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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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Born, Wolfgang: Jean Souverbie
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0049

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JEAN SOUVERBIE

VON WOLFGANG HORN

Die Neigung des französischen Geistes zur
Antike ist eine Art Heimkehr. Und als
in unsern Tagen Picasso aus der spekulativen
Sphäre seines Kubismus kommend bei den
Griechen landete, wurde seine „Trouvaille" zur
Losung für eine ganze Gruppe jüngerer franzö-
sischer Maler. Unter ihnen Jean Souverbie, die
eindrucksvollste Persönlichkeit. 1891 in Paris
geboren; an der Küste des Mittelmeeres ver-
brachte er einen Teil seiner Jugend. In Paris
erlernte er bei Jean Paul Laurens die Grund-
lagen des Metiers, fühlte aber bald, daß der
Impressionismus, die Auflösung der Natur im
Freilicht, nicht seine Sache sei. Ordnung, Archi-
tektur, Konstruktion waren die Begriffe, auf die
er zusteuerte, und er fand sie zunächst realisiert
bei den Kubisten, deren Lehre er sich aneignete.
Allerdings nie in dogmatischem Sinne. Schon
lange hatte er sich von den Griechen angezogen
gefühlt, und hier bot sich ihm die Lösung aller
Probleme in unsterblichem Gleichgewicht.

Grundlage allen Naturerlebnisses ist ihm das
Meer. Beglückte Horizonte, vor denen sich das
Leben als Relief abspielt. So muß er von vorn-
herein empfunden haben. Und nun findet er
sich bestätigt von den Marmorfriesen der grie-
chischen Tempel. — Souverbie malt die Antike
mit einer Materie, die das Trümmerhafte aus-

gegrabener Monumente wiederzugeben scheint.
Mühsam löst sich die Vision des Vorganges aus
dem Staub der Erde. Sehr gedämpft jede Be-
wegung. Unendlich weit von der Gegenwart,
spielt die Szene wie hinter Schleiern.

Alles Stilistische ist stark von einem ornamen-
talen Instinkt bestimmt. Der Bildraum wird nach
dekorativen Gesichtspunkten inFarbflächen auf-
geteilt, innerhalb deren schwarze Konturen einer-
seits das Objekt zu umreißen, andererseits die
abstrakte Harmonie durch ihre Bewegung zu be-
reichern haben. Die raumbildende Bedeutung
der Dinge tritt hinter ihrer rhythmischen Rolle
zurück, und der Schatten wird nur insofern ver-
wandt, als er sich in seinem Umriß den Not-
wendigkeiten der Flächenteilung unterordnet.

Der koloristische Klang ist einfach und über-
zeugend: dem warmen Braun, der Grundlage
seiner Skala, antwortet ein kaltes Blau, dem
Schwarz der silhouettierenden Linien werden
weiße Flecken gegenübergestellt — alle übrigen
Farben finden nur gelegentlich als Akzente
sparsame Verwendung. — Weg und Ziel dieser
Kunst liegen offen zu Tage. Souverbie hat mit
glücklicher Phantasie gestaltet, was als geistiges
Erbe das Fundament der französischen Kultur
bildet und von jeder Generation als Problem mit
ihren Mitteln neu gelöst werden will. . . w. b.
 
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