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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,1.1918

DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1918)
DOI Artikel:
Schultz, ...: Wohnungsbau nach dem Kriege, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.14375#0072

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zur geureinnützigen Verwertung überlassen. Aber selbst dann, vor allem aber,
wenn die Gemeinde nicht voransschauende Bodenpolitik getrieben hat, wird
die Gesellschaft selbst Grundbesitz in größeren Stücken zur Aufteilung oder in
kleineren zur Abrundung zu erwerben haben, um ihre Gesellschafter mit bau-
reifem Land zu versorgen. Sie kann das leichter als die Gemeinde, da sie
die Arbeit durch einen Geschäftsführer im stillen besorgen läßt, während in
jeder Gemeinde mindestens drei Kommissions-, Magistrats- und Stadtverord-
netensitzungen mit zahlreichen nicht immer vcrschwiegenen Mitgliedern Bc-
schlüsse fassen müssen. Beeinflussungen und Rücksichten fallen weg! Das Ziel
der Gesellschaft ist allein maßgebend. So kann es der Gesellschaft bald gelingen,
einen dem Bedürfnis entsprechenden Vorrat an banreifem Gelände zu be»
schaffen und ihren Mitgliedern znm Bau zu übergebcn.

Die Planung der Bauten ist zweckmäßig jedem Gesellschafter allein zu
überlassen, da er seine Bedürsnisse selber am besten kennt. Aber die Gesell-
schaft muß die Prüfungspflicht und das Genehmigungsrecht haben, um zu
verhindern, daß das gemeinnützige Ziel verlassen wird. Denn es wird nicht
ihre Sache sein, vornehme Villen mit öffentlichen Mitteln zu errichten, eben-
sowenig wie sie besonders nngeschickte Grundrisse, Verschwendung in Vau-
stoffen oher Konstruktionen, oder gesundheitswidrige Anlagen fördern darf.
Sie wird ihr Augenmerk auf die ausgiebige Verwertung von Typen im
Grnndriß und in dcn Einzelteilen, wie Türen, Fenstern, Beschlägen, Balken-
lagen, Amzäunungen usw. zu lenken haben, nm die Vorteile der Massenher-
stellung zur Verbilligung zu benutzen. Ebenso aber soll sie darauf achten,
daß nichts unbedingt Häßliches entsteht, sondern Würdiges, der großcn Zeit
Angemessenes. Also sorge sie dafür, daß gute Architekten mit der Planung
betraut werden und keine Pfnscher. Denn auch in dieser Frage ist die Heran-
^ ziehung bester Kräfte, insbesondere die Nutzbarmachung der besondern Er-
fahrungen tüchtiger Spezialisten, wirtschaftlich am richtigsten.

Die Banstofflieferung ist für den kleineren Bedarf des einzelnen schwieriger
als für den Gesamtbedarf der Gesellschaft, da sie Großabschlüsse machen kann.
Wenn anch in einigen Stoffen, wie Ziegelsteinen nnd Zement, eine Zwangs-
bewirtschaftung durch Landesstellen nicht zu umgehen sein wird, um Preis-
treibereien infolge der gesteigerten Nachfrage und eine falsche, lückenhafte Be-
lieferung zu vermeiden, so wird doch ein großer Teil aller Baustoffe ver-
kehrsfrei bleiben müssen. Und dicse kann die Gesellschaft im großen günstiger
besorgen als der einzelne. Sie wird also Verteilungsstelle der Baustoffe für
ihre Mitglieder sein müssen. Aber auch die öffentlich bewirtschafteten Stoffe
wie Ziegel usw. wird sie zu beschaffen haben, da die Arbeit hierdurch für jeden
einzelncn außerordentlich erleichtert wird. Wie weit sie jetzt schon weitschauende
Lieferverträge oder Käufe abschließen soll, wird nur nach Lage des Bedürf-
nisses im einzelnen zn entschciden sein.

Die Hauptaufgabe der Gesellschaft aber ist die Beschaffung des Baugeldes.
Dem «inzelnen kann niemand öffentliche Mittel anvertrauen, der Gesellschaft
aber, an der die Gemeinde in der Mehrheit beteiligt ist, ohne weiteres. Das
Reich soll die Mehrkosten der Kriegspreiskonjunktnr übernehmen und wird
dies nur in Form von etwa zweiprozentigen Darlehen mit Vs v. H. Tilgung
für das gesamte Baugcld tun können, so daß die Miete des Kriegsbau-
preises einschließlich Abgaben und Unterhaltung annähernd der hochprozentigen
Miete des Friedenspreises gleichkommen wird. Dies Geld kann nur unter
Bürgschaft der Gemcinde ciner G. m. b. H. ausgeliefert werden, aber nicht dcm
einzelnen. Ebenso werden die von den andern öffentlichen Kassen, Kranken-
kassen, Landesversicherungsanstalten, Sparkassen und der Großindustrie her-
zugebenden Mittel auch nur den treuen Händen einer dafür bürgenden Gesell-
schaft zufließen können. Sie hat dann die Mittel wciter zu geben und die Ver-
zinsung und Tilgung gcschäftlich zu leiten. Ausfälle und Aberschüsse über»
nimmt das Betriebskapital der Gesellschaft. Sie wird also die Baubank ihrer
Mitglieder und bekommt damit allein schon «ine ungeheure Verantwortung

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