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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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Hermann, Georg: Wolfgang Born - Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0118

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WOLFGANG BORN-WIEN

Ich habe den Werdegang dieses jungen Malers
seit bald fünfzehn Jahren verfolgt. Ein Bres-
lauer, Sohn eines früh verstorbenen Universi-
tätslehrers, aus kultiviertem Milieu. Student,
Kunsthistoriker, und dann, ohne lange Studien-
jahre, Maler und Zeichner. Man weiß kaum,
woher er es hat, wie es ihm anfliegt. Da-
zwischen natürlich vier Jahre Krieg. Und wie
der Krieg um ist, hat er ein Atelier in München,
schafft Tag und Nacht, Bilder, Studien, zeich-
nerische Paraphrasen zu literarischen Werken
der Moderne. Sonderausstellungen wandern im-
mer wieder durch Deutschland. Wenn Malerei
kein gutes Brot ist, besinnt er sich darauf, daß
er doch eigentlich Wölfflinschüler und Kunst-
historiker ist und schreibt. Kommt immer
weiter, wird immer farbiger und lockerer. Denn
eigentlich ist er schon ein Maler, ein geborener
Maler sogar. Er denkt nicht nur in Farben,
er empfindet in Farben. — Wenn Born den
Weg in das reine Farbenerlebnis hineingefunden

hat, so bin ich nicht ganz unschuldig daran, denn
ich habe ihm ehedem seine Götterbilder einer
nur dekorativen Kunst in der Malerei zertrüm-
mert. Daß er aber den Weg einschlagen konnte,
ist nur sein Verdienst. Wie Born niemandes
Schüler, so ist er auch niemandes Nachahmer.
Nicht Cezanne, nicht Matisse hat er die Pinsel-
führung und die Akkorde abgeguckt, nicht Pech-
stein, Corinth oder Liebermann. Jedes seiner
Bilder ist schon bezeichnend für einen eigenen
Weg einer durchaus eigenwilligen Persönlich-
keit. Am höchsten stehn an farbigem Reichtum
und unmittelbarer Frische seine Stilleben. Sein
Ringen im Figurenbild geht um die Unmittel-
barkeit dieser farbigen Frische in Synthese mit
dem Ideal von Größe seiner Jugendtage. — Das
Künstlertum eines Menschen, der ohne graden
Weg, bei einem Leben voll von Unsicherheit
und reich an Widrigkeiten, soviel erreicht, muß
doch — so sage ich mir immer — eigentlich sehr,
ja ungewöhnlich stark sein. . . georg Hermann.
 
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