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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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Schürer, Oskar: Zu den Bildern von Georg Schrimpf
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Rathenau, Walther: Uneigentliche Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0196

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7m den Bildern von Georg Schrimfif

doch auch wieder ungültig. Die schon fast auf-
dringliche Geste: repräsentativer Mensch, die
das „Novecento" kultiviert, ist bei Schrimpf nie
zu finden. Ihm bleibt der Mensch immer ein-
gebettet in Natur: — ob er ihn nun in Land-
schaft bringt oder isoliert in ein momentanes
Verweilen. Das Naturhafte im Menschen, sein
Vegetatives ist seine Urschau. Nie löst sich
der Mensch von dieser frommen Haltung in ein
gebieterisches Gegenüber. Und Landschaft ist
bei ihm nie Staffage, sondern Mitsein.

Das gibt auch seinen Landschaften, ihrer
reinen Darstellung das eigene Gepräge. Diese
Landschaften wollen nicht gesehen sein, — sie
sind. Sie leben sich dar im Kleinsten wie im
Größten. Der ruhige Tenor des Großen ersteht
erst aus dem Reichtum des in ihm geborgenen
Kleinen. Solche Landschaftsdarstellung ist nie
Referat, sondern Selbstaussage. Im Medium
des Vegetativen wird Menschliches und Land-
schaftliches zum Selben und prägt sich aus.

Es schien uns notwendig, diesen Maler einmal
von der ganz unzeitgemäßen Seite her zu be-
trachten, um ihn der Vermanschung mit Schein-
strömungen der Zeit zu entziehen. Sein Zeit-
gemäßes wird offenen Augen ohne weiteres ein-
sichtig sein. Es ist zudem an dieser Stelle schon
des öfteren hervorgehoben worden. — o. s.

UNEIGENTLICHE KUNST ist es, die
Zwecken dient; gleichviel ob edlen oder
unedlen Zwecken; Kunst ist Selbstzweck, ge-
schaffen aus Notwendigkeit, und zu betrach-
ten gleichwie ein Werk der Natur. Belehrung,
Unterhaltung, Repräsentation, Schmuck, Sin-
nenreiz, Reklame, Geschäft sind in diesem
Sinne gleichwertige Zwecke.

Lehrbar und erlernbar ist nicht die Kunst,
sondern der in ihr enthaltene handwerkliche
Rest. Meisterschaft ist nicht bloße Beherrschung
dieses Handwerklichen, sondern seine Durch-
dringung mit persönlichem Gefühl. Übung macht
den Kalligraphen; den Meister macht Erfahrung
und Vorstellungskraft. Aber selbst Meister-
schaft ist nicht Selbstzweck, sondern unent-
behrliches Mittel, um, ungehindert von der
Materie, der Empfindung Ausdruck zu geben.

Echte Kunst macht die Gesetze des Orga-
nischen, des Schicksals, der Seele und des
Göttlichen fühlbar; sie stammt aus dem Erlebnis
echter Menschlichkeit, ist gestaltet in der Er-
kenntnis des Wesentlichen, ausgedrückt in der
Sprache der Persönlichkeit und führt zur Er-
schütterung der Seele. Denn sie erfüllt uns
mit der Gewißheit, daß wir nicht im Chaos der
Willkür und des Zufalls beruhen, sondern im
göttlichen Kosmos.......walther rathenau.
 
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