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EHEMALS ERSHEIM ■ PFARR- UND FRIEDHOFSKIRCHE
Fig. 73. Philipp II. von Hirschhorn(?) als Stifter und Kopfscheibe
mit Putto. Ehemals Ersheim, Pfarr- und Friedhofskirche. Darmstadt,
HEM, Nr. 189, 194. Heidelberg (Kamberger-Werkstatt), um 1517. -
Kat. S. 153, 154.
Die beiden zusammenmontierten Scheiben stammen ursprünglich aus
zwei verschiedenen Fenstern; das weitgehend ergänzte Rechteckfeld
mit der Stifterfigur wurde nach dem Vorbild der Münchener Stifter-
scheibe geschaffen.
nach München abgewanderten Scheiben, die sich noch
1811 in situ befunden haben und ihren Weg in die Resi-
denz, wo sie erstmals 1902 erwähnt werden, wiederum
über Darmstadt - kaum über Hirschhorn, wie Suzanne
Beeh-Lustenberger vermutet - genommen haben dürf-
ten17.
Erhaltung: Wenngleich der heutige, höchst disparate
Zustand der aus Ersheim stammenden Verglasungsreste
in erster Linie eine Folge ihrer Zerstreuung auf verschie-
dene Standorte ist, so müssen die um 1800 nach und nach
entfernten Farbfenster schon zur Zeit ihres Ausbaues
recht uneinheitlich erhalten gewesen sein - zum einen aus
offenbar noch nahezu vollständigen Feldern bestehend
wie der Scheibe Nr. 186 in Darmstadt (Fig. 74, Abb. 40)
oder den ursprünglich drei Scheiben in München (Fig. 77,
Abb. 47h), zum anderen durchsetzt mit mehr oder we-
niger zerstörten Feldern, die im Darmstädter Großher-
zoglichen Museum im Schloss deponiert wurden und als
Scherbenfundus dienten; eines dieser Felder kam - mit
entsprechenden alten Flickungen versehen - nach Hirsch-
horn (Fig. 89, Abb. 44), während aus anderen mitunter
Scheiben wie jene in Büdingen zusammengesetzt wurden
(Abb. 43). Die am gesamten Bestand zu konstatierenden
Bemalungsverluste vor allem auf hellen Glasstücken
dürften schon damals ausgeprägt gewesen sein. Ansons-
ten hat die museale bzw. einer musealen Situation wohl
ähnliche Aufbewahrung der Scheiben und Fragmente
in Büdingen, Darmstadt und München den Bestand vor
schädigenden Umwelteinflüssen bewahrt. Allein die
Scheibe in Hirschhorn, die zunächst in der Marktkirche,
dann in der ehemaligen Karmeliter-Klosterkirche be-
ständig der Witterung ausgesetzt war (Schutzverglasung
1998)18, weist ein den Umständen entsprechendes Scha-
densbild mit starkem Lochfraß auf den gelben Glasstü-
cken auf. Das Erscheinungsbild der Scheiben und Frag-
mente in Darmstadt und München ist demgegenüber von
den Restaurierungen des 19./20. Jahrhunderts bestimmt
(s. Erhaltungsschemata). Hervorzuheben ist hierbei, dass die Darmstädter Stifterscheiben Nr. 189E, deren erste Wie-
derherstellung in die Zeit der Eröffnung des Großherzoglich Hessischen Landesmuseums fällt (Anfang 20. Jh.)19, um
1930/35 von Otto Linnemann nach dem Vorbild der 1914 publizierten Münchner Stifterscheiben ergänzt worden sind
(vgl. Abb. 41 f. und 47E); Letztere wiederum dürften erstmals in der Werkstatt von Franz X. Zettl er restauriert worden
sein und wurden 1944 bei der Zerstörung der Residenz im Zweiten Weltkrieg so schwer in Mitleidenschaft gezogen,
dass sie heute weitgehend von den großflächigen, bei ihrer Wiederherstellung in den i95o/6oer-Jahren vorgenom-
menen Ergänzungen geprägt sind.
17 Beeh-Lustenberger 1973, S. 218 mit Anm. 8. Gegen die Annah-
me, dass die Münchener Scheiben von Ersheim zuerst nach Darmstadt,
dann zurück nach Hirschhorn kamen und dort »als geschichtliche Zeu-
gen der ehemals wittelsbachischen Kurpfalz für die Residenz erworben
wurden«, spricht entschieden die Zugehörigkeit Hirschhorns (mit Ers-
heim) zu Hessen seit 1806. Vielmehr dürften sie - als Schenkung? - auf
direktem Weg von Darmstadt nach München gelangt sein, dies wo-
möglich zu einem frühen Zeitpunkt, wobei in diesem Zusammenhang
an König Maxi. Josephs 1819 erfolgte Schenkung eines Rubens-Ge-
mäldes an Großherzog Ludewig I. zu erinnern ist (Darmstadt, HLM,
EHEMALS ERSHEIM ■ PFARR- UND FRIEDHOFSKIRCHE
Fig. 73. Philipp II. von Hirschhorn(?) als Stifter und Kopfscheibe
mit Putto. Ehemals Ersheim, Pfarr- und Friedhofskirche. Darmstadt,
HEM, Nr. 189, 194. Heidelberg (Kamberger-Werkstatt), um 1517. -
Kat. S. 153, 154.
