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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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Ganske, Willy: Wilhelm Schmid, Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0043

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WILHELM SCHMID—BERLIN

GEMÄLDE »NOTRE D\ME—PARIS«

WILHELM SCHMID-BERLIN

Der seit über einem Jahrzehnt in Berlin
schaffende schweizerische Maler Wilhelm
Schmie! ist ein Künstler von erstaunlicher Viel-
seitigkeit. Als die „Novembergruppe" 1920 im
Moabiter Glaspalast ausstellte, erschien er trotz
der grotesken Bizarrerie seiner Bildstoffe als
einer der Begabtesten dieser Gruppe und kurz
darauf gab er in seinen Wandmalereien im Ehren-
saal der „Juryfreien Kunstschau" eine unge-
wöhnliche Talentprobe. In knapp zwei Monaten
hatte er im kleinen Atelier sein riesiges Or-
chesterbild „Beethoven" mit 28 Figuren in dop-
pelter Lebensgröße entworfen. Daneben hingen
die an mittelalterliche Mosaikbilder gemahnende
„Tragödie" und eine groß gesehene Verherr-
lichung der Landarbeit. Es war jene Zeit, als
die Nachwirkungen des Futurismus und Ex-
pressionismus sich bei den jungen Malern in
dynamischen Explosionen auswirkten. Doch der
aus einem Bauerngeschlecht zu Brugg im Aargau

stammende Künstler ließ bei aller exzentrischen
Spannung des Bildvorwurfs ein sicheres Gefühl
für Stil und strenge Form durchblicken. Hatte
er doch schon als Knabe in Zürich und Basel
Konrad Witz, Nikolaus Manuel Deutsch, Hol-
bein und Grünewald gesehen. Neben seinen
kräftigen und drastischen Figurenbildern voll
eigenartiger Charakterisierung, den Kaffee-
hausmusikern, Clowns, Harlekins und Spieler-
typen, entstanden ganz anders geartete Land-
schaften von einer herben Linienstrenge der
perspektivischen Konstruktion. Die Linie war
denn auch bei einem starken Zug zum verti-
kalen Bildaufbau das Beherrschende in einer
Reihe italienischer Landschaften, die einen
starken konstruktiv-architektonischen Reiz be-
saßen. Über die Natur hinaus erreichte er in
seinen Arbeiten die reine Stilform, doch blieb
ihm die Natur immer seine beste Lehrmeisterin.
Formzertrümmerung hat ihm stets fern gelegen.

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3XXII. Oktober 19
 
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