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Deutsche Kunst: illustrirte Zeitschrift für das gesammte deutsche Kunstschaffen ; Centralorgan deutscher Kunst- u. Künstlervereine — 1.1896/​1897

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Nr. 28 (10. April 1897)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55168#0334

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328



— Jn der Ronkurrenz um den Berliner Schinfkelpreis if ein
Architekft, der Regierungsbauführer Hans Haunusmann, ‚als Sieger hervor-
gegangen. Der Preisgekrönte ift der jüngfte BYruder der Rünftler Ernft und
Bermann Bausmann, die fich beide, diefer alg Bildhauer, jener als. Maler,
einen geachteten Yamen in der Berliner Runftwelt- erworben haben.

— Yeber die großen afademifhen Preife ift von Seiten der
Berliner Afademie die Entfcheidung gefällt. Der Staatspreis auf dem Ge-
biete der Architekftur, weldher von drei Bewerbern umftritten war, ift nicht zur
VDertheilung gelangt, doch) find zwei Herren, den Architeften Straugky in
Dresden und Werdelmann in Breslau, für ihre anerfennenswerthen
Leiftungen Prämien von je 1650 Mark zugefprochen worden. Um den großen
Staatspreis für Bildhauer (3300 Mark zu einer Reife nach Htalien) rangen
fünf Bewerber. Als Sieger ift Martin Schauß hervorgegangen, der 1867
zu Berlin geboren, die Akfqdemie feit November 18S8S8S befucht und zur Ron-
furrenz neben Naturftudien namentlich ein Relief „faun mit badenden Weibern“
gefandt hat. Diel ummworben mwar diesmal der Dr. Paul Schulge - Preis
(3000 Marf zur italienifhen Reife), Der Sieger ift der ‚ Meifterfhüler‘

yon Reinhold Begas, Augußft Gaul, der fih namentlidh als Thierbildhauer
bethätigt; er ift 1867 zu Gr.-Auheim bei Hanau geboren und hat 1892/95
die Berliner Bochfchule befucht. fFür das Nationaldentmal hat er mit Auguft
Rraus vorzugsweife an den gewaltigen Löwen gearbeitet und neben den Zier-
fänulen an den Portalen felbftftändig die Gruppe Baiern auf der Attifa der
Säulenhalle ausgeführt.

— fSünf Scohüler der Runftfcbule in Weimar waren vor einiger
Zeit auf Befehl des Großherzogs beauftragt worden, jeder für fidh ein Bild des
Broßherzogs zu malen. Das befte der Bilder follte dann ausgewählt werden,
und der Großherzog gedachte, es zu erwerben, um es dem fächfifdhen Rarabinier-
vegiment in Borna, deffen Chef er ift, zum BGefchent zu maden. Die Wahl
fiel infolge einftimmigen Dotums der Lehrer der Runftftbu[e auf ein Bild des


Sreiftelle in der 8cbule genießt. Das Portrait, welches vortrefflidh gelungen
ift, wurde gelegentlicdh der Trauerfeierlichfeiten von einem Öffizier des Bornaer
Reiterregiments in Empfang genommen und Dbefindet fidh bereits am OÖOrte
feiner. Beftimmung.



erfahren, die fie der ihaffräftigen Mithilfe eines neugegründeten

VDereins, der als Raifer Friedrich-Mufeums-Derein im Frühling 1896
ins eren trat und dem hauptfächlich Freunde des Mufeums und Privat-
fammler angehören, insbefondere nerdanken. Der Derein will nämlih im Ein-
verffändnifß mit der Direktion des Mufeums wünfchenswerthe Erwerbungen
durh Morfchüffe an die Derwaltung: fidhern.

1e Bemälde- wie die OHriftlihe Stkulpturenabhtheilung der Röniglichen
21”iufeen haben feit dem Herbft 1896 nennenswerthe Bereidherungen


{aal der Gemäldegalerie ansgeftellten Werfe. Platik und Malerei find gut
yertreten. n der Statue eines Rönigs eröffnet fih ein Ylit in die Runft-
weife des XII Jahrhunderts, Die 2/, Iebensgroße Ralffteinfigur ftamnit
vielleiht vom Portalfhmud der Rathedrale zu Rouen. Sie zeigt den männ-
lihen Ernft und die feierlihe Würde, die den Stulpturen der romanifchen
Zeit eigen ift. An der in der NMähe aufgeftellten Madonnenftatue aus dem
XIV. Jahrhundert fönnen wir die Wandlung wahrnehmen, weldhe die Runft
durhgemacht hat, denn diefe Fiqur zeigt in ihren fhlanfen bewegtien Formen,
in der verrenkten Haltung und der füßlidhen ihr innewohnenden Empfindung
cOarafkteriftifihe Merkfmale der Gothif, wie fie in der Schnle der I)ifani
wiederkehrt.

Die italienifhe Renaiffanceabtheilung, die in letster Zeit durdh Arbeiten
von Luca della Robbia, zwei alafırte Chonmadonnen von großer Schönheit,
und von Donatello oder beffer aus feiner Schule, eine Madonna und zu
ihren Seiten zwei Engel, die eine Guirlande befeftigen, bereichhert worden ift,
hat in dem neu ausgeftellten bemalten Stucreliefbilde von Antonio Roffellino,
das ebenfalls eine Madonna darftellt, einen erfreulihen Zuwacdhs erhalten.

