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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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Lampl, Fritz: Margarete Hammerschlag
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0117

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M ARG. HAMERSCHLAG

GEMÄLDE »MADONNA«

MARGARETE HAMERSCHLAG

VON FRITZ LAMPL

Das südliche Element ist in den Bildern der
jungen Wienerin Margarete Hamerschlag
unverkennbar, jene ewige deutsche Romantik,
die sich an der Vielfalt sinnlicher Erscheinung
steigert und berauscht. — Von der Graphik
kommend (ihre Mappenwerke „Die Stadt" und
„Masken des roten Todes" sind auch in Deutsch-
land bekannt geworden), aus einer kindlichen,
aber höchst visionären Dämonie, hat Margarete
Hamerschlag die leidenschaftlichen Abstrakta
ihrer Jugend allmählich in realere, beseelte Phan-
tasien umgewandelt, die für die Entwicklung die-
ser ungewöhnlich begabten Künstlerin zeugen.

Sie liebt die starken, leuchtenden Farben und
das schmückende Beiwerk erlesener Dinge.

Immer aber ist die Wirklichkeit in ihren Bil-
dern und Selbstporträts in besonderer Weise
verwandelt, Maske geworden, erstarrt, immer
liegt ein Schleier exotischen Wesens in den
Augen ihrer Geschöpfe. — Wo das Gegenwär-
tige als unleidlich empfunden wird, beginnt die

Suche nach dem paradiesischen Zustand, nach
der unendlichen Fülle und Buntheit des Daseins.
Dadurch geht, wir haben es bei Gauguin erlebt,
der echte Zusammenhang zwischen Mensch und
Natur verloren, die Dinge verlieren ihre zwin-
gende Realität, zutage tritt ein spielerisches Ab-
bild des Äußeren oder eine traumhafte Spiege-
lung des Innern, in keinem Falle ein leidendes
Erfassen des Lebens. Hier liegt die Entschei-
dung im Leben des Künstlers.

Die wesentliche Entscheidung bei Margarete
Hamerschlag steht noch offen.

Was ihr zugute kommt, ist eine schöpferische
Naivität, die selten genug geworden ist, eine
innerliche Art des Schauens, aus einer Mischung
von Sinnenfreude und Lebensangst entstanden,
die ihren Bildern Reiz und Anmut gibt.

Margarete Hamerschlag wird, wenn sie die
Gefahren der spielerischen handwerklichen Mal-
übung vermeidet, der allzu leichten Hand nicht
nachgibt, bald in der Reihe der Besten stehen.

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