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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 57.1925-1926

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Cremers, Paul Joseph: Emil Fahrenkamps schöpferische Raumkunst
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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Romantik und romantische Gesinnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9180#0418

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Emil Fährenkamps schöpferische Raumkunst

dies tut, beschwört er ihre geheime, stärkste
Schönheit. Und das gelingt ihm in seinen
Innenräumen.

Es wäre doktrinär und würde in die subtile
Instrumentation seines raumschöpferischen Den-
kens rauherweise eingreifen, wollte man eine
logische Reihenfolge seines innendekorativen
Arbeitens festhalten. Vielleicht beginnt er mit
einem musikalischen Grundakkord, vielleicht
übernimmt die Farbe die Führung in jedem
Raum: höchstwahrscheinlich beides. Denn es
gibt wenige Innenräume, die so sehr aus dem
Schwergewicht des einzelnen Gegenstandes in
eine solch allgemeine, musikalisch raumhafte
Gesamtstimmung einrücken, als die Räume Fah-
renkamps. Wer die letzten bedeutenden Schöp-
fungen dieser Art, das Cafe Handelshof in
Essen und ' die gesellschaftlichen Repräsenta-
tionsräume des Hotels „Vier Jahreszeiten" am
Alsterbecken in Hamburg gesehen hat, vermag
die große Leistung an Stelle dieser kritischen
Zusammenziehung besser zu würdigen. Die
gesellschaftliche Bedeutung eines Raumes be-
stimmt in erster Linie die Materialien. Für die
Wirkung bleibt dies belanglos. Denn Fahren-
kamp schuf Räume in Marmor, intarsierten
Holzverkleidungen und farbig gestrichenemKalk-
putz und alle mündeten in derselben Wirkung.
Ohne Holz gibt es keinen Innenraum dieses
Künstlers, braucht es auch nicht, denn er ver-
fügt über die eminente Leistung der Bremer
Holzkunstwerkstätten, deren handwerkliches,
qualitäthaftes Geschick seine ungewöhnlichsten
Ansprüche zu erfüllen vermag. Edelhölzer ge-
flammt oder poliert, Mahagoni, Kirschbaum,
kaukasisches Nußbaum und neuerdings sogar
(als Triumph dekorativer Sachlichkeit) gebraucht
er mit Vorliebe Kiefer in edelster Maserauslese.

Lineare Stuckornamente zieht der Künstler
immer mehr statt systematischer Ausführung
in geistvoll andeutenden Abkürzungen heran.
Mattes Grau-Gelb der Sandsteinplatten, sanftes
Fleischrot der als Kamin- oder Wandstützen
gemauerten Biberschwänze, delikates Silber oder
korrespondierende Farbe abgesetzter Decken-
vorsprünge, samtig brauner Glanz kaukasischer
Edelhölzer an den Wänden: dies sind solche
summarisch aufklingenden Akkorde Fahren-
kampscher Raummusik. Haus N. in Barmen
und Haus B. in Berlin vermögen als deren vor-
nehmste Erfüllungen zu gelten.

Die Beleuchtungskörper fangen dann noch ein-
mal im Glanz ihres gelben oder silbrigen Metalls
die farbige Melodie des Raumes auf, geben noch
als Wandarmatur einen letzten Nachklang der
rhythmischen Bewegung, die aus Wand und
Decke fließt, um dann mit der zarten Strenge
ihrer Formung schon zum Möbel überzuleiten.

Aus der unverrückbaren Statik der Hori-
zontale des Bodens schöpft Fahrenkamp
den Charakter des Möbels. Überall herrscht
eine elementare, kanonhafte Statik der Holz-
struktur, allenfalls wiederholt die Lehne eines
Stuhls die Bewegung ausruhender Arm- und
Handgelenke; überall sonst disziplinierte Ge-
setzhaftigkeit, gleichviel ob es Herrenzimmer-
schränke, Tische, Truhen, Sofas oder — Türen
sind. Denn auch sie übersieht der Künstler
nicht. Gerade, als müßte er sie entschädigen,
überschüttet er sie nicht selten mit einem
letzten Hauch dekorativer Intarsienphantasie
und gelangt hierdurch zu einer letzten Steige-
rung jener schwebenden Raummusik, deren
Schöpfer zu sein, er in vorbildlichen Leistun-
gen neuer deutscher Innenkunst für sich in
Anspruch nehmen kann..........p. j.c.

ROMANTIK UND ROMANTISCHE GESINNUNG

Was ist Romantik? Romantik ist die Zau-
ber-Welt des Werdenden, das hoffnungs-
reiche, wunschgeborene Land, in dem Slurm
und Drang und Abenteuerlust volles Genügen
finden, das Heimatland des Ganz-Edlen und
derVon-Grund-auf-Bösen, derüber alles tugend-
samen Jungfrauen, der gläubigen Knaben und
der tiefweisen Greise. Auf engem Plane drängt
sich reiche Szenerie für tausend Möglichkeiten;
Fels und Schlucht, Wald und Wildbach, ferne
Burgen und Alpen, Eremitenklause, Hirt und
Herde, Ritter und Roß in lebhafter Beziehung
zu einander. — Romantische Gesinnung — die
nach Wahrheit und Erkenntnis schreit und

um nichts auf der Erde auch nur ein Quäntlein
holden Selbstbetruges aufgeben möchte: Du
wohnst im Herzen des Jünglings, — bist seine
Wahrheit, seine Wesenheit. Im Jüngling er-
wächst Du, im Manne stirbst Du. Wer nicht
als Jüngling stirbt, muß als Romantiker sterben.
So mußte Novalis sterben, so mußte Runge, so
mußte Fohr dahingehen, k. graf v. Hardenberg,


Vom Streben nach Schönheit. Jegliches Wesen
strebt nach dem Schönsten. Sowie in jedes
Auge ein anderes Bild des Regenbogens kommt,
so wirft sich jedem aus der Umwelt ein anderes
Abbild der Schönheit zurück, vv. wackenroder.
 
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