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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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Kleider und Stoffe von Lilly Jacker
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Michel, Wilhelm: Ein freier Garten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0166

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Kleider und Stoffe von Lilly Jacker

LILLY JACKER »KLEIDER FÜR NACHMITTAG«

kann, glaube ich, nicht von Zersplitterung reden,
wenn es auch sehr verschiedene Dinge sind, die
ich ausführe; alles, auch die Stoffe, auch die
Revuekostüme, dient zur Bezeichnung und zur
Ausstattung einer Welt, in der die Dame lebt.
Und das heißt letzten Endes nichts andres, als
daß es sich in dieser Welt um das Schöne und
Reizvolle, um die heitere und angenehme Form
handelt.

In der Annahme, daß Sie auch ein Wort über
meinen bisherigen Weg hören wollen, sei noch
kurz das Folgende gesagt. Ich begann frühzeitig
zu kritzeln, auf Tafeln, Papierblätter, Fußboden.
Ich durfte als Kind nur wenig im Zimmer sitzen;

so hielt ich mich auf dem Balkon auf
und bemalte eifrig dessen Wände.
Eines Tages bekam ich einen Mal-
kasten geschenkt. Ich war überglück-
lich und machte fortan ausgiebigsten
Gebrauch von ihm. War ich einmal
schlimm, dann gab es keine härtere
Strafe für mich als den zeitweiligen
Entzug dieses herrlichen, unerschöpf-
liche Wonne spendenden Instruments.
Im Lyzeum füllte ich alle Pausen mit
Modezeichnen aus; ja ich muß ge-
stehen, daß auch manche Unter-
richtsstunde über dem Zeichnen von
mehr oder minder hübschen Figuri-
nen höchst angenehm verging. —
Später durfte ich einen Zeichenkurs
besuchen, und als ich mir eines
Tages in einem Darmstädter Wett-
bewerb einen Preis geholt hatte, ließ
mich das Zeichnen nicht mehr los.
Ich setzte es endlich durch, daß ich
die Wiener Kunstgewerbeschule be-
suchen durfte, und hatte damit die
erste Etappe auf meiner zum Beruf
gewordenen Künstlerlaufbahn er-
reicht. — Der Schule bin ich nun
seit kurzem entsprungen. Dank einer
Reihe von Publikätionen in der Zeit-
schrift „Stickereien und Spitzen"
ergaben sich Beziehungen zu den In-
dustrien. Daselbst begegnen meine
Entwürfe sehr regem Interesse".

Wir zweifeln nicht, daß der von
der jungen Künstlerin betretene Weg
zum Erfolg führen wird. Dafür spricht
nicht nur ihre Begabung, sondern ins-
besondere auch ihre Entwicklungs-
fähigkeit, von der man schon inner-
halb des Kreises der hier gezeigten Ar-
beiten überzeugende Proben findet.

*

EIN FREIER GARTEN

Ich kenne einen Garten, das ist kein „Garten",
sondern eher eine Wildnis. Und doch ist er
durchaus keine Wildnis, sondern eine bedachte
und gepflegte Gestalt; nur eben bedacht und
gepflegt von einem Menschen, der Güte für
die Pflanzen und Liebe zu ihrem freien Leben
hat; und dies deshalb, weil er mit diesem freien
Baum- und Pflanzenleben sein eigenes Herz
ernähren will.

So hat er da ein Stück Land am Abhang
eines Waldes in seinen Besitz gebracht und
ein winziges Puppending von Sommerhäuschen
hineingestellt. Es ist ein lustiges Terrain mit
 
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