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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0347

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tafel ungleich besonnener und ausgeglichener zu
uns. Auch die ganz persönlich empfundene, sehr
geschmackvolle Farbigkeit ist ruhiger, gedämpfter
und zugleich reicher geworden. Gold in prachtvoll
gemusterten Damastmänteln und köstlichen Ge-
fäßen, goldene Staatsketten und Kronen, goldener
Himmel und goldener Stern. Maria trägt über grau-
gelblichem Kleid einen grünlichblauen Mantel. Mit
kostbarem, rot- oder bläulichgrauem Pelz werk sind
die schweren Prunkmäntel ausgeschlagen. Schar-
lachrot, Moosgrün, schimmerndes Weiß (Hermelin),
Weiß mit Gold durch wirkt im Kostüm der Könige.
Bläulichgrau (Stufe, vordere Architektur),Fahlrot
Rosa, Hellbraun (Pilaster, Boden) bilden die ge-
wählte Folie für die erlesenen Farben der Haupt-
gruppe. Duftige graue, rote, rosa und lila Töne im
Stadtbild, während im Gefolge sich gedämpftes
Rot, Graugrün,Gelblichbraun und Weiß geschmack-
voll reihen. Die Malweise ist sorgfältig, aber nirgends
kleinlich, körniger, kraftvoll-bestimmter und doch
elastischer und lebendiger Farbenauftrag.
Die hochwertigen Bildtafeln in Budapest, Szend
Antal und Lille, die mannigfache stilistische Be-
rührungspunkte mit den frühen, um 1504—1505
entstandenen Holzschnitten Breus aufweisen, sind
der würdige Abschluß des blutvoll-starken Früh-
werks des Meisters. In ihnen ist das jugendliche
Feuer, das schneidige Temperament, die ursprüng-
liche Frische und Kühnheit der Bildphantasie be-
wahrt — und zugleich hebt sie ein neuer Sinn
für Adel und menschliche Grobheit, ein strenges
Gefühl für künstlerische Verantwortung, eine
straffe, auf vordringliche Einzeleffekte verzichtende
Bildorganisation über die oft unausgeglichenen
und überhitzten Arbeiten der vorangehenden
Jahre. Breu scheint kurz vor seiner Rückkehr
nach Augsburg oder kurz nach der Gerechtigkeits-
erwerbung (1502) in Italien gewesen zu sein. Die
italienischen Reminiszenzen auf der Liller Epi-
phanie legen diese Annahme nahe. Wie die kunst-
gesättigte Atmosphäre Augsburgs hat der Eindruck

italienischer Form zunächst nur stärkend, klärend,
anfeuernd auf Breu gewirkt. Nichts wird schlecht-
hin übernommen; frei und selbstherrlich wird das
Fremde umgemodelt; das Persönliche, Einmalige,
Individuell-Gewachsene spricht auf den Werken
dieser kurzen, glücklichen Epoche so rein und
stark, daß die Feststellung äußerer Einwirkungen
den künstlerischen Wert der Leistung nicht min-
dern kann.
Aber Breu hielt nicht durch. Ein paar Jahre
höchster Anspannung, Wollen und Gelingen eins,
die volle Meisterschaft erworben. Da läßt die Tat
kraft nach, die Zügel lockern sich, — aus stolzer
Höhe der Fall ins Mittelmaß. Wie sich im einzel-
nen die tiefgehende Umwandlung der Stilweise
vollzog, liegt noch nicht klar. Zwischen den Wer-
ken des ersten Jahrfünfts und den Arbeiten des
zweiten Jahrzehnts klafft eine Lücke. Man hat sie
mit Bildern andrer Augsburger Meister oder mit
Spätwerken Breus (Simsontafel in Basel) ausstop-
fen wollen*). Einstweilen läßt sich nur sagen: um
1510 ist der Umschwung vollzogen. Urkundliche
Nachrichten bezeugen, daß in der für uns bilder-
leeren Zeit die Breusche Werkstatt nicht müßig
war. 1506 hat der Meister Wandmalereien in der
Moritzkirche auszuführen. 1502, 1505 und 1507
stellt er der Zunft Lehrknaben vor.
Röttingers (Wiener Jahrbuch XXXVIII S.31 ff.) Verwirrung in die Chro-

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