Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0489

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
bündel wird völlig zerfasert, das Licht erhält Ge-
legenheit einzudringen, tiefe Schattentäler hervor-
zurufen ... Es ist . . . nicht die beruhigende, auf
die Schließung der Wandfläche gerichtete Form
der Spätgotik, welche die Bettelorden einleiten".
Ferner weist Krautheimer darauf hin, daß diese
Form der Verschleifung schon zeitlich vorher an
den gotischen Ausbauten des Mainzer Domlang-
hauses zur Anwendung kam, von wo sie nach
Straßburg, Dominikanerkirche, übertragen wurde.
Es ist also gerade auf Grund der Darlegungen
Krautheimers vollkommen ausgeschlossen, für das
Zusammenziehen von Diensten und Gewölberip-
pen dieBettelordenskirchen als Schöpfer zunennen
oder auch nur als Träger dieser spätgotischen Ver-
schmelzungsform anzuführen, da in den Bettel-
ordenskirchen sonst meistens das Kämpferkapitell
zwischen Diensten und Gewölben zu finden ist.
Die Zerfaserung der Dienstkapitelle in den Ost-
jochen der Kölner Minoritenkirche, die ,,als erster
Schritt zum Wegfall des Kämpfers" gedeutet wird,
büßt ihreBedeutung dadurch ein, daß in den West-
jochen das Kapitell nicht ausgeschaltet wird, son-
dern durch das einfache, unverzierte Kelchkapitell
abgelöst wird.
Dagegen tritt der kämpferlose Arkadenpfeiler bei
einer Anzahl von Bettelordenskirchen auf, stets im
Zusammenhang mit der einfachen Hohlkehle an
den Leibungen der Arkadenbogen, so daß durch
diese beiden typisch spätgotischen Motive der
Raumcharakter über das 14. Jahrhundert hinaus-
weist. Der Beginn der Entwertung des Arkaden-
kämpfers wäre das Übergleiten des Dienstes, wie
es z. B. die Dominikanerkirche zu Regensburg in
den östlichen Jochen zeigt (vgl. Wimpfen im Tal).
Wie wenig bewußt dieseBildung ausgeführt wurde,
zeigen die zwei westlichen Joche, in denen das
ungehemmte Aufsteigen der Dienste durch einen
Schaftring in ungefährer Höhe des Ansatzes der
Arkadenbogen unterbrochen wird. Ähnlich ist der
Widerspruch in der norddeutschen Tiefebene bei

der Bildung der Kämpferzone: Die Bauten um
1330—40 (Halberstadt, Franziskanerkirche, noch
unvollkommen; Halle, Dominikanerkirche) schei-
den die Kämpferbetonung aus, während 20—30
Jahre später (Franziskanerkirchen in Hildesheim
und Braunschweig) die Kämpfer wieder einge-
schaltet werden, was den von Krautheimer auf-
gestellten Tendenzen der Bettelorden in Richtung
auf die Spätgotik widerspricht. Das Hauptbeispiel
für das Verschneiden einfach hohlgekehlter Ar-
kaden an kämpferlose Rundpfeiler ist die Frei
burger Franziskanerkirche. Nach der bisherigen
Forschung soll der Baubeginn des Langhauses
in das Jahr 1318 fallen. Ohne auf diese Überlie-
ferung genauer einzugehen, glaubt Krautheimer
an Hand der Maßwerkformen annehmen zu kön-
nen, daß das Langhaus nur in kurzem Abstand
nach der Vollendung des Ghores um 1280 begonnen
worden sei (das Maßwerk des Ghores stammt
,,frühestens aus den 80er Jahren"). Da aber die
Bettelorden die reichen Formen der in hochgo-
tischen Bahnen vorwärtstreibenden Entwicklung
ablehnten, wird es schwer sein, nach der Detail-
bildung die Entstehungszeit des Bauwerkes zu be-
stimmen. Würde man deshalb lieber an dem bis-
her überkommenen Baubeginn des Langhauses
im Jahre 1318festhalten unddamitdieEntstehungs-
zeit im dritten Jahrzehnt des Jahrhunderts ver
muten, wozu nach Dehio die Architekturformen
passen, so wäre der Bau leichter in die allgemeine
Entwicklung einzureihen. Auch die von Freiburg
abhängigen Bauten gruppieren sich landschaftlich
in das Gebiet, das im Beginn des 14. Jahrhunderts
unter dem Einfluß der Bautätigkeit in Straßburg—
Freiburg—Reutlingen steht. Die eingehende Unter-
suchung von H. F. Secker: Die frühen Bauformen
der Gotik in Schwaben, Straßburg 1911, hat nach-
gewiesen, daß gerade in dieser Baugemeinschalt
sehr früh spätgotische Bildungen hervorgebracht
wurden. Der Wandel der Einzelform findet seinen
Höhepunkt in der Umprägung des ganzen Raumes:

469
 
Annotationen