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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0505

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gar das gleiche Goldgrundmuster zur Anwendung
kommt (man vergleiche aher auch die eng ver-
wandte Führung des Mantelsaums hei der Ma-
donna und hei Joachim), ist bei der sehr persön-
lichen Zeichnung derartiger Dinge hei Witz ein
Argument, das die Zuschreibung schon fast sicher
stellt.
Man darf wohl annehmen, daß dem Meister neben
diesen drei großen Altären keine Zeit für andere
große Arbeiten blieb, so daß wir, da wir ja über
seine kleinen Arbeiten genügend unterrichtet sind,
von dem Schallen dieses größten deutschen Malers
seiner Zeit, so gute Kenntnis haben, wie nur über
wenige Spätere.— Er erhebt sich als eine singuläre
Erscheinung vergleichslos groß. Man vermag nicht
zu sagen, wo und bei wem er gelernt haben könnte.
Es ist wenig wahrscheinlich, daß eine verwandte
Kunstübung in Deutschland vorausgesetzt werden
darf; noch weniger glaubhaft scheint es mir aber,
den deutlich erkennbaren Anschluß an westliche
Vorbilder zu einer Schulung im Westen steigern
zu wollen. Witz hat anerkennend von den kulti-
vierteren Meistern des benachbarten Westens ge-
lernt, aber dabei ist seine kraftvolle deutsche, sehr
eigenwillige Art erst recht deutlich herausgebildet
worden.
Einige weitere sehr glückliche Zuschreibungen er-
weitern unsere Vorstellung von der Kunst des
Meisters ungeahnt. Es werden damit zwei bisher
gänzlich unbekannte Bilder in die Literatur einge-
führt. Nachdem mehrere frühere Attributionen
anderer Forscher (Dvorak, Suida) sich als irrig
erwiesen habend, sind es (neben den im Vorigen
P Den Maier, der die Verkündigung und die Heimsuchung in Modena,
die Mariengeburt in Lüttich und die Ruhe auf der Fiucht nach Ägypten
bei Cook in Richmond gemait hat, hatte ich für einen Nordfranzosen;
Beziehungen zu Witz sind nicht anzunehmen. — Der schon früher und
nun neuerdings wieder Witz zugeschriebene AltarHügei mit der hi. Mag-
daiena und dem Propheten Jesaias, ebenfaiis bei Cook, wurde mit dem

erwähnten Tafeln) die ersten überzeugenden. Da-
mit verbunden ist die Frage der ,,kleinen Bilder"
des Witz, über die bisher noch keine Einigung er-
reicht werden konnte. — Die einzigartige Berliner
Kreuzigung und das köstliche Neapeler Kirchen-
interieur sind in den Maßen so sehr von den Altar-
tafeln verschieden, weisen dadurch bedingt so
starke malerische und technische Abweichungen
auf, daß Viele den Zusammenhang der beiden
Gruppen nicht anzuerkennen wagten. ,,Beweisen"
läßt sich hier weniger als je etwas bei Stilverglei-
chungen. W. betont mit Recht, daß man einem
großen Künstler keine zu engen Grenzen ziehen
darf. Der Hinweis auf die Unterschiede zwischen
Jan van Eycks großen und kleinen Bildern ist sehr
glücklich. Man mag zudem bedenken, daß hier
der einzige Fall vorliegt, wo sich von einem her-
vorragenden deutschen Meister der 1. Hälfte des
15. Jahrhunderts sowohl große Altartafeln als auch
kleine, andern Zwecken dienende Bilder erhalten
haben. Man wird die monumentalen Faltenmassen
der erstem nicht in den intimen für liebevolle Ken-
ner bestimmten kostbaren Andachtsbildern erwar-
ten dürfen. — Der entzückende kleine Christopho-
rus — eine persönliche Entdeckung Wendlands —
der für die Berliner Galerie gesichert werden konn-
te, ist nun geeignet auch die Zweitier zu überzeu-
gen, da er stilistisch eine wertvolle Brücke zwi-
schen den beiden Gruppen bildet. Einmal ist leicht
einzusehen, daß er von den beiden andern kleinen
Bildern nicht zu trennen ist. Ein Blick auf die
charakteristischen, hellaufleuchtenden gelben Fel-
sen des Hintergrundes, den grellgelben Himmel bei
Kreuzigung und Ghristophorus dürfte genügen.
Eine Reihe anderer Beobachtungen unterstützen
die Annahme: die Art Häuser darzustellen, Hände
und Füße zu zeichnen (mit Akzentuierung der
Nägel), das verwandte Stehmotiv des klagenden
Johannes und des wegweisenden Bruders usw.
Andererseits ist der von W. angeführte Zusammen
hang zwischen den Jüngern auf dem Genfer Land

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