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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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Neugass, Fritz: André Derain
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0314

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Andrd Derain

andre derain

SAMMLUNG PAUL GUILLEAUMH—PARIS

» früchte-stilleben «

in der vordersten Linie der neuen Kunst. Seine
Malerei wirkte mit, uns vom Impressionismus
zu befreien. Das Bild gewann wieder feste
Formen. Derain ist wie sein ehemaliger Atelier-
genosse Vlaminck ein Dichter der Landschaft und
des Stillebens. Aber er war stets ein Suchender.
Die alten Formen befriedigten ihn nicht mehr.
Alle seine Bilder waren Offenbarungen: Erinne-
rungen an die großen Epochen künstlerischer
Gestaltung auf der Basis einer neuen Synthese
von Tradition und Evolution. Derain wußte
als Einziger die Erfahrungen früherer Jahrhun-
derte zu verwerten und das Erbe der Kunst
zu verwalten. Er hat die ganze Kunstgeschichte
durchforscht und nahm alles, was ihm geeignet
schien, in seinen Formenschatz auf. Er hat
leidenschaftlich die alten Meister studiert; seine
Kopien zeigen die Sorgfalt, die er um ihre Er-
kenntnis verwandte. Schon als 15 jähriger
Junge erfüllte ihn die Vorliebe für die Malerei.
Seine ihm zugedachte Laufbahn, die Ecole
Polytechnique zu besuchen und Ingenieur zu
werden, gab er auf. Die mathematischen Pro-

bleme, die ihn auf der Schule besonders beschäf-
tigten, hätte er als 18jähriger überwunden; sie
verschonten ihn später vor der Starrheit kubis-
tischer Theorien. Mit zwanzig Jahren malte er
primitiv archaisch; alles Perspektivische war
ihm fremd. In Paris ging er in eine damals
berühmte Zeichenakademie und erlebte auf das
Stärkste alle sich bietenden Eindrücke. Seine
überströmende Intelligenz Heß ihn alle früheren
Entwicklungsstufen der Menschheit durchstrei-
fen. Erst mußte er eine starke Erschütterung
erleben, die letzten Endes nur der Sieg der
eigenen Wesenheit war, um dann als großer
Künstler die alte Tradition wieder aufzunehmen.

Als er im Atelier Carrieres arbeitete, hatte
er von dem Lehrer keinerlei Einflüsse erfahren;
er zählte zu den Führern der neuen Generation
und war in bewußter Auflehnung gegen die
Alten. 1903, im Geburtsjahre der neuen Kunst,
stellte er gemeinsam mit Matisse, Friesz, Mar-
quet, Dufy, Vlaminck und Picasso in ihrer neuen
Gruppe der „Fauves" auf dem Montmartre aus.
Er zeigte Flußlandschaften in schwerem Farben-
 
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