Derfelben Zeit angehörige BYronzen und Plaketten, die ja im Berliner
Mufeum durch ihre gefhmadvolle Ausftellung intereffiten, fchließen fid) den
Sfulpturen an. Befonders intetéffipt eine außergewöhnlih fhön durdhge-
bildete Statuette des heiligen Hieronymus, die aus dem Beginn des XVI
Hahrhunderts fein dürfte,

Au die deutfhe Renaiffanceabtheilung, deren weitere Yereidherung be-
fonders wünfhenswerth ift, wurde bedacht. BHerr BGeh. Juftizrath Leffing hat
eine dem Tillmann Riemfchneider, dem Zeitgenoffen AWdam Rrafft’s, zuzu-
fchreibende Statue des heiligen Stephan gefchenkt. Der Meifter, der dem
großen YMürnberger an Rraft der Empfindung, an dramatifdhem Leben, an
feiner auf die natürlidhe Wiedergabe des wirflihen Lebens gerichteten Ye-
obacdhtungsgabe nachfteht, ift durch diefes Werk in feiner hervortretenden Eigen-
Ihaft als Iprifd empfindender Rünftler aut harafkterifirt. Als weitere glüd-
lidhe Erwerbung reiht fih in einem hübfchen gothbifhen Gehäufe eine Anna-
felbdritt an. Daß fie, wie augenblitlih. das Schild befagt, dem Deit Stoß
— zuzufchreiben ift, dürfte wohl zweifelhaft fein.

; Diefen Werken der Plaftik find an Werth die Gemälde überlegen. m
Dordergrunde des Jntereffes fteht ein Werk der in Tafelbildern. und auch

>>


fonft wenig befannten franzöfifhen Malerei des XV, Öal)fl)unöertß Unfere -
Renntniß derfelben erftredt fidh faßt ausfchließlid auf die Bucdhmalerei, die
hier auf franzöfifhgem Boden eine vorzüglidhe Ausbildung erfahren hat. Don
der Tafelmalerei find wir fchlecht unterrichtet, da-es nur wenige Monumente
giebt, die übrigens durdy Fein nationales Yund verbunden werden. An
Rünftlernamen fehlt es zwar nicht, fo wird YNicolas fForment erwähnt.. Der
aber, den man wielleiht nicht mit Unrecht den „Dor-
läufer der franzöfifjhen Renaiffance‘ genannt hat, und von dem Werfe vor-
handen find, ift Hean Foucquet, der Maler von Tours. Er mag um 1420
geboren fein, malte in Rom den Papft Eugen 1443 und ftarb etwa 1480.
Er war der Hofmaler Rarls VII. und Ludwig XI. Don feinen Miniaturen
ift das Gebetbuch für den Ffönigliden Schagmeifter Etienne Chevalier be-
fannter geworden. Seine wenigen Tafelbilder zeigen ihn als den mit Recht
gefeierten Portraitiften der Hofgefellfhaft der franzöfifhen Rönige. Ein
foldes Portrait gehört nun zu den werthvollften Erwerbungen des Miunfeums.
Daß es zweifellos von Toucquet ftammt, hat Mar J. Friedländer in einem
größeren Auffage in dem Zahrbuch der preußifhen Runftfammlungen nad-
gewiefen. Dargeftellt ift der tresorier de France, der bereits als Gönner
des Malers erwähnte Chenalier Etienne. Er ftand in befonderer: Gunft zu
Rarl VIL und der Agnes Sorel. Der Portraitirte wird in natürliher Größe
bis unterhalb der Hüften fihtbar, neben ihm fteht der heilige Stephan, Ddie
Rechte auf die Schulter feines Schugbefohlenen legend, in der Linfen aber
trägt er ein Buch, auf dem fein Attribut, der Stein, liegt. Die Portraitzüge
beider Fiquren find getreu auf das Holz übertragen, der Ropf. tritt in markıgen
Zügen hervor, während die Rorpet unter dem faltenreihen Gewande ver-
IOwinden. 4

In feinen leuchhtenden Farben übt es auf den Befchauer einen wohlge-
fälligen Reiz aus. Diefes Werk füllt eine bisher fhmerzliH empfundene
Lüde der Berliner Galerie aus.

_ Weiter ift als glüclihe Bereicherung eine aus dem Parifer Runfthandel
ftammende Landfhaft von Jacob van Ruisdael yon tiefer Farbe und paftofem
Auftrage, aus feiner frühen Zeit fiammend, 3zu nennen, ferner ein Werf des
Macco d’Oggionno, der in feinem heiligen Sebaftian befonders in der roman-
tifhen Landfchaft fih von Lionardo abhängig erweift. Diefen Werken |cOhließt
fih der Studienkopf nad) einem Juden von Rembrandt an. Aian fhut wohl
recht, das Werk in die erfte Ylüthe des Meifters, in die 40 er Yahre zu feben,
fowohl wegen der herrlidhen Farbenwirkung und der tiefen Charakteriftif. Don
befonderer Schönheit ift ein dem OAuentin Maflys zugefchriebener Ropf einer
Magdalena. Man vermuthet in ihm das Fragment einer Beweinung Chrifti,
worauf das thränende Auge, der fhmerzhafte Gefichtsausdrut und die ringen-
den Hände fchließen laffen. ’

So hat das glüdlihe Zufammenwirken von ftaatliden und privaten
Mitteln hier eine Rolleftion werthvoller Runfitfhäge vereinigt, die für die Zu-
funft das Befte hoffen Läßt.

A K.


 
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