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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0503

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kaum zu beklagen haben. Jene zwei interessanten
Bilder, denen die Tafeln 2 und 3 gewidmet sind,
sind nicht baslerisch. Eine frühere Beobachtung
Büchners, die beiden Gemälde — eine Anbetung
der Könige und eine Steinigung des Stephanus (die
aufschlußreichen Rückseiten mit Maria und den
Aposteln und dem 12jährigen Jesus im Tempel
scheinen W. nicht bekannt zu sein) — ent-
stammten sicher dem südtirolischen Kunstkreis,
wird durch eine Mitteilung, die ich Prof. Daniel
Burckhardt verdanke, bestätigt: die beiden Tafeln
wurden von dessen Onkel aus dem österreichi-
schen Handel erworben. — So wenig uns erhalten
ist an vorwitzischer Basler Malerei, läßt sich viel-
leicht doch annehmen, daß er als ein nahezu Fer-
tiger nach Basel kam, als seine entscheidenden
Eindrücke schon hinter ihm lagen, daß seine revo-
lutionäre Kunst fast gewalttätig in eine eher klas-
sizistische, dünnere und liebenswürdigere Übung
hineinplatzte und daß der Meister, nachdem ein-
mal die Scheu vor dem Fremden und Neuen über-
wunden war, den Markt rasch unumschränkt be-
herrschte. — Mit Recht werden die Gemälde, die
sich um die Donaueschinger Tafel von 1445 grup-
pieren (zwei Flügel in München, zwei Tafeln aus
Sierenz in Basel, der Jünteler Altar in Schaff hausen
und ein hl. Georg im Zürcher Landesmuseum)
weiter von Witz abgerückt, als dies bisher üblich
war. Sie stammen von einem Meister, der in sei-
nem Schatten tätig war.
Durch das Auftauchen der doppelseitig bemalten
Tafel mit der prachtvollen Darstellung des Augu-
stus mit der Sibylle und dem hl. Augustin aus dem
Museum zu Di jon auf der Ausstellung alter Schwei-
zer Kunst in Paris 1924 wurde die oft diskutierte
Frage nach der Zusammensetzung des Heilsspie-
gelaltars, von dem sich fast alle Teile erhalten zu
haben scheinen, wieder laut. Die zentrale Frage
ist hier: wie sah das Mittelstück aus? W. setzt vier
Tafeln mit verschiedenen Darstellungen an. Das
ist ungewöhnlich und scheint mir wenig glaubhaft.

Der Vorschlag, den Mela Escherich neuerdings
machte*), scheint mir jedenfalls beachtenswert zu
sein, wenigstens was die Anordnung der Gemälde
auf den Flügeln betrifft. Sie denkt an doppelte
Flügel, während Wendland einfache annimmt. Fin-
den Mittelteil ist Plastik immerhin nicht völlig
außer acht zu lassen. Auch an eine einzige große
Tafel wie beim Klosterneuburger und beim Nieder -
wildunger Altar wäre zu denken. Über den Aufbau
der Flügel ist das letzte Wort noch nicht gespro-
chen. Es liegt m. E. z. B. nahe, den Baseler Chri-
stophorus neben dem Bartholomäus unter der
Synagoge anzubringen. Die Aufstellung W's. hat
gegenüber derjenigen von M. Escherisch den Vor-
zug größerer Geschlossenheit und stärkerer ästhe-
tischer Wirkung, wozu der nicht eben wahrschein
liehe Umstand tritt, daß bei letzterer Annahme
noch zahlreiche Tafeln fehlen müßten. — Viel-
leicht bringen hier neue, nach den letzten Ent-
deckungen wenigstens im Gebiet der Möglichkeit
liegende Funde endgültigen Aufschluß.
Ein Hauptverdienst des Buches ist ferner, die er-
haltenen Bilder des Witz sorgfältig auf Erhaltung,
Lagerung der Fugen usw. untersucht zu haben. Es
hat sich dabei gezeigt, daß fast alle durch An-
stückungen oder Beschneidungen im Format ver-
ändert worden sind. Die vergoldeten Innenseiten
zeigten z. B. oben eine durchgehende Stange, von
welcher der mit Ösen befestigte kostbare Gold-
brokat des Grundes herniederhängt. Dies ist eine
Feststellung, die für die Anordnung der Bilder auf
den Flügeln wichtig ist. —Was die Datierung des
Heilsspiegelaltars betrifft, hat man dafür den ter-
minus post 10. Januar 1435, an welchem Tag Witz
das Basler Bürgerrecht erhielt, nachdem er schon
1434 bei den Malern zünftig geworden war.— Daß
das Altar werk für St. Leonhard bestimmt war,
wird wenigstens wahrscheinlich gemacht.
Das zweite große Werk, der Genfer Altar, ist 1444
datiert und trägt die grundlegende Meistersignatur.
0 Zeitschrift f. bihi. Kunst Heft 9/10, Jahrgang 1924/25.

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