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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,1.1918

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1918)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14375#0189

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wahrhast guten Willen haben. Keines-
falls schadet es etwas, die neuen, wer-
benden Schlagworte etwas genauer auf
ihren ahrimanischen und luziferischen
Zusatz anzusehen. Das stärkt unsre
Kritik und bewahrt uns vor bösen Ent-
täuschungen.

egen wen das Schicksal entschieden
hat, der muß sich auf viele Dorwürfe
gefaßt machen. Wohl dem, der den
Täuschungen anderer nicht erlegen ist,
sondern sich auch in Zeiten starker see-
lischer Erregung den Blick für die Wirk-
lichkeit ungetrübt erhalten hat! Aber
gerade dieser Glücklichere hat nun die
Pflicht, den andern zu schützen: er
hat sich geirrt, aber er hat den Miß-
erfolg nicht gewollt oder gar verbre-
cherisch herbeigeführt! Er hat Unrecht
gehabt aber nicht wissentlich Unrecht
getan! Dies nicht einzusehen führt
notwendig zu den übelsten Dingen.
Dann stehen nicht nur draugen die uns
bedrängenden Feinde, sondern drinnen
beginnt der nicht minder gefährliche
Kampf der Parteien. So war es in
dem von Titus belagerten Ierusalem.
Nicht die Römer und nicht der Hunger,
sondern die Leidenschaft der rechthabe-
rischen Menschen war das Schrecklichste.
Die Ierfleischung durch brutale äutzere
Gewalt wird überboten durch die Selbst-
zerfleischung.

ährend unjercr Erfolgc sind wir mit
den gegncrischen Anklagen leichter
sertig geworden als jetzt. Mancher
fragt sich, ob wir wirklich so rein sind,
wie wir uns am Anfang des Krieges
fühlten. Haben wir ctwa doch die
Kriegsnotweudigkeiten zu einseitig von
unserem Standort aus gesehen und ihre
Wirknng auf die davon Betroffenen
nicht mit der ganzen Gewissenhaftig-
keit bedacht? And ist nicht im Kriege
allerlei geschehen, daheim und draußen,
bci dessen Anblick auch wir kein gutes
Gewissen haben durften? Ie williger
wir Sünden unsrcs Volkes als unsre
eigenen mitempfinden, desto getroster
wird sich unsrc Seele aus dem Selbst-
gcricht zur Selbstachtung erheben. Ia,
wir haben viele Fehlcr, aber auch das
ist wahr, daß in unsrer tiefsten Seele
der Drang nach Wahrhaftigkeit und
Gcrcchtigkcit lebt. Ie größcr die Last
von außen wird, um so größer soll die

aus unserem Innersten kommenb«
Selbstachtung sein.

Christian Geyer

Elsäß

ir haben jüngst einen kleinen Bei»
trag zur Gesundheitspflege der
Seele gebracht, wir raten heute: lest nur
in starken Stunden, was jetzt im Elsaß
geschieht! Nicht, weil dort wahr-
scheinlich eins der allerschönsten deut-
schen Länder dem Kranze der deutschen
Republiken verloren geht. Deutsches
Land und deutsches Volk ist auch in
der Schweiz, keiner verlangt es zu
uns, es ist gut, daß sich das Deutsch-
tum inner- und außcrhalb der Grenzen
um so mannigfacher nach seinen Gaben
entwickeln kann. Nicht einmal deshalb
schmerzt der Verlust so stark, weil,
wenn das deutsche Elsaß jetzt zu Frank-
reich kommt, die alte böse Mutter des
Streits als Erregerin neuer Kriegslust
bleibt. Aber das ist wahrhastig kaum
zu ertragen: daß sie sich in Straßburg
darüber freuen, über Erwins Mün-
ster die Trikolore zu sehn, und sich
sagcn zu müssen: unsre Schuld, ganz
und gar unsre Schuld. In der «rsten
Hälfte des Krieges noch war trotz Ia-
bern und Ahnlichem die große Mehr-
heit im Elsaß reichsdeutsch gesinnt, dann
aber steigerte sich die Mißwirtschaft dort
zur Unerträglichkeit. Falsch behandelt
ward ja das Elsaß von unsrer Reichs-
regicrung mit kurzen Unterbrechungen
seit s87s. Der nationalistische Wille, den
man für deutschen Willen hielt, hat
uns des innern Rechtes auf das
kerndeutsche Elsaß beraubt — das ist
das kaum zu ertragen Schwere.

Das Ende des Milttarismus

in sehr inhaltreicher und sehr gewich-
tiger Aufsatz von Ernst Troeltsch
über diesen Gegenstand trifft ein,
während der erste Teil dieses Hestes
schon in der Maschine läuft, muß also
fürs nächste zurückgcstellt werden.

Ein konservativer Führer über die neue
Zeit

och v o r der Revolution, am ^.No-
oember, hat der preußische Landrat
und Abgeordnete von Kardorff bei
einer besonderen Gelcgenheit in Lissa
i. P. eine Rede gehalten, die mit leuch-
tendem Beispiele den „Ia, also"-Willen

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