Die beiden zusammenmontierten Scheiben stammen ursprünglich aus
zwei verschiedenen Fenstern; das weitgehend ergänzte Rechteckfeld
mit der Stifterfigur wurde nach dem Vorbild der Münchener Stifter-
scheibe geschaffen.
nach München abgewanderten Scheiben, die sich noch
1811 in situ befunden haben und ihren Weg in die Resi-
denz, wo sie erstmals 1902 erwähnt werden, wiederum
über Darmstadt - kaum über Hirschhorn, wie Suzanne
Beeh-Lustenberger vermutet - genommen haben dürf-
ten17.
Erhaltung: Wenngleich der heutige, höchst disparate
Zustand der aus Ersheim stammenden Verglasungsreste
in erster Linie eine Folge ihrer Zerstreuung auf verschie-
dene Standorte ist, so müssen die um 1800 nach und nach
entfernten Farbfenster schon zur Zeit ihres Ausbaues
recht uneinheitlich erhalten gewesen sein - zum einen aus
offenbar noch nahezu vollständigen Feldern bestehend
wie der Scheibe Nr. 186 in Darmstadt (Fig. 74, Abb. 40)
oder den ursprünglich drei Scheiben in München (Fig. 77,
Abb. 47h), zum anderen durchsetzt mit mehr oder we-
niger zerstörten Feldern, die im Darmstädter Großher-
zoglichen Museum im Schloss deponiert wurden und als
Scherbenfundus dienten; eines dieser Felder kam - mit
entsprechenden alten Flickungen versehen - nach Hirsch-
horn (Fig. 89, Abb. 44), während aus anderen mitunter
Scheiben wie jene in Büdingen zusammengesetzt wurden
(Abb. 43). Die am gesamten Bestand zu konstatierenden
Bemalungsverluste vor allem auf hellen Glasstücken
dürften schon damals ausgeprägt gewesen sein. Ansons-
ten hat die museale bzw. einer musealen Situation wohl
ähnliche Aufbewahrung der Scheiben und Fragmente
in Büdingen, Darmstadt und München den Bestand vor
schädigenden Umwelteinflüssen bewahrt. Allein die
Scheibe in Hirschhorn, die zunächst in der Marktkirche,
dann in der ehemaligen Karmeliter-Klosterkirche be-
ständig der Witterung ausgesetzt war (Schutzverglasung
1998)18, weist ein den Umständen entsprechendes Scha-
densbild mit starkem Lochfraß auf den gelben Glasstü-
cken auf. Das Erscheinungsbild der Scheiben und Frag-
mente in Darmstadt und München ist demgegenüber von
den Restaurierungen des 19./20. Jahrhunderts bestimmt
(s. Erhaltungsschemata). Hervorzuheben ist hierbei, dass die Darmstädter Stifterscheiben Nr. 189E, deren erste Wie-
derherstellung in die Zeit der Eröffnung des Großherzoglich Hessischen Landesmuseums fällt (Anfang 20. Jh.)19, um
1930/35 von Otto Linnemann nach dem Vorbild der 1914 publizierten Münchner Stifterscheiben ergänzt worden sind
(vgl. Abb. 41 f. und 47E); Letztere wiederum dürften erstmals in der Werkstatt von Franz X. Zettl er restauriert worden
sein und wurden 1944 bei der Zerstörung der Residenz im Zweiten Weltkrieg so schwer in Mitleidenschaft gezogen,
dass sie heute weitgehend von den großflächigen, bei ihrer Wiederherstellung in den i95o/6oer-Jahren vorgenom-
menen Ergänzungen geprägt sind.
17 Beeh-Lustenberger 1973, S. 218 mit Anm. 8. Gegen die Annah-
me, dass die Münchener Scheiben von Ersheim zuerst nach Darmstadt,
dann zurück nach Hirschhorn kamen und dort »als geschichtliche Zeu-
gen der ehemals wittelsbachischen Kurpfalz für die Residenz erworben
wurden«, spricht entschieden die Zugehörigkeit Hirschhorns (mit Ers-
heim) zu Hessen seit 1806. Vielmehr dürften sie - als Schenkung? - auf
direktem Weg von Darmstadt nach München gelangt sein, dies wo-
möglich zu einem frühen Zeitpunkt, wobei in diesem Zusammenhang
an König Maxi. Josephs 1819 erfolgte Schenkung eines Rubens-Ge-
mäldes an Großherzog Ludewig I. zu erinnern ist (Darmstadt, HLM,