-
nungsnotiz feststellte, zu Beginn des Jahres fertig-
gestellt waren, können wir das Einsetzen des ,,Do-
naustils" in der Köldererwerkstatt frühestens für
das Jahr 1511 mit Sicherheit feststellen. Also ge-
rade für das Jahr der Österreichfahrt des Künst-
lers, dessen Schallen damals nachweislich schon
ein halbes Jahrzehnt lang diesen Stil verkörperte.
Wie da das pragmatische Abhängigkeitsverhältnis
liegt, kann wohl kaum zweifelhaft sein.
Die 1511 in der Köldererwerkstatt tätigen Künst-
ler haben die Erfindungen des einer älteren Gene-
ration angehörigen Meisters in einer neuen künst-
lerischen Sprache ausgeführt (wobei der schöpfe-
rischen Phantasie der Ausführer gewib weiter
Spielraum gelassen war). Diese Sprache aber war
weder in der Werkstatt entstanden noch damals
auf sie allein beschränkt. Ein um die gleiche Zeit
entstandenes Zeichnungenwerk, die Illustrationen
zu Griinpecks ,,Vita Friderici et Maximiliani" im
Wiener Staatsarchiv, steht gleichfalls im Zeichen
von Altdorfers Stil und sogar einer früheren Phase
als die Arbeiten der Köldererwerkstatt. Der Ge-
danke, das Einsetzen dieses Stils in Österreich mit

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