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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0506

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schaftsbild so schlagend eng, daß die Verwandt-
schaft von Typen, Falten, Farbigkeit, Malweise
der Landschaft fast überflüssig erscheint. Dann ist
aber auch der Straßenausblick auf dem Neapeler
Bildchen von dem auf der Straßburger Tafel nicht
zu trennen. Dieser Gruppe ist die reizvolle Berliner
Madonnenzeichnung anzuschließen. Faltenstilisie-
rung, Kopftypus und Ornamentik verknüpfen sie
eng genug. — Eine weitere bisher unbeachtete
Zeichnung in der Universitäts-Sammlung zu Er-
langen*) schließt sich an, eine genrehaft auf ge-
faßte Madonna mit dem lesenden Kind, die als
unmittelbare Vorstudie zum Neapeler Bild aufge-
faßt werden muß, so eng bis in Details der Falten-
hehandlung hinein ist der Zusammenhang. Das
würde neben der etwa gleichen Größe den Gedan-
ken an Kopie nach dem Bilde nahe legen. Dem
widersprechen die Qualität und die Abweichungen
vom Gemälde. Den stellenweise nur andeutenden
Strich halte ich für skizzierend, nicht zu Ende ge-
führt, nicht für kopierend. Das Erlanger Blatt ist
besser erhalten als das Berliner. Die Falten sind
plastischer, Der Kopftypus mit der gewölbten Stirn
und dem spärlich hinters Ohr gestrichenen Haar
ist derselbe. Ebenso ist die Hintergrundbehand-
lung ähnlich.
Eine letzte Attribution übernimmt W. von Valen-
tinen Es ist das überraschendste Bild des Buches
und wird vielerlei Kopfschütteln erregen. MitRecht
mag man sagen: welch weiter Weg von den Tafeln
des Heilsspiegelaltars zu diesem Bild. Soweit sich
nach einer Reproduktion urteilen läßt, möchte ich
der Ansicht des Verfassers durchaus zustimmen.
Das Bild ist eng mit der Gruppe der kleinen Bilder
verbunden. DieBehandlung der zerklüfteten Berge,
des fahlen Himmels, der Gewänder, der Gesichter,
der Hände und Füße findet in den andern kleinen
Bildern so viele Analogien, daß ein erstes Befrem-
Maße 185X122 mm.

den über die unerwartete Komposition übertönt
wird. Es ist ein geniales, stimmungsstarkes Werk
von großer Eindringlichkeit, das unsere Vorstellung
von der Kunst des Witz beträchtlich erweitert. —
Der Zusammenhang mit westlicher Kunst liegt hier
greifbar nahe. Nur dort findet man solche pleu-
reurs. Man denkt wohl auch an Jan van Eycks
Beweinung der Sammlung Cook in Richmond, wo
eine ähnliche, wenn auch bedeutend kultiviertere
Stimmung begegnet. Vielleicht enthält dies Bild
den Schlüssel zum Rätsel des Witzschen Stiles. Die
Verwandtschaft einer Madonna desPetrusChristus
mit der hl. Katharina in Straßburg scheint mir eine
zufällige zu sein und keine weitere Bedeutung zu
haben. Die Beziehung zwischen Witz und Jan van
Eyck halte ich nicht für so eng, wie W. sie an-
nimmt. Noch eher denke ich an einen Aufenthalt
in Dijon. Doch wissen wir zu wenig von franzö-
sischer Malerei und werden wohl kaum je ge-
nügend wissen, um hier klar zu sehen. —- Einen
schwachen Fingerzeig, in welcher Richtung zu
suchen sei, bietet wohl die merkwürdige Pieta des
Metropolitain-Museums in New York'), die genau
die Komposition des Bildes der Sammlung Frick
wiederholt, der nur zwischen den Füßen Christi
und dem Grabe noch eine kniende Stifterhgur in
Profilansicht eingefugt wird. Dieses Bild ist durch-
aus französisch'). Die Frage nach der Priorität
scheint mir leicht zu beantworten sein. Ich halte
die Pieta des Metropolitain-Museums für eine etwa
40 Jahre später entstandene Kopie des Witzschen
Bildes. Ebendies, daß der Stifter eingefügt er-
scheint, spricht neben kostümgeschichtlichen
Gründen für eine spätere Ansetzung. Neben dem
großartigen Pathos des Witz wirkt die Kopie küh-
ler, unerlebter. vereinfachter, eben kopienhafter.
Man vergleiche nur die Gesichter, das riesen-
große Kleid Mariens. — Der Vergleich der zwei
-) Abgebildet z. H. bei Hausenstein, Das Hiid, Tafeimalerei der aiten
Franzosen, Abb. 51.